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> Antidepressiva, Erfahrungen mit diesen Medikamenten
Diana
Beitrag 28.Nov.2005 - 17:41
Beitrag #1


Gut durch
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Hallo, Ihr Lieben,

kurz zum Hintergrund meiner Frage:
Ich habe seit vielen Jahren mit mittelschweren bis schweren Depressionen zu tun. Sie kommen in Phasen, eine Phase dauert ein halbes bis zu eineinhalb Jahren und ich habe gelernt, mehr oder weniger gut damit zu leben. Ich sehe regelmäßig eine Therapeutin, die ich schon seit Jahren kenne und es gelingt mir im Prinzip ganz gut, gelegentliche Ausfälle im Beruf durch Effizienz und gute Organisation auszugleichen.

Die letzten beiden Jahre haben sehr starke Umbrüche im Privaten für mich gebracht, jetzt kommt gerade eine ziemlich hässliche Krise im Beruf obendrauf. Anstatt nun alle meine Kräfte zu mobilisieren und mich der Herausforderung zu stellen, merke ich, wie es in den letzten Wochen zunehmend zäher wird, ich immer mehr Mühe habe, ohne größere Verluste durch meinen Alltag zu kommen und wie mir Zug um Zug die Kräfte schwinden. Ob das nun mit dieser Krise zu tun hat, mit der Jahreszeit oder ob es einfach mal wieder an der Zeit ist, dass die nächste Depriphase kommt – ich weiss es nicht. In diesem Zusammenhang kam mir der Ausspruch einer Ärztin wieder in den Sinn, die in etwa sagte: "Depressionen kommen und gehen und sich ohne Medikamente durchzuquälen ist verlorene Lebenszeit."
Ich habe bis dato nie Medikamente genommen, einfach weil ich mich nicht entschliessen konnte, mich auf sie einzulassen. Ich hatte Angst, ich würde das Gefühl dafür verlieren, wie es mir wirklich geht und ich wollte die Energie und den Auftrieb, die man aus den Momenten bezieht, in denen man wieder ein Stück aus eigener Kraft geschafft hat oder wenn man einmal wieder einen "lichten Tag" hatte, nicht verlieren.

Antidepressiva sind Medikamente, die auf eine Langzeitwirkung ausgelegt sind. Man kann nicht mal eben was einwerfen und dann fühlt man sich besser. Die Wirkung tritt erst nach mehreren Wochen ein und man sollte dann auch eine längere Zeit dabei bleiben. Manchmal dauert es schon viele Wochen, bis man das richtige Medikament und die richtig Dosierung gefunden hat, auch die Nebenwirkungen sind nicht wirklich lustig.

Ich möchte jetzt gar nicht auf der Detailebene diskutieren (welches Medikament hilft wie – das Medikament, dass mir meine Ärztin verschrieben hätte wäre ein SSRI=selektiver Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer gewesen –, welche Nebenwirkungen sind schlimm und so weiter), das muss ich dann selbst herausfinden.
Ich würde gerne in die Runde fragen, wie es ist, wenn man sich auf ein Antidepressivum einlässt. Wie es sich anfühlt, ob man sich fremdgesteuert vorkommt, ob man noch "weiss" wie man sich fühlt, ob man sich tatsächlich gut fühlt oder nur irgendwie "anders". Wie lange es in etwa dauert, bis man einen stabilen Zustand erreicht hat (richtige Dosierung etc.). Und vor allen Dingen: ob und wie man denn überhaupt merkt, wenn es einem wieder besser geht.
Ich frage mich, ob es sich für mich lohnt, mich auf diesen nicht ganz einfachen Weg einzulassen und ich einen Fehler mache, wenn ich weiterhin versuche, aus eigener Kraft durch die Depression durchzukommen. Ich weiss, das kann körperlich und geistig beliebig anstrengend und zermürbend sein und man kommt sehr schnell an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit.

Vielleicht hat die eine oder die andere Lust, mir von ihren Erfahrungen zu berichten.
Gerne auch per PM.
Ich würde mich freuen.

Liebe Grüße

von Diana


edit: Wiederholungen gestrichen

Der Beitrag wurde von Diana bearbeitet: 28.Nov.2005 - 17:43
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Antworten
Diana
Beitrag 02.Dec.2005 - 14:09
Beitrag #2


Gut durch
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Vielen, herzlichen Dank für Eure Antworten hier im Forum und via PM.
Ich möchte gern kurz (und subjektiv) zusammenfassen, was meine Erkenntnis bis dato ist.

