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> Outing am Arbeitsplatz sinnvoll?
so far away
Beitrag 03.Nov.2015 - 19:32
Beitrag #1


Salatfee
********

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Beiträge: 171
Userin seit: 21.08.2015
Userinnen-Nr.: 9.367



Hallo zusammen,

seit September mach ich jetzt mein freiwilliges soziales Jahr und arbeite in einer Sonderschule für geistigbehinderte Kinder.
Im Gespräch mit den Kolleg(en)Innen und auch mit den SchülerInnen kam immer wieder das Thema Beziehung auf. Da wurde ich dann auch immer wieder gefragt, ob ich ein Freund hätte,aber das hab ich natürlich immer verneint (IMG:style_emoticons/default/wink.gif)
Da es nun doch recht häufig vorkam/kommt, kam allgemein in mir die Frage auf, "ist es sinnvoll sich am Arbeitsplatz zu outen?"
Deswegen wollte ich euch mal fragen, wie das bei euch ist. Wissen eure Kollegen und Kollgeinnen alle Bescheid oder nur die engesten KollegInnen/ Kollegen?

Würde mich über ein paar Erfahrungen und Ratschläge sehr freuen (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)

Liebe Grüße
so far away (IMG:style_emoticons/default/wub.gif)
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McLeod
Beitrag 04.Nov.2015 - 09:30
Beitrag #2


mensch.
************

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Userin seit: 29.03.2006
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Ich finde es sehr schön, wie Du beschreibst, was die Kollegin mit ihrer "allgemein bekannten" Meinung getan hat, nachdem sie verstand, dass sie gerade die erste lesbisch liebende Frau ihres Lebens (wissentlich zumindest) kennengelernt hat. Das spricht in meinem Logikzentrum totel *für* Miterlebbarkeit, Sichtbarkeit, offen leben - nenn und mach es wie Du magst (IMG:style_emoticons/default/wink.gif)

Und ja, die deutlich abwertendere Haltung von Männern gegenüber anderen Männern - insbesondere, aber nicht nur, wenn sie einen Mann lieben - kenne ich auch aus wenigen Situationen selbst, ist allerdings (für mich jedenfalls) auch ein anderes Thema. Ich verhalte mich dann emotional solidarisch, wenn ich mich mitgemeint fühle - bei aller "allgemein" gehaltenen Rederei. Das passierte mir auch, als ich in den 90ern in den USA auf einen deutsch-stämmigen, alten Mann traf, der als Kind mit seinen Eltern in den 1930ern ausgewandert war. Seine Frau fragte: "ist das deutsch? es klingt wie jiddisch..." Und ich hatte einen Knoten im Magen. Da hab ich mich einer Gruppe zugehörig oder verbunden gefühlt, zu der ich gar nicht gehören konnte, auch wenn die Staatsangehörigkeit dieselbe ist. Um zum konkreten Fall - Männer lästern beleidigend über andere Männer; Menschen werten andere Menschen ab - zurückzukehren... da empfinde ich uns als Gesamtgesellschaft gerade in einem Lernprozess, wie mit sowas umgehen. Schweigend weitermachen als sei nix geschehen scheint nicht die beste Lösung zu sein. Man muss sich da aber auch nicht persönlich in die Waagschale werfen, wie es in der ersten Situation so wundervoll funktioniert hat. Im Stadion hab ich mich mal umgedreht, als einer zwei Reihen hinter mir mehrfach irgendwas mit "Schiri, schwul, Halbzeit, Kabine, Nummer 13" (vom Gegener natürlich) schrie. "Das hat hier nichts zu suchen!" (oder so änhnlich) - laut und deutlich. Ich war spontan, hab nicht überlegt, und dann hatte ich Herzrasen, als ich mich wieder nach vorne gedreht hab. (IMG:style_emoticons/default/rolleyes.gif) Er hat noch ein bisschen gemurrt, auch sowas wie "Frauen gehören nicht ins Stadion" und zu gern hätte ich mich umgedreht und gesagt "ich hab fast 90 Bundesligaspiele gemacht, und Du?" aber ich wollte ja keinen Zweikampf (Hahnenkampf), sondern dass er aufhört mit dem homophoben Kram. Und das hat er. Ein paar Minuten später hat er gar nichts Dummes mehr rumgebrüllt und gemurmelt.

