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> "Von geträumten Maccaroni wird man nicht satt.", Albträume,Aufwachen und ein neuer Morgen
LadyGodiva
Beitrag 01.Sep.2005 - 08:57
Beitrag #1


Strøse
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Gruppe: Admin
Beiträge: 10.010
Userin seit: 27.08.2004
Userinnen-Nr.: 166



Hielten wir unsere Zukunft tatsächlich in unseren Händen, müssten wir vermutlich an dieser Lebensaufgabe scheitern.
Wir können sie vielleicht beeinflussen, indem wir versuchen, wenigstens nicht von uns abzulassen. Aber wir halten sie nicht. Sie gehört uns nicht, lediglich der Traum von ihren bunten Bildern.
Manchmal aber gewinnt man diese Bilder nur allzu lieb, ja verliebt sich gar so in sie, um ein wenig kurzsichtig zu sein für das, was jetzt ist, nur um dann im Schatz der Vergangenheit zu verschwinden; mal mehr, mal weniger gut sortiert und archiviert.
Hin und wieder wird es auch Zeit, in diesem Archiv eine Art Inventur zu veranstalten, Kisten voller Erinnerungsfragmente umzustapeln, die ein oder andere absichtlich in den Tiefen abgestellte Kiste wieder heraus zu fischen und nach kräftigem Durchatmen und zwei langen, ermattenden Nächten die Angst vorm Öffnen zu verlieren.
Manchmal erweist sich der befürchtete Schachtelteufel als pure Pappatrappe. Doch es kann ebenso gut geschehen, dass einer schon beim Anheben des Deckels alle Atemluft geraubt wird, durch den Sog, der in die Kiste und in die Vergangenheit führt. Dieses vakuuminöse Einsaugen von Kraft, Gefühlen und dem damit verbundenen Einbrechen mühsam selbst errichteter Lebensrettungsgerüste vor dem alltäglichen Wahnsinn lässte eine erst einmal recht perspektivenlose, heimatlose und unruhige Körperhülle zurückt. Vermeindliche Stabilität, aus reinem Pragmatismus errichtet, erweist sich als wenig tragfähiges Konstrukt und Entsetzen keimt auf, wie lange man selbst sein ganzes Vertrauen darauf nur setzen konnte.
Plötzlich Halbwaise, mit dem Wunsch als Vater aller Gedanken; mutterlos, weil die Vorsicht überwunden werden konnte.
Ich bin gerade dabei, mein Lager umzusortieren. Und habe Angst, auf Kisten zu stoßen, von deren Existenz ich zwar weiß (meine Buchhaltung ist perfekt deutsch), deren vermuteter Inhalt aber eine Ambivalenz in mir auslöst - will ich ihn überhaupt je wiedersehen? Saugen sie die Substanz für meine Träume leer?
Wie viel Geduld habe ich eigentlich mit mir?

Was ich mir wünsche, von diesem Thread erhoffe:
Ich möchte von Euch erfahren, wie ihr mit vermutlich eher belastendem "emotionalen Archivmaterial" umgeht. Ob es Euch eher lähmt, antreibt, abschreckt?
Ob Ihr was gegen die zu befürchtende Leere tun könnt, woraus für Euch eine neue Kraft wachsen kann. Wie viel Raum bleibt in einer Partnerschaft für Inventur in den Untiefen des eigenen Lagers, was kann geteilt werden?
Rien ne va plus?

edit: das Zitat, mit dem ich mir erlaubt habe, den Beitrag zu beginnen, stammt meines Wissens aus der Feder H. Heines

Der Beitrag wurde von LadyGodiva bearbeitet: 01.Sep.2005 - 09:00
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Lisabeth
Beitrag 02.Sep.2005 - 08:15
Beitrag #2


auf Entdeckungsreise
************

Gruppe: Members
Beiträge: 1.151
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Userinnen-Nr.: 800



Solche Kisten hat wahrscheinlich jede von uns irgendwo stehen, ganz hinten in einem Schrank, im Keller, wo auch immer. Und manchmal kommen sie raus, gehen unvermutet auf und man ist gezwungen, sich damit auseinander zu setzen.
In den letzten Jahren hab ich für mich die Erfahrung gemacht, dass es mir leichter fällt, die Fragen, die da auftauchen, die Erinnerungen, Ungereimtheiten, recht direkt anzugehen.
Und ich hab immer wieder das Gefühl, es gibt so etwas wie einen richtigen Zeitpunkt dafür, einen Moment, in dem ich die Kraft hab und die Möglichkeit, es mir genau anzuschauen.

Wirklich loswerden kann man sie wahrscheinlich nicht. Zumindest hab ich bei mir das Gefühl, dass sie schon da bleiben. Aber sie verlieren diese Bedrohlichkeit.
Ich weiß nicht recht, wie ich es beschreiben soll - manchmal hab ich das Gefühl, erst sind es Dinge, die wild in dieser Kiste rumtoben und so immer wieder dafür sorgen, dass der Deckel aufgeht, recht unkontrolliert und zufällig.
Wenn ich es aber geschafft hab, mich mit ihnen auseinander zu setzen, sie mir in Ruhe anzuschauen, manche Teile auch mal rauszuholen, von allen Seiten zu betrachten, und am Ende alles besser sortiert einpacken kann, dann ist Ruhe in der Kiste.
Dann ist der Moment gekommen, sie weg zu stellen - und sie wird mich nicht mehr "überfallen".

Schwieriger finde ich den Umgang mit den Kisten, von denen ich gar nicht wusste, dass sie da sind. Erinnerungen, die so schmerzhaft sind, dass ich sie einfach jahrzehntelang verdrängt hab.
Und in dem Moment, in dem sie wieder auftauchen, so präsent werden, dass ich mir kaum vorstellen kann, wie ich DAS so völlig aus meinem Gedächtnis verbannen konnte.
Allerdings waren solche Erlebnisse oft die Puzzleteile, die fehlten, um andere Kisten so zu verpacken, dass ich meinen Frieden damit machen konnte.

Schwieriges Thema.. Ich wünsch allen viel Erfolg und liebevolle Begleitung beim Kisten Öffnen!
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