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> Coming-out, Klappe die 2.
Woody
Beitrag 20.Nov.2015 - 17:54
Beitrag #1


Fürstin Pückler
*********

Gruppe: Members
Beiträge: 223
Userin seit: 12.08.2015
Userinnen-Nr.: 9.356



Hallo ihr Lieben,

irgendwie treibt mich der Gedanke über meine Identität seit einigen Tagen / Wochen wieder umher.

Es ist alles noch unkonkret, dennoch ist es viel, was in mir los ist.
Ein Teil dessen, was los ist, hat mit fehlendem Austausch zu tun.
Das ist der Grund, warum ich auch diesen Beitrag schreibe.

Ich hatte schon mal erwähnt, dass ich mit einem Transmann in einer Beziehung war.
Wir sind inzwischen getrennt und es gab im Nachhinein sehr böses Blut.

Vor der Beziehung hatte ich eine Freundin, aber es hielt nicht lange.
Dennoch brachte die Zeit mit ihr eine Auseinandersetzung mit mir selbst mit sich.
Ich wurde mir immer sicherer, dass ich keinen Mann mehr möchte.

Dann kam der Mensch, den ich als Frau kennenlernte und jetzt ....

Innerhalb der Beziehung hatte es keinen Platz mehr für meinen Prozess der Selbstfindung, der Identitätsbildung.
Ich bekam das Deckelchen "Hetero" aufgesetzt und mehr gab es da nicht zu reflektieren.
Er hat sich so verändert, ist so konservativ geworden. Er hat angefangen über lesbische Frauen zu urteilen.

Wir sind seit Juli getrennt und er hat mir vieles genommen. Materiell und immateriell.
Ich fühle mich manchmal wie ein geprügelter Hund.


Seit der Trennung hat sich etwas schönes entwickelt:
Der oben beschriebene Prozess geht weiter.
Ich traue mich zu fragen, was ich schön finde, was ich liebe, was ich begehre...

Ich habe es auch wieder mit einer Frau ausprobiert.
Wenn ich eine Frau spüre, aber auch wenn ich in mich spüre bin ich mir wieder sicher, dass ich keinen Mann möchte.

Es ist gerade so viel in mir aber die größte Frage ist:
Wie gehe ich damit um?

In meinem Umfeld wussten alle von einem "ihm" und davor wusste kaum jemand von einer "ihr".
Nur sehr wenige wussten überhaupt von seiner Transidentität.

Es ist, als müsste ich nochmal komplett neu anfangen, bei null.

Das einzige was ich in der Hand habe ist diese Sicherheit, dass ich keinen Mann mehr möchte.

Ich habe Angst vor Ablehnung, gerade weil ich ein Kind habe.
Ich habe Angst vor Problemen an meiner Hochschule.
Inzwischen habe ich mir einen Namen gemacht und ich möchte eine Hochschullaufbahn einschlagen.
Ich habe Angst vor Konsequenzen, dass geredet wird.

Es ist mir klar, Angst ist kein guter Ratgeber, aber...

Ich würde mich so gerne über all das austauschen, aber ich weiß nicht mit wem.
Ich war vor ihm und zeitweise während ihm bei einem Stammtisch. Teilweise hatte ich Gespräche dieser Art.
Ich will nicht wieder ankommen und nochmal alles aufrollen, auch weil sie ihn kennen.
Mit der Frau, die ich oben erwähnt habe, kann ich nicht darüber reden.
Sie versteht nicht, warum ich mir überhaupt so viele Gedanken mache.

Es geht mir auch nicht nur um ein Outing sondern darum, dass ich mein bisheriges Selbstbild nun mit dem wieder lesbisch oder überhaupt lesbisch sein in Verbindung zu setzen versuche.
Dieser Prozess ist so holprig. Was war ich weit weg von mir...

Ich weiß ich bin kompliziert, aber ich gehöre einfach zu den Menschen, die sich viele Gedanken machen.
Ich möchte Klarheit darüber wer ich bin.

Zudem wünsche ich mir Erfahrung, wie so ein Outing abläuft. Ab wann ist es völlig normal zu sagen, dass man Frauen liebt und begehrt, dass man lesbisch ist...
Momentan spielt sich fast alles noch innerlich ab.

Ich wünschte mein Weg wäre damals nicht unterbrochen worden, dann wäre ich jetzt schon zehn Schritte weiter.

(IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif)















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Woody
Beitrag 25.Nov.2015 - 10:54
Beitrag #2


Fürstin Pückler
*********

Gruppe: Members
Beiträge: 223
Userin seit: 12.08.2015
Userinnen-Nr.: 9.356



Eine interessante Metapher, sehr anschaulich Dragonfly. Danke.

Viel im Leben erinnert mich an eine Theaterbühne. Viel in meinem Leben an einen Eiertanz.
Die Differenz zwischen dem Sein und dem Sein-Wollen wird wohl sehr häufig durch Inszenierungen überbrückt.
Ja und, als kleine Ergänzung, was nicht passt, wird passend gemacht.

Das ist es, wo ich raus bin.
Ich will das nicht mehr.
Ich will ich sein und in erster Line mit mir in Kontakt stehen.
Unabhängig davon, wer oder was ich gerade bin.
Aus dieser Verbindung zu meinem Inneren möchte ich in Kontakt treten.
Bei mir mit anderen sein, so würde ich es beschreiben.

Wie empfindest du dein Leben, was tust du um authentisch leben zu können? Ihr?