Ich glaube, ich sehe jetzt einiges klarer.
Ich habe über Eure Berichte ein Bild davon bekommen, wie moderne Antidepressiva (SSRI) wirken. Meine diffusen Befürchtungen, man würde irgendwie sediert durch die Gegend wanken und ansonsten kein Gefühl mehr für sich selbst haben, haben sich erfreulicherweise nicht bestätigt. Im Gegenteil, die Medikamente sind wirklich eine große Hilfe, weil sie genau da ansetzen, wo die Schwierigkeiten, die durch eine Depression entsehen, ihren Anfang nehmen: nämlich bei der Wahrnehmung. Man sieht die Welt durch einen Grauschleier, hängt in Grübeleien fest, sieht nur noch Schwierigkeiten und keine Möglichkeiten mehr. All das kostet Kraft und es besteht die große Gefahr, dass sich dieses System immer mehr selbst verstärkt.
Ich habe aus Euren Erfahrungen gelernt, dass Antidepressiva helfen, dass man wieder "klar" denken kann, dass man an seine Gefühle, die mehr und mehr hinter den grauen Mauern verschwinden, wieder herankommen kann.
Das ist etwas, das aus eigener Kraft– aus der Depression heraus – nicht zu leisten ist.

Was bleibt, sind Nebenwirkungen, die die Lebensqualität ganz erheblich beeinträchtigen können, und die nicht unaufwendige Suche nach richtigem Medikament und richtiger Dosierung. Hier ist es wichtig (was ich auch aus eigener Erfahrung bestätigen kann), dass man sich einen Arzt sucht, der sich gut auskennt und mit dem man gut zusammenarbeiten kann. Das ist nicht einfach, aber es ist ein wichtiger Punkt.

Mir ist auch klarer geworden, wie ich die Schwelle zur Entscheidung "Antidepressiva nehmen oder nicht nehmen" besser bestimmen kann. Ich glaube, man muss hier eine Art persönliche Bilanz ziehen, in die alle Faktoren rund um die Depression eingehen. Wie stark ist die Depression (leichtere Erscheinungsformen kann man gut auf andere Weise behandeln), wie ist meine Lebenssituation beruflich, privat und gesundheitlich (ist sie im Großen und Ganzen stabil oder gibt es außergewöhnliche Belastungen, denen ich mich stellen muss) und wie steht es um meine Kräfte (habe ich Möglichkeiten, regelmäßig meine "Batterien" aufzuladen oder laufe ich schon eine Weile auf Reserve). Jeder dieser Faktoren geht in die Bilanz ein. Über ein stabiles Umfeld kann ich viel abfangen, eine leichte Depression ist auch mit einigen Skills auszugleichen und es gibt Belastungen, die man mildern und sogar zeitweise vertagen kann bis es einem wieder besser geht.

Aber die Bilanz kann eben auch ganz anders aussehen.
Eine schwere Depression ist eine große psychische und physische Beeinträchtigung. Die Schwere der Erkrankung an sich kann schon eine Indikation für ein Medikament sein. Wenn ich mit der Depression sogar einigermaßen zurechtkäme (weil ich Übung darin habe oder mein Umfeld mich stark unterstützt), ich mich aber einer Herausforderungen gegenüber sehe, die mich schon im gesunden Zustand an die Grenze meiner Möglichkeit bringen würde, dann wäre für mich wohl der Zeitpunkt gekommen, die Unterstützung durch ein Antidepressivum in Anspruch zu nehmen.
Ich möchte damit nicht sagen, dass es einem erst ganz dreckig gehen muss, bevor man sich Hilfe durch ein Medikament holen darf. Das wäre völliger Blödsinn. Man muss vielmehr achtsam mit sich selbst sein und sehr sorgfältig beobachten, wo man steht.

Last but not least:
Mein "Naturheilmittel" gegen Depressionen ist Sport, und zwar leichter, regelmäßiger Ausdauersport (Radfahren, Laufen, Schwimmen). Es gibt sogar Studien dazu, dass Sport eine gleichwertige Wirkung wie ein Antidepressivum heben kann.
Bei mir entsteht aber leider (in schlechten Phasen) ganz schnell ein Henne-Ei-Problem. Depressionen fördern nicht gerade meinen Bewegungsdrang, sie verunsichern mich eher in der Motorik. Und so verliere ich – dann wenn es drauf ankommt – hier recht schnell den Faden.

Johanniskraut hat mir persönlich nicht geholfen. Außerdem habe ich die Nebenwirkungen (Lichtempfindlichkeit, Hautveränderungen) nicht vertragen. ;)

Nochmal vielen Dank an Euch alle.
Ihr habt mir sehr geholfen.

edit. Wort hat gefehlt

Der Beitrag wurde von Diana bearbeitet: 02.Dec.2005 - 14:11
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