![]() |
Willkommen, Gast ( Anmelden | Registrierung )
Denk bitte daran, dass unser Forum öffentlich einsehbar ist. Das bedeutet: wenn du hier dein Herz ausschüttest, kann das von allen gelesen werden, die zufällig unser Forum anklicken. Überleg also genau, was du preisgibst und wie erkennbar du dich hier machst. Wir löschen keine Threads und keine Beiträge, und wir verschieben auch nichts in unsichtbare Bereiche.
Du kannst deinen Beitrag nach dem Posten 90 Minuten lang editieren, danach nicht mehr. Lies dir also vor dem Posten sorgfältig durch, was du geschrieben hast. Dazu kannst du die "Vorschau" nutzen.
Diese Webseite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Webseite erklärst du dich mit der Verwendung von Cookies einverstanden.
![]() |
![]()
Beitrag
#1
|
|
Fürstin Pückler ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 223 Userin seit: 12.08.2015 Userinnen-Nr.: 9.356 ![]() |
Hallo ihr Lieben,
irgendwie treibt mich der Gedanke über meine Identität seit einigen Tagen / Wochen wieder umher. Es ist alles noch unkonkret, dennoch ist es viel, was in mir los ist. Ein Teil dessen, was los ist, hat mit fehlendem Austausch zu tun. Das ist der Grund, warum ich auch diesen Beitrag schreibe. Ich hatte schon mal erwähnt, dass ich mit einem Transmann in einer Beziehung war. Wir sind inzwischen getrennt und es gab im Nachhinein sehr böses Blut. Vor der Beziehung hatte ich eine Freundin, aber es hielt nicht lange. Dennoch brachte die Zeit mit ihr eine Auseinandersetzung mit mir selbst mit sich. Ich wurde mir immer sicherer, dass ich keinen Mann mehr möchte. Dann kam der Mensch, den ich als Frau kennenlernte und jetzt .... Innerhalb der Beziehung hatte es keinen Platz mehr für meinen Prozess der Selbstfindung, der Identitätsbildung. Ich bekam das Deckelchen "Hetero" aufgesetzt und mehr gab es da nicht zu reflektieren. Er hat sich so verändert, ist so konservativ geworden. Er hat angefangen über lesbische Frauen zu urteilen. Wir sind seit Juli getrennt und er hat mir vieles genommen. Materiell und immateriell. Ich fühle mich manchmal wie ein geprügelter Hund. Seit der Trennung hat sich etwas schönes entwickelt: Der oben beschriebene Prozess geht weiter. Ich traue mich zu fragen, was ich schön finde, was ich liebe, was ich begehre... Ich habe es auch wieder mit einer Frau ausprobiert. Wenn ich eine Frau spüre, aber auch wenn ich in mich spüre bin ich mir wieder sicher, dass ich keinen Mann möchte. Es ist gerade so viel in mir aber die größte Frage ist: Wie gehe ich damit um? In meinem Umfeld wussten alle von einem "ihm" und davor wusste kaum jemand von einer "ihr". Nur sehr wenige wussten überhaupt von seiner Transidentität. Es ist, als müsste ich nochmal komplett neu anfangen, bei null. Das einzige was ich in der Hand habe ist diese Sicherheit, dass ich keinen Mann mehr möchte. Ich habe Angst vor Ablehnung, gerade weil ich ein Kind habe. Ich habe Angst vor Problemen an meiner Hochschule. Inzwischen habe ich mir einen Namen gemacht und ich möchte eine Hochschullaufbahn einschlagen. Ich habe Angst vor Konsequenzen, dass geredet wird. Es ist mir klar, Angst ist kein guter Ratgeber, aber... Ich würde mich so gerne über all das austauschen, aber ich weiß nicht mit wem. Ich war vor ihm und zeitweise während ihm bei einem Stammtisch. Teilweise hatte ich Gespräche dieser Art. Ich will nicht wieder ankommen und nochmal alles aufrollen, auch weil sie ihn kennen. Mit der Frau, die ich oben erwähnt habe, kann ich nicht darüber reden. Sie versteht nicht, warum ich mir überhaupt so viele Gedanken mache. Es geht mir auch nicht nur um ein Outing sondern darum, dass ich mein bisheriges Selbstbild nun mit dem wieder lesbisch oder überhaupt lesbisch sein in Verbindung zu setzen versuche. Dieser Prozess ist so holprig. Was war ich weit weg von mir... Ich weiß ich bin kompliziert, aber ich gehöre einfach zu den Menschen, die sich viele Gedanken machen. Ich möchte Klarheit darüber wer ich bin. Zudem wünsche ich mir Erfahrung, wie so ein Outing abläuft. Ab wann ist es völlig normal zu sagen, dass man Frauen liebt und begehrt, dass man lesbisch ist... Momentan spielt sich fast alles noch innerlich ab. Ich wünschte mein Weg wäre damals nicht unterbrochen worden, dann wäre ich jetzt schon zehn Schritte weiter. (IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif) |