Wenn du schreibst, Dragonfly, dass wir manche Dinge von uns weißen, weil wir uns nicht damit identifizieren und nicht damit identifiziert werden wollen, dann möchte ich das noch ergänzen:
Und zwar um die Dinge, die zu uns gehören, wir aber nicht damit identifiziert werden wollen.

Diese zwei Anteile sind vielleicht auch der Kern von dem eingangs beschriebenen Konflikt.
Eine Inkongruenz, dass etwas zu mir gehört, was ich nicht sein will oder gefühlt nicht darf - beschrieben aus meiner ganz subjektiven Perspektive.

Dieses Unwohlgefühl, nicht zeigen zu können / wollen / dürfen, was ich bin, gepaart mit dem Gefühl gesehen werden zu wollen, als das was ich bin.

Wenn ich hier deinen Gedanken aufgreife Mondstern, dann ist das mein Selbst, wie es eben gerade ist.

Ich stimme dir vollkommen zu, wenn du schreibst, das Leben sei nicht statisch, nichts sei statisch und das Leben ein ständiger Fluss.
Für mich gibt es auch nicht das Leben und die Welt - nun schweife ich ab in die Philosophie... (IMG:style_emoticons/default/gruebel.gif)
Für mich gibt es mein Leben und mein selbst, das sich in ständigem Wandel befindet, einzigartig weil zusammengesetzt aus nur meinem Sammelsurium an Erfahrungen und deren Bewertung.
Daneben existieren zahlreiche Lebenswelten zur gleichen Zeit, die ebenso in ständigem Wandel sind, aus ebenso individuellen Erfahrungen und Bewertungen - sehr konstruktivistisch gedacht (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)

Geht deine Sichtweise in diese Richtung?

Dennoch gibt es für mich auch etwas festes, was ich in mir trage.
Ich würde es als bewusste Grundwerte und Überzeugungen beschreiben.
Ein kleines Bündel davon existiert in mir, unverändert seit vielen Jahren.
Ich bestehe nicht darauf, dass sie bleiben, aber ich beobachte, dass sie da sind, egal welchen neuen Anker ich gerade ausgeworfen habe oder welchen neuen Kurs ich segle, wenn ich mich wieder auf die Reise begebe.
Jetzt bei dem bewussten Gedanken daran, bin ich sehr dankbar dafür.

Ich bin oft traurig, wenn Veränderungen dazu führen, dass sich Bindungen lösen.
Schleichend oder von Knall auf Fall.
Für mich ist es nicht so einfach, die Menschen ziehen zu lassen.
Gleichwohl ist mir bewusst, dass auch ich oft weiter gezogen bin.


Was diese Insel angeht....
Ich habe die Hoffnung, dass sich im nachhinein noch eine Insel bilden kann, innerlich und äußerlich.
Etwas bleibendes, auf das ich zurück kehren will.
Ich bleibe auf der Suche.


Weißt du Mondstern, dieses "sich bedrängt fühlen durch die klaren Absichten und Ansichten des Gegenübers" liegt vielleicht auch daran, dass Menschen, die klar sind in ihren Ansichten und Absichten, die sie bewusst leben und dadurch auf eine Art kommunizieren, dass diese Menschen versuchen, die oben beschriebene Theaterbühne zu verlassen.
Nicht mehr bei dieser Inszenierung mitspielen wollen.
Sich eigene Gedanken machen wollen.

Zusammen gefasst: Etwas verändern wollen.
Und sich damit auch als selbstwirksam erleben.

Vielleicht ist diese, für mich oft plötzliche, deutliche oder auch ganz subtile Positionierung, auch eine Abgrenzung, damit die Welt nicht angetastet wird.
Eigentlich legitim. Nein, nicht nur eigentlich.

So sehr für mich diese Suche auch mit Einsamkeit verbunden ist, so sehr genieße ich ihre Freiheit.
Sie ist für mich mit vielen Begegnungen verbunden.
So finde ich Anteile von mir in anderen und Fremdes in anderen, dass für mich beides Inspiration bedeuten kann.
Dennoch ist für mich diese innere Heimat auch mit Gleichgesinnten, Gleichempfindenden verbunden.

Und wenn ich nie ankomme Mondstern,
vielleicht bringt das ja immerhin mit, dass ich immer wieder einen Platz im Leben anderer finden kann?

Trotzdem empfinde ich diese Abwesenheit einer Insel als ein Fehlen.

Danke für diesen schönen Austausch und die Sensibilität, mit der ihr mit den Themen und persönlichen Beiträgen umgeht.
Etwas, das sich währenddessen bei mir entwickelt hat, ist nun die Frage nach dem Zusammenhang von der Insel und Menschen, oder dem Mensch.

Detaillierter habe ich noch nichts dazu...

Ich stehe mit meinen Lebensbedingungen an der Schwelle vor der Entscheidung, wirklich alleine weiter zu gehen.
Das bringt mit sich, die Einsamkeit aushalten zu müssen.
Gerade befinde ich mich in einer Art "Überbrückungszustand".
Ich spüre die Verantwortung für mich und meine Tochter, wie eine gewaltige Last auf meinen Schultern und sie macht mir Angst.
Rausgehen, auf der Suche nach innerer Zufriedenheit, ohne sie von einem anderen Menschen abhängig zu machen.
Was lebe ich damit vor?

Nachdenkliche Grüße mit einem Blick durch das Fenster, in die Winterlandschaft...

Woody





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