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> Die Kategorisierung der Flüchtlinge, Unterscheidung zwischen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen
Schräubchen
Beitrag 10.Sep.2015 - 13:50
Beitrag #1


Dreht manchmal durch...
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Hallo ihr Lieben,

ich weiß nicht, ob das Thema hier richtig ist, ansonsten liebe Strösen, verschiebt es bitte (IMG:style_emoticons/default/flowers.gif)

Ein Bekannter von mir hat sich neulich auf dem großen blauen Socialnetwork über die sogenannten "Wirtschatsflüchtlinge" ausgelassen. Ich habe eine Diskussion mit ihm angefangen, weil ich das, was er dazu geschrieben hatte, nicht so stehen lassen konnte und wollte. Vor allem auch deshalb nicht, weil er rechtspopulistische Internetseiten zitierte und diese als Wahrheiten darstellte. Letztendlich kann ich sagen, dass mit ihm und mir, zwei Welten aufeinander geprallt sind.

Daher einfach mal meine Frage an euch. Was haltet ihr von diesem Thema. Ist es für euch in Ordnung, dass z.Z. viele Flüchtlinge nach Deutschland kommen, oder seht ihr das skeptisch. Und vor allem, was haltet ihr von dieser Kategorisierung der Flüchtlinge in Kriegs- und Wirtschaftsflüchtende?

Ich bin gespannt, was ihr von all dem haltet.
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Antworten
McLeod
Beitrag 10.Sep.2015 - 23:17
Beitrag #2


mensch.
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Nach einigen ausgefallenen Ernten ist von der Bevölkerung Irlands ein Teil einfach verhungert im 19. Jahrhundert. Viele retteten sich per Schiff in die USA. Auf demselben Weg flohen Deutsche jüdischen Glaubens oder mit jüdischgläubigen Vorfahren vor und während des zweiten Weltkriegs. Oft zunächst erstmal nur in europäische Nachbarstaaten. Nach dem Krieg, der die Staatengrenzen veränderte, mussten viele im ehemaligen Ostpreußen, Schlesien, Pommern die Heimat ihrer Familie seit Generationen verlassen und sich im zerbombten Deutschland mit den dortigen Überlebenden Essen, bewohnbare Ruinen und unbeschädigte Gebäude teilen. Nach dem Mauerfall hat es 15-20% der Menschen von Ost nach West bewegt. Zu wenig berufliche Perspektiven, zu viel Sanierungsstau oder einfach die Zusammenführung getrennter Familienzweige. Der Zuzug in die Städte ist seit der Industrialisierung im Gange, Speckgürtel sind die einzigen ländlichen Gebiete mit Zuwachszahlen. Auch hier: wovon leben auf dem Land, wo arbeiten? Landmaschinen, Zusammenlegung von Höfen... Ein Landwirt bewirtschaftet heutzutage mindestens das zehnfache an Fläche, wie noch vor 50 oder 100 Jahren. Seine Familie ist nicht so kinderreich. Und trotzdem langt es geradeso zum Leben...

Warum hätte irgendjemand einen guten Grund gehabt, diese Menschen aufzuhalten, an ihren Ursprungsorten zu belassen? Welchen Sinn hätte es gehabt?

Sie wären verhungert, umgebracht worden, gelyncht oder ausgegrenzt worden, verarmt und arbeitslos...

Reisefreiheit, Wahlfreiheit der Lebensgestaltung, es woanders versuchen... Berlin ist zu laut, München zu teuer geworden? Umziehen. Vielleicht auch dahin, wo der nächste Job ist oder die nächste Beziehung.

Es ist schon sehr schwierig, Grenzen zwischen Ländern als unüberwindbar zu gestalten, finde ich. So rein moralisch und ethisch. Gerade wenn die Begründung ist: zu arm, zu unnütz. Oder auch: geh doch woanders hin.