|
|
![]() |
![]()
Beitrag
#2
|
|
mensch. ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 6.514 Userin seit: 29.03.2006 Userinnen-Nr.: 2.777 ![]() |
Liebe Woody,
ich weiß nicht, ob es eine adäquate Antwort gibt. Die innere Insel... Festes Land unter den Füßen, ein Heimathafen. Kann ein Mensch sie noch nachträglich zusammenbauen? Ich frage mich das, wenn ich das Gefühl habe, um mich herum haben so viele ihre Heimat, sind verwurzelt, haben diesen sicheren Halt. Die Klarheit der Lebensmodelle, der Prinzipien, des eigenen Handelns, verlässlich vorhersehbar scheint das bei anderen zu sein... Ausprobieren, manchmal erste Zufriedenheit, vielleicht sogar Glück, wenn der Anker auf Grund getroffen hat und alles stabil ist, wie es wohl so sein soll. Und dann dieses Gefühl, dass es nicht das Eigene ist, auf Dauer. Das Ankern. Wenn es stürmisch ist, ist es gut, nicht zu ankern... Und wer es im Blut hat, den Horizont erreichen zu wollen und Neuland zu finden, um weiterzuziehen --- egal, ob es per Definition durch ein Defizit im Aufwachsen war... "Defizit" ist bereits ein wertendes Definieren. Es war wie es war und es trug bei, zusammen mit vielem Anderen, zu einem Menschen, der auf eine Art einzigartig ist, die sich irgendwie deutlich unterschiedlich anfühlt. Anders sein zu wollen, als mensch ist, hat sich - in meiner bestimmt nicht repräsentativen Erfahrung - oft als Ausdruck des sich nicht Akzeptierens herausgestellt. Das kann mit schmerzhaften Zusammenstößen oder großen Unverstehen bei, Gegenüber auch "gefühlte Realität" sein. zwei Puzzlestücke, die nicht ineinander passen, können trotzdem ganz spannende Gemeinsamkeiten haben, es gibt noch mehr "Ebenen", wie Farbe, Material, Motiv/Bildelemente. Bindungen anders als über die klassische Passform einzugehen ist, nach meinem Empfinden, mit dem Gefühl von Fragilität/Instabilität verbunden. Heißt: kann sich für Dich ganz anders anfühlen. Du beschreibst ganz zauberhaft, wie bei Dir Nähe und Verbundenheit entsteht. Nicht durch Werte, Normen, Gepäck vom Weg davor. Durch Austausch, Begegnen, Hingabe, Vertrauen. Das stell ich mir sehr intensiv vor, sehr... Schön... Ich kriege dafür gerade nicht die Worte, befürchte ich. Solche Momente empfinde ich sprachlos. Deine jetzige Situation klingt danach, dass Dir jemand für den Austausch und das Verarbeiten dessen was zwischen Dir und ihm war, fehlt. Die Wunden, die es hinterließ. Die Klarheit, die es schuf. Du müsstest jetzt jemanden ins Vertrauen zuehen und die Gefahr eingehen, dass "es die Runde macht". Und erstmal, dass jemand bereit ist ihr oder sein Bild von Dir zu verändern und Dich nicht... Zu verurteilen? Was ist es, wovor Du vielleicht gerade Angst hast und was Dich so allein damit sein lässt? Und gibt es einen Menschen, eine Person, der Du zutraust, das anders, "richtig" zu händeln und gut damit und mit Dir umzugehen? Sorry, ich ende auch/schon wieder mit ner Frage. Lächelnde, herzliche Grüße McLeod |
|
|
![]()
Beitrag
#3
|
|
Fürstin Pückler ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 223 Userin seit: 12.08.2015 Userinnen-Nr.: 9.356 ![]() |
Liebe Pfefferkorn,
