Die Kategorisierung der Flüchtlinge, Unterscheidung zwischen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen |
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Die Kategorisierung der Flüchtlinge, Unterscheidung zwischen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlingen |
10.Sep.2015 - 13:50
Beitrag
#1
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Dreht manchmal durch... Gruppe: Members Beiträge: 3.965 Userin seit: 30.10.2004 Userinnen-Nr.: 685 |
Hallo ihr Lieben,
ich weiß nicht, ob das Thema hier richtig ist, ansonsten liebe Strösen, verschiebt es bitte (IMG:style_emoticons/default/flowers.gif) Ein Bekannter von mir hat sich neulich auf dem großen blauen Socialnetwork über die sogenannten "Wirtschatsflüchtlinge" ausgelassen. Ich habe eine Diskussion mit ihm angefangen, weil ich das, was er dazu geschrieben hatte, nicht so stehen lassen konnte und wollte. Vor allem auch deshalb nicht, weil er rechtspopulistische Internetseiten zitierte und diese als Wahrheiten darstellte. Letztendlich kann ich sagen, dass mit ihm und mir, zwei Welten aufeinander geprallt sind. Daher einfach mal meine Frage an euch. Was haltet ihr von diesem Thema. Ist es für euch in Ordnung, dass z.Z. viele Flüchtlinge nach Deutschland kommen, oder seht ihr das skeptisch. Und vor allem, was haltet ihr von dieser Kategorisierung der Flüchtlinge in Kriegs- und Wirtschaftsflüchtende? Ich bin gespannt, was ihr von all dem haltet. |
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10.Nov.2015 - 22:27
Beitrag
#2
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mensch. Gruppe: Members Beiträge: 6.498 Userin seit: 29.03.2006 Userinnen-Nr.: 2.777 |
Ich habe letzte Woche spontan zwei Afghanen vom Bahnhof der nächsten Stadt zum Hbf hier und von dort mit dem Bus bis ins Aufnahmelager geholfen. Handschrift auf dem Zettel, Großbuchstaben an der Zuganzeige, dazu eine Uhrzeit an der der Bus nicht fuhr. Wie soll das jemand ohne Englischkenntnisse und eventuell aus einer andern Schrift-"Welt" stammend hinbekommen? Ab der Bushaltestelle vergrößerte sich die Gruppe um eine Familie mit zwei Kindern, so um die 3-4 Jahre alt. Der Vater konnte Englisch. Dazu: Zwei Afrikaner, mit denen lief es gut auf Französisch. Im Bus dann auch jede Menge Asylbewerber und solche die es noch werden möchten, die schon länger da sein dürften. Es entwickelten sich rege Gespräche. Ein Südosteuropäer versuchte es auch mit Zeichensprache. Studis und Einwohner stiegen ein und aus, am Ende ruckelte der Bus am Stadtrand durch ein Waldstück. An der ehemaligen Kaserne(?) machte ich den beiden Afghanen ein Zeichen. Sie hatten sich einfach weiter an mir orientiert, nicht an den anderen. Erleichtert, vom ersten Augenblick an, da ich veruschte per Geste zu zeigen: ich helfe Euch, ich kenne den Weg.
Als sich die Bustüren schlossen, blieb ich allein im Bus. Wir fuhren noch viele hundert Meter entlang an erleuchteten Fenstern, in denen es weiße Wände und Doppelstockbetten gab. Manchmal hing ein Tuch im Fenster, als provisorischer Vorhang. Eine Halle, offen einsehbar, mit Feldbetten über Feldbetten. Dann tauchten wir ab ins Dunkel des Industriegebiets. Hinter der Autobahn plötzlich die Forschungseinrichtungen, ebenfalls Lichter hinter Glas: ein leerer Hörsaal, dessen stylische Bestuhlung geschickt beleuchtet in Szene gesetzt war. Am Flughafen die Autos der Konzernmanager, die von hier losfliegen zu ihren Weltkonzern-Meetings. Polierte Limousinen. An der Endhaltestelle unterhielt ich mich kurz mit dem Busfahrer, dann fuhren wir zurück. Als wir wieder entlang des Aufnahmelagers fuhren, war alles, wie zuvor. Menschen in kargen Räumen, alle möglichen Hautfarben. Die Afghanen hatten nicht mal Gepäck dabei gehabt, die Familie zwei große blaue Ikea-Tüten auf denen die Kinder im Sitzen Kopf vornübergefallen eingeschlafen waren, am Hbf. Hinter dem Tor war es nun menschenleer. Doch schon eine Ecke weiter kamen zwanzig, vielleicht dreißig Menschen zu Fuß. Die andere Buslinie biegt vor dem Waldstück ab. Vermutlich auch darunter wieder welche, für die es das erste Mal auf dieser