Die Greencard-Initiativen der Regierung haben eindrucksvoll bewiesen: wer nach Skandinavien oder in die USA kann, geht mit dem Fachwissen lieber dorthin als in unser Land. Aus Indien, aus China... Die meisten klugen Köpfe wollen nicht hierher. Zu wenig willkommen, zu distanziert, zu bürokratisch, zu unfreundlich.

Und Postings wie die von Dir angerissenen gehören zu der alltäglichen Unfreundlichkeit, die sich Menschen hierzulande ständig anhören müssen, wenn sie nicht weiß genug sind. Egal ob sie hier in der xten Generation leben. Da reicht ein Urgroßvater, der in den 50ern als G.I. die deutsche Urgroßmutter kennen und lieben lernte.

Da verändern auch Steffi Jones, Dunja Hajali, Cem Özdemir oder Dr. Phillip Rösler nicht mal eben was...

Es liegt an uns, uns da zu ändern. Alte Gewohnheiten zu brechen. Sich Selbstverständlichkeiten bewusster zu machen und weniger selbstverständlich zu nehmen.

Egal aus welchem Geund ich umziehe: es ist immer ein guter. Weil ich am neuen Ort, im neuen Land was finde, bin, lebe, das ich an vorheriger Stelle so nicht war oder sein konnte. Eigentlich gibt es nur wenig Rechte, die mit meiner Staatsangehörigkeit zusammenhängen: Wahlrechte zum Beispiel. Oder es gibt Pflichten, wie die Visumpflicht. Mit der beginnt die Einschränkung der freien Ortswahl.

Wir nehmen das so selbstverständlich hin. Weil es alle Länder tun. Weil es immer so war. Weil es ein Zeichen von Zugetan-Sein von Staaten ist, wenn sie es lockern/anders handhaben. Zum Beispiel als Europäische Union. Oder Schengenraum. Das verschiebt manche Grenzen, nämlich die weniger durchlässigen.

Für Waren machen wir die Tore weit auf. Sollenie Hosen von New Yorker doch in Bangladesh zusammengenäht werden, die Fußbälle von adidas in Indien, der VW in Brasilien oder China gefertigt... Da nehmen wir(!!!) gern die Armut in Kauf, die wir damit auslösen. Zu Hause, wo Menschen Arbeit verlieren oder nur noch schlecht bezahlt werden (zynisch: sonst lagern wir das auch aus) und in den Ländern, in denen die Migrationswilligen dann zahlreicher werden.

Auch hier sind vor allem wir es, die den Kreislauf starten und befeuern.

Und welchen guten Grund haben wir wohlhabenden westlichen Staaten, Menschen die Wahl über ihre Geschicke einzuschränken? Eine Einschränkung, die unsere Wirtschaft und damit unseren Alltag nicht betreffen soll (denn genau das ist ja der Ansatz der Fremdenfeinde: es könnte sich was ändern hier. Mehr Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt, um die günstigeren Wohnungen, um die Möglichkeiten, sich nach eigenem Gusto zu entfalten, zu konsumieren, das aLeben zu genießen)...

Frag doch mal. Warum soll eine Deutsche in Paris studieren und arbeiten dürfen, eine Albanerin aber nicht? Warum war es gut, dass die USA jüdische Flüchtlinge aufegnommen haben (obwohl es nicht die Mehrheitsreligion dort war) und warum sind Muslime die vor Krieg fliehen in Europa keine gute Idee? Warum kann ich eine Einreiseerlaubnis samt Arbeitsmöglichkeit in Kanada beantragen (und ggf nicht bekommen), aber ein albanischer junger Mann soll sich hierzulande gar nicht wrst melden und es versuchen?

Nachtgrüße
McVorLeod
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kenning
Beitrag 11.Sep.2015 - 13:10
Beitrag #3


Naschkatze
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ZITAT(McLeod @ 11.Sep.2015 - 00:17) *
Die Greencard-Initiativen der Regierung haben eindrucksvoll bewiesen: wer nach Skandinavien oder in die USA kann, geht mit dem Fachwissen lieber dorthin als in unser Land. Aus Indien, aus China... Die meisten klugen Köpfe wollen nicht hierher. Zu wenig willkommen, zu distanziert, zu bürokratisch, zu unfreundlich.