du findest sehr passende Worte für die letzten drei Jahre, sie und die Beziehung waren voller Spannungen. All die Veränderungen und die Entscheidung meines Gegenübers, die Vergangenheit auszulöschen, führte zu einer Abschottung nach außen. Ich hab mich in der Gegenwart nicht mehr gefunden und noch weniger in seiner Zukunftsvorstellung, denn ich war glücklich mit der Vergangenheit und unserem queren Leben. Befreit vielleicht, für eine kurze Zeit. Nun ja, ich weiß nicht ob es Menschen gibt, die unsere Welt nachhaltig verändern können, aber ich begreife was du meinst. Ich spüre eine große Kraft und einen starken Willen. Aber ich spüre auch die anderen Menschen und ihren Unwillen aufzubrechen. Und die Ablehnung von ihnen, sich mit sich selbst auseinander zu setzen. Und die Ablehnung von ihnen, den Menschen gegenüber, die aufbrechen wollen. Das macht mich vorsichtig und lässt mich zurück weichen. Ja ich habe etwas geschafft, viel sage ich heute, rückblickend. Noch nicht genug, sage ich heute, rückblickend (IMG:style_emoticons/default/rolleyes.gif) Liebe McLeod, das ist die Frage, die mich begleitet und die sich hinter dem suchenden Blick verbirgt, wenn ich versuche die Zukunft zu sehen. Kann ich noch ankommen? Kann ich mir noch eine Insel erschaffen? Ich frage mich aber auch, ob diese Insel nicht bereits existiert und ich sie nur noch nicht sehen kann. Denn hätte ich keine, das frage ich mich, wäre ich dann resilient? Ich habe den Anker geworfen, wieder und wieder, wie du es beschreibst. Doch etwas treibt mich weiter, denn meinen Platz habe ich noch nicht gefunden. Mit Sicherheit hat dieses Gefühl damit zu tun, dass mir noch etwas Akzeptanz fehlt, für mich. Doch sie wächst seit einigen Jahren, langsam, aber sie wächst und sie ist nicht mehr zart und zerbrechlich. Nur die Bindungen, die ich in den letzten Jahren eingegangen bin, sie sind fragil und oftmals endlich. Manchmal zerbrechen sie an meinen Ecken und Kanten, manchmal an meiner Selbstakzeptanz, manchmal an meiner Leidenschaft, manchmal an der Mauer meines Gegenübers oder dessen Vorstellungen, wie etwas, jemand sein soll. Ja McLeod, mir fehlt der Austausch über die hinterlassen Wunden. Kaum jemand vermutet bei mir Spuren von Verletzung, Verzweiflung, Verlust, Trauer... Aber dieses Ende traf mich mit all seiner Kälte und Härte und er traf auch meine Tochter. Und wenn ich so darüber nachdenke, dann geht es vielleicht gar nicht nur darum, dass ich Frauen mag. Sondern auch darum, "dass jemand bereit ist ihr oder sein Bild von mir zu verändern". Dass ich manchmal auch einfach nicht mehr weiter mag. Nicht mehr kämpfen, nicht mehr suchen. Einfach stehen bleiben, verweilen, die Wunden zu pflegen, wütend zu sein, keine Lust zu haben, zu weinen, nicht weiter zu wissen... Den Blick von der Zukunft abzuwenden, sich umzuschauen, zurückzublicken, ihn zu senken. Aber es geht auch darum, nicht verurteilt zu werden. Ich möchte keinen Stempel, der mich einer Schublade zuordnet, aus der ich vielleicht nicht mehr rauskomme, wenn ich feststelle, dass sie nicht meine ist. Aber ich möchte auch nicht alleine mit dem allen sein. Ich wünsche mir Unterstützung, um dieses Leben zu meistern zu können. Unterstützung die nicht an Bedingungen geknüpft ist. Ich weiß nicht, ob es gerade einen Menschen gibt, der mit meinem "Anders" umzugehen weiß. Ich habe erlebt, dass mein Weg, mein bunter Geist und Verstand, Menschen veranlasst, sich stark davon abzugrenzen. Ohne dass ich etwas zu ihnen bzw. über sie sage, nur durch meine Art zu leben: zu reden, zu sehen, zuzuhören, zu denken und zu handeln. Menschen, die mir wieder und wieder erzählen, wie lecker ihr Mittagsschnitzel war. Menschen, die mir immer wieder erzählen, dass sie absolut auf Männer stehen. Menschen, die mir erzählen wie glücklich sie durch ihr Geld und ihren Job sind und wie sie ihr Leben genießen, trotz Arbeitsfrust und Zeitmangel. Menschen, die mir am einen Tag ihr Herz ausschütten um es am nächsten Tag vor mir einzumauern... Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Was soll ich denn von mir erzählen, ohne dass jemand zu mir sagt: "Siehst du, würdest du dich mit unseren Normen, Werten und Konventionen zufrieden geben, wärst du jetzt nicht in dieser Lage." ? Nachdenkliche Grüße und Dankbarkeit, für den schönen Austausch Woody |
|
|
![]() ![]() |
Vereinfachte Darstellung | Aktuelles Datum: 13.05.2025 - 13:10 |