Strecke war. Die Menschen helfen sich gegenseitig. Monate stehen ihnen bevor mit Bürokratie, Warten, vielleicht in ein Flüchtlingsheim, dann ins nächste. Unsere Verwaltungen arbeiten nicht mal so zusammen, dass es einen strukturierten Weg gibt. Die Bundespolizei hatte am Bahnhof der nächsten Stadt ein Ticket ausgestellt und einen handschriftlichen Zettel mitgegeben, auf dem das Wichtigste fehlte: was hier in der Stadt auf den Wegweisern und am Bus in großen Buchstaben steht, um weiterzuhelfen. Ab Hauptbahnhof hier findet sich das erste Schild im(!) halbdunklen Pavillon der Verkehrsbetriebe. Ich war nicht der einzige Mensch, der bei der Orientierung half. Die Familie war von einem Mann begleitet, man erkennt das an dem unsicheren Blick immer zurück: "seid Ihr noch da, trete ich Euch nicht zu nah mit meiner unverlangten Hilfe, was denkt Ihr von uns?" Die beiden Afrikaner waren von einem zugewanderten Schwarzwälder mit Bierfahne zum Busbahnhof gebracht worden. Beide Männer gaben erleichtert an mich weiter. Ich hatte halt Zeit für eine Ehrenrunde im Bus raus an den Stadtrand. Niemand am Bahnhof fühlte sich verantwortlich dafür, dass die Menschen am Abend gut weiterfinden. Es gibt keine Ketten, keine einheitlichen Symbole, die BuPo hatte es gut gemeint, die Verkehrs-AG, der Busfahrer winkte alle durch auf meine Frage, ob es noch Ticket bräuchte weil nicht alle ein Länderticket der Bahn hatten, das auch in der Stadt gilt. Ehrenamtlerin für ne Stunde. Es war irgendwie einfach, aber auch sehr sonderbar. Hatte ich anfangs nur bis zum Busbahnhof helfen wollen, erschien es am einfachsten, noch mitzufahren. Was ich erlebte und sah, war nur ein klitzekleiner Ausschnitt. Zu keinem Moment habe ich mich unwohl gefühlt. Vielleicht bis auf die surreale Alleinfahrt durch die spätabendliche Glitzerwelt hinter dem Lager. Es ist dreifach überbelegt. Die Polizei ist bei den Supermärkten mit Infoständen präsent, damit sich die Einwohner des Stadtteils besser fühlen. Auf FB kann ich dann lesen, dass sie Präsenz als Indiz dafür nehmen, dass es krimineller wird, bei ihnen. Dabei ist die Ladendiebstahlrate nicht mal im gleichen Maß mitgewachsen wie die Zahl der Menschen, die aktuell dort im Stadtteil die Tage und Nächte verbringen. Einbrüche gibt es sogar gar keine. Geschweige denn Vergewaltigungen. Aber in der Innenstadt, da pöbeln Freitags und Samstags Abends die guten, betrunkenen Deutschen, dass es nur so kracht. Der PEG*DA-Ableger besteht hier aus 30-40 Menschen, die jeden Montag Hundertschaften und berittene Polizei für ihre Meinungsfreiheit bemühen. Dann fahren oft auch keine Busse durchs Zentrum. Zum Glück liegt die Route Hbf-Aufnahmelager außerhalb der City. Gewaltbereit aus einer Gruppe heraus ist hier in der Stadt nach meinem Empfinden am stärksten die antifaschistische Jugend. Mit Polizei und Pegidingsens haben sie gleich zwei Gruppen, die sie bekämpfen wollen. Und die alltäglichen Streitereien, Prügeleien und Eskalationen, auch in seltenen Fällen mit Todesfolge, die rund um etwas heruntergekommene Kneipen wohl in jeder Stadt die regionale Zeitung für ein, zwei Wochen beschäftigen. Mord im Familienumfeld oder in verkrachten Beziehungen. Ehrenmorde übrigens bislang Null. Mein Alltag ist durch die "Flut" bis auf jenen Abend unberührt. Keine "Welle" brach bislang auf meinen Wegen über die Menschen herein. Im Zug sehe ich jetzt etwas aufmerksamer hin und entdecke einige, die quer durchs Land geschickt werden und sich dort wieder durchfragen und -suchen müssen. Manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich ja gar nicht weiß, ob das nicht die zweite Generation mit Pass von hier oder einfach ein indischer Software-Spezialist bei seinem Wochenend-Outdoor-Trip ist mit dem Rucksack... Je weniger ich vor dem Rechner oder Fernseher sitze, um mir ein Bild zu verschaffen, umso ruhiger werde ich in Sachen "Menschen die zu uns kommen, weil sie woanders keine Lebensperspektive haben". McLeod, einfach mal so. Der Beitrag wurde von McLeod bearbeitet: 10.Nov.2015 - 22:32 |
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