Hallo McLeod!

Eigentlich wollte ich zu diesem Thema gar nichts schreiben, aber das was Du hier geschrieben hast konnte ich einfach nicht so stehen lassen. Bzgl Skandinavien weiß ich nicht bescheid, aber die USA hier als leuchtendes Vorbild hinzustellen halte ich für grundverkehrt. Richtig müßte es heißen: nur wer Fachwissen hat, hat eine Chance in die USA auszuwandern. Zusätzlich braucht man vorher auch noch einen Job inkl Brief des Arbeitgebers, daß man für den Betrieb unbedingt benötigt wird. Nur dann hat man eine Chance dort einzuwandern. Kommt man ohne derartiges an, wird man an der Grenze postwendend angewiesen, ohne Asylverfahren oder sonst irgendwas. Ja, die Grenzbehörden sind dort sogar so restriktiv, daß manchmal sogar Leute mit einem gültigen Touristenvisum zurückgeschickt werden, sofern der Verdacht besteht, daß die Leute ev das Land nicht mehr verlassen wollen. Manchmal reicht es dafür, wenn dem Grenzbeamten einfach Deine Nase nicht gefällt. Verdächtige wirst Du vorrangig wenn Du kein Rückreiseticket hast, eine dunkle Hautfarbe hast, aber teilweise auch schon wenn Du vorher arabische Länder bereist hast. Arme Leute, die ein besseres Leben suchen, werden in den USA schon lange nicht mehr aufgenommen. ... Abgesehen ev von der Greencard-Lotterie. Wird nämlich das Einreisekontingent in einem Jahr nicht ausgeschöpft, dann werden die restlichen Greencards verlost... völlig ohne jeglichen humanitären Gedanken. Es kann einen Verfolgten treffen, oder jemand der eh alles hat - völlig gleich. Den einzigen Weg illegal in die USA zu kommen - über die mexikanische Grenze - sollte man sich auch gut überlegen, denn wenn man Pech hat wird man da einfach von schießwütigen Bürgermilizen erschossen.

Ich bin oft in den USA. Allein die Einreise als Tourist ist mühsam. Wenn Du zb kein gültiges Touristenvisum hast, läßt man Dich nichtmal ins Flugzeug Richtung USA einsteigen. Und ich kenne auch Leute, die erfolgreich in Amerika eingewandert sind und was die durchmachen mußten.

LG

kenning
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McLeod
Beitrag 11.Sep.2015 - 15:56
Beitrag #4


mensch.
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ZITAT(kenning @ 11.Sep.2015 - 14:10) *
ZITAT(McLeod @ 11.Sep.2015 - 00:17) *
Die Greencard-Initiativen der Regierung haben eindrucksvoll bewiesen: wer nach Skandinavien oder in die USA kann, geht mit dem Fachwissen lieber dorthin als in unser Land. Aus Indien, aus China... Die meisten klugen Köpfe wollen nicht hierher. Zu wenig willkommen, zu distanziert, zu bürokratisch, zu unfreundlich.

Hallo McLeod!

Eigentlich wollte ich zu diesem Thema gar nichts schreiben, aber das was Du hier geschrieben hast konnte ich einfach nicht so stehen lassen. Bzgl Skandinavien weiß ich nicht bescheid, aber die USA hier als leuchtendes Vorbild hinzustellen halte ich für grundverkehrt.


Oh, so herum meinte ich es nicht. Es ging um die Attraktivität für Auswandernde. Gehen die lieber nach D oder in die USA...? Das ist da bei den High Potentials recht eindeutig, *wenn* sie die Wahl haben.

Liebe Grüße
McLeod
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kenning
Beitrag 12.Sep.2015 - 03:33
Beitrag #5


Naschkatze
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ZITAT(McLeod @ 11.Sep.2015 - 16:56) *
Oh, so herum meinte ich es nicht. Es ging um die Attraktivität für Auswandernde. Gehen die lieber nach D oder in die USA...? Das ist da bei den High Potentials recht eindeutig, *wenn* sie die Wahl haben.