Über Stereotype wie wer aussieht antworte ich gerade Männern sehr amüsiert, dass die meisten schwulen Männer die ich kenne echt kerlig sind und auf echte Männer stehen, so dass mein Gegenüber sie vermutlich ständig im Fitness-Studio treffen müsste, ohne sie zu bemerken... Oder "Sorry, hab mein Holzfällerhemd nicht an. Musste zur halbjährlichen Inspektion in die Reinigung." Oder auch seufzend: "Ja, das wäre super. Wenn alle maskulinen Frauen lesbisch wären... Das hätte mir so manchen Korb bei einer Hetera erspart." (unabhängig davon, ob das jemals so war... war es ja nicht, ich bin ja gar nicht so wild unterwegs, dass ich mir ständig Körbe einfangen könnte) Wie wäre es mit: "Ach, das ist ja soooo Neunziger!"?

Nun hab ich nichts zur Familie geschrieben, gell? Weil das so ist: es gibt Menschen, die ihre Schwestern, Töchter, Mütter lieber nicht mehr im Leben haben, als sich auf das unbekannte Terrain wagen, auf dem sich die andere gerade zu Hause fühlt, glücklich wird und von anderen geliebt wird. Familie ist ein sehr komplexes Geflecht an Erfahrungen, Glaubenssätzen, ungeschriebenen Regeln, Erbstücken und Kompensationen. Meine macht mich immer noch und immer wieder ganz kirre. *seufz* Ganz unabhängig von Coming-out... Bewertende Umfelder, in denen Nähe davon abhängig gemacht wird, wie konform mensch mit den ungeschriebenen Gesetzen oder ausdrücklichen Bedürfnissen ist - es gibt sicherlich bessere Familienwelten, aber ich hab halt auch nur die eine und sie gehört zu mir, egal wie viel Abstand ich wähle oder andere von mir nehmen. Es ist ein ständiges Gehen, den eigenen Weg unter den Füßen zu behalten. Finde ich. Und ich hab mein Lieben auch selbst bei einigen wenigen Menschen für mich behalten und mein Herz geschützt. Sie wussten "es" zwar dann auch irgendwann über andere aus der Familie, aber wir haben uns aus so vielen Gründen entfernter gehalten, als es ein x-beliebiger Kollege und ich jemals waren.

Also bin ich persönlich auch dafür, den Gedankenlosen eine Chance zum Nachdenken zu geben und zu den Engstirnigen einen Abstand zu wählen, in dem mensch sich selbst noch so gut es geht fühlt - und bei mir ist das ab und an nur mit "stop" sagen so. Manche können ja Engstirnige ganz gelassen so sein lassen, wie sie sind; andere halten per se ihr Umfeld eher für freiere, offener Menschen frei und verspannen sich regelrecht, wenn so ein Engstirni in der Nähe ist; wieder andere fühlen sich auch wohl damit, nicht "zu privat" zu werden, sondern bei sich und in einem kleinen, feinen Freundeskreis vertrauensvoll umzugehen - das hat dann erstmal nix mit den Engstirnis zu tun. Trotzdem werden sie ihren Umgang mit den beschriebenen Situationen finden (müssen). Nicht-Kommunikation gibt es ja nicht und Nicht-Haltung-finden auch nicht.

Für mich war der selbstverständliche, offene Umgang mit mir selbst (der nicht bedeutet, dass diese meine Facette jede/r auf jeden Fall mitbekommt) das Ergebnis diverser Ausprobierereien: wie fühlt sich verschweigen an, wie sehr-wörtlich-nehmen von Fragen (kann ich ja nix dafür, dass sie sich trauen zu fragen, ob ich ne Freundin habe), was passiert, wenn ich sage "ich bin vergeben", "ich war mit meiner Freundin über Silvester in Wien" (war ich leider nie, nur als Beispiel) oder "nächstes Wochenende fahre ich zu L-Beach und freue mich auf wirklich abgefahrene Musik-Acts"... Es ist also keine allgemeinmögliche "Lösung" oder Antwort, sondern es geht vermutlich eher darum, die eigene Comfortzone kennen zu lernen. Die Anderen sind, wie sie sind, ich kann sie nicht nach meinen Wünschen formen und ändern. Wie geht es mir mit ihren Wünschen und Formungseinflüssen, wo bleibe ich wie ich bin, wo kann ich nachgeben, wo fehlt mir aktuell noch Raum? Und was kann ich tun, damit es okay für mich ist?

Ich hoffe, das war jetzt nicht alles zu esoterisch-systemisch-abstrakt ;-)

Liebe Grüße & guten Morgen
McLeod
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