Ok. Sorry, dann habe ich das wohl falsch verstanden. Ich dachte es gehe hier um Flüchtlinge und die Migration von High Potentials fällt nach meiner Begriffsdefinition nicht in diese Kategorie. Bisher dachte ich, daß Flüchtlinge Personen sind, die sich aufgrund einer Notlage - sei es Krieg, Verfolgung, wirtschaftliche Zwänge usw - gezwungen sehen ihr Land zu verlassen und woanders ihr Glück zu versuchen. Sogenannte High Potentials haben ja die Wahl und suchen sich daher freiwillig das Land aus, welches ihnen am besten zu Gesichte steht. Da besteht meiner Meinung nach ein gewaltiger Unterschied.

lg

kenning
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McLeod
Beitrag 12.Sep.2015 - 14:54
Beitrag #6


mensch.
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ZITAT(kenning @ 12.Sep.2015 - 04:33) *
ZITAT(McLeod @ 11.Sep.2015 - 16:56) *
Oh, so herum meinte ich es nicht. Es ging um die Attraktivität für Auswandernde. Gehen die lieber nach D oder in die USA...? Das ist da bei den High Potentials recht eindeutig, *wenn* sie die Wahl haben.


Ok. Sorry, dann habe ich das wohl falsch verstanden. Ich dachte es gehe hier um Flüchtlinge und die Migration von High Potentials fällt nach meiner Begriffsdefinition nicht in diese Kategorie. Bisher dachte ich, daß Flüchtlinge Personen sind, die sich aufgrund einer Notlage - sei es Krieg, Verfolgung, wirtschaftliche Zwänge usw - gezwungen sehen ihr Land zu verlassen und woanders ihr Glück zu versuchen. Sogenannte High Potentials haben ja die Wahl und suchen sich daher freiwillig das Land aus, welches ihnen am besten zu Gesichte steht. Da besteht meiner Meinung nach ein gewaltiger Unterschied.

lg

kenning


Hmmm... das sehe ich ein wenig anders. Zum einen unterscheide ich wenn es geht gar nicht, ob jemand einen "guten Grund" hat herzukommen (wegzugehen) oder es "freiwillig" tut. Das war eins der Hauptanliegen meines weitschweifigen Posts. Der offenbar echt nicht so einfach zu verstehen ist. Sorry. (IMG:style_emoticons/default/roetel.gif) Und indem ich diese Unterscheidung weglasse, beende ich für mich schonmal die implizite Unterscheidung: darf kommen, darf nicht kommen (respektive woanders weggehen).

Wenn aktuell über die Lösung der logistischen Katastrophe in den Mittelmeerstaaten, auch durch das von unserem(!) Land angezettelte Dublin-Verfahren, geht... dann finde ich Quoten nicht ganz so menschenwürdig. Das finde ich schon beim Asylverfahren hierzulande, wo es nach Bundeslandsquoten geht, extrem unschön. Ich finde es menschenwürdiger, wenn die Menschen dorthin gehen dürfen, wo sie sich wohl fühlen, wo sie vielleicht schon jemanden kennen oder Verwandte haben und auch, wo sie eigenverantwortlich feststellen, ob es einen Job für sie gibt oder nicht. (Das machen wir alle doch genau so, wenn wir umziehen/auswandern... oder?) Dann soll mensch doch bitteschön die Kosten entsprechend umlegen, innerhalb der Bundesländer oder innerhalb der EU...

Darum ging es im ersten Schritt meines Mitredens hier: Menschen als Menschen in Bewegung wertfrei anzuerkennen. Und daraus ergeben sich andere Konsequenzen, als wenn mensch sie als Zahlenmaterial und "Fälle" zu verwalten versucht.

Liebe Grüße
McLeod

Der Beitrag wurde von McLeod bearbeitet: 12.Sep.2015 - 14:56
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