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Beitrag
#1
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Adiaphora ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 1.987 Userin seit: 14.10.2004 Userinnen-Nr.: 596 ![]() |
Für alle, die sich nur noch dunkel erinnern oder damals noch nicht dabei waren: Der Link ins Wohnzimmer. Für alle, die einen Kaltstart bevorzugen: Wie passt die Kenntnisnahme eines drohenden Selbstwertbankrotts durch Arbeitslosigkeit (1), einer beobachtbaren Boykotthaltung wider Wellnessbegeisterung und bessere Vernunft (2) sowie einer Zunahme religiöser Fanatiker (3) in einen Kopf? Oder mit Goethe: Warum ist der Mensch noch immer nicht edel, hilfreich und gut? (4) Durch Zufall sind mir heute Dostojewskis "Aufzeichnungen aus einem Kellerloch" in die Hände gefallen, die eine Antwort vorschlagen, die ich ausgesprochen fruchtbar fand, um diskutiert zu werden:
Was denkt ihr? Ist der eigene Wille Ausdruck der Würde? Und wenn - warum ist es uns so wichtiger, unsere Mitmenschen einer allgemein verbindlichen Willenserklärung zu unterwerfen, statt ihre Würde zu respektieren? ______________________ (1) = Meinung zum Thema Arbeitslosigkeit: "arbeitslosigkeit ist auch immer der versuch, dem menschen seine individualität zu nehmen" (2) = Aussage zum Thema Nichtraucherinnenfreundliche Länder: "Und für den Ausdruck persönlicher Freiheit habe ich das Rauchen auch noch gehalten" (3) = Thema Angst vor Muslimen? (4) = Beitrag zum Thema Das Y-Chromosom im Kopf:"Egal was man tut, wer als Mann geboren ist bleibt genetisch immer ein Mann. Und das die Genetik große Auswirkungen auf unser Erleben und Verhalten hat, ist ja bekannt." |
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Beitrag
#2
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Adiaphora ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 1.987 Userin seit: 14.10.2004 Userinnen-Nr.: 596 ![]() |
Wie gut, dass ich nicht weiß, was die Philosophie will :D Drum nutze ich sie dreist nach meinem Gutdünken - und zwar als Gegengewicht und Gegensatz zur (empirischen) Wissenschaft. In der Wisselschaft wurde ich angehalten aus 5 Zeilen Primärtext 50 Seiten "wissenschaftliche Abhandlung" zu basteln - in der Philosophie bündelten sich (wenn ich Glück, einen guten Tag und die Nase im richtigen Buch hatte) 1000 Wörter in einem einzigen Begriff. Ich hab keine Ahnung, ob es heute noch wichtig ist, den ganzen "Kant" zu lesen. Allerdings weiß ich, dass man sich viel Chaos im Kopf erspart, wenn man es einfach tut. Das ist so ein wenig wie Buchhaltung, HTML-Codierung, Hemdenbügeln oder die Erfindung des Rades - entweder macht man alle Fehler eigenhändig oder man geht bei jemandem in Lehre, der's drauf hat. Und ein weiterer Grund, seine Aufmerksamkeit Kant statt den Feuilletons zu widmen: Man geht mit freiem Kopf und geradem Rücken nach Hause, statt Bibliotheken schultern zu müssen. ;) Trotzdem hast du sicher recht, dass das Herumreiten auf Begriffen für viele einfach nur abschreckend ist. In einem anderen Forum habe ich beispielsweise gerade den Wunsch nach einer für alle verständlichen Sprache ohne Fachbegriffe und intellektuelle Hürden gelesen. In einer PM an mich wurde die Vermutung geäußert, ich wolle Leute mit Worthülsen totquatschen. Nachdem ich also keine Anwort auf die Frage geben konnte, was die Philosophie will, beantworte ich diese Frage darum jetzt einfach stellvertretend für mich persönlich: Ich will lediglich das mitteilen, was in meinem Kopf ist und mich bewegt. Und wenn es mehrere Stunden gedauert hat, aus dem Kram dort einen deutschen Satz zu bauen, ist es doch irgendwie naheliegend, dass dieser Satz auch mehr als einmal gelesen werden muss, um mir in den Kopf gucken zu können. Hätte es in einen schmissigen Slogan mit amüsanter Anekdote gepasst, hätte ich den ja benutzt - geschworen! Der von dir gewählte Begriff "Verallgemeinerung" ist da übrigens ein klasse Bespiel. Über Verallgemeinerungen lässt sich nahezu alles "so ungefähr" mitteilen und eine gefühlte Übereinstimmung bei sehr vielen Menschen erzielen. Schwammige Weisheiten passen nahezu auf jede Realität und ebnen Unterschiede einfach ein, indem die einen bestimmten Fokus festlegen. "Abstraktion" nutzt das selbe Prinzip, arbeitet aber das Wesentliche statt des Augenscheinlichen heraus, indem sie die Unterschiede ganz genau betrachtet und in Beziehung setzt. Eine Verallgemeinerung wie "Mohamed war nur ein prophet. Gott will bestimmt nicht, dass wegen ein paar zeichnungen menschen sterben und bruder gegen bruder kämpft. Den wir alle stammen von adam ab!!" hat sicher gute Chancen bei vielen Menschen auf Übereinstimmung zu treffen. Und mit etwas Glück führt sie sogar zu einem gut gemeinten Missverständnis, das eine friedliche Koexistenz der Religionen zur Folge hat. Allerdings eignet sie sich wohl kaum dazu, kulturelle Unterschiede in einen respektvollen Dialog zu bringen. Kaum ein Christ würde sich zum Beten in eine Moschee schicken lassen, oder? So konkret "verallgemeinern" läßt sich Identität wohl einfach nicht, wenn sie jemanden persönlich betrifft. Allerdings zeigen sicher die meisten praktizierenden Moslems Verständnis dafür, dass Christen ihre Religion nach bestimmten Regeln gemeinsam praktizieren möchten. Um meine kurdische Nachbarin mit Respekt zu behandeln, muss ich also weder den Koran in arabisch lesen noch Sunniten von Schiiten differenzieren können. Es genügt völlig, mich in ihrer Küche an bestimmte Regeln zu halten, um weder sie noch ihre Familie zu beleidigen. Denn "Würde" ist kein Begriff, den man erst in den eigenen kulturellen Kontext übersetzen muss, um ihm Relevanz zuzuordnen. Und schon wieder bin ich im Kellerloch: Für die kurdische Nachbarin mag mein Lebenswandel noch so provokativ und unvorstellbar sein - sobald ich mich in ihrer Küche gegen meine Gewohnheit an ihre Regeln halte, macht sie aber unweigerlich die Erfahrung, dass ihr Empfinden für mich von Bedeutung ist und einen Unterschied macht. Darum gehts mir. Immer mehr Menschen existieren in Zusammenhängen, in denen sie nicht in der Lage sind, auch nur den geringsten Unterschied zu bewirken. Sie können sich auf den Kopf stellen, sich anstrengen oder toben - es erfolgt keinerlei Reaktion. Und ich glaube, dass sich dieser Zustand ganz fundamental gegen die menschliche Natur richtet und jedes Verantwortungsbewusstsein untergräbt. Wofür soll ich denn Verantwordung übernehmen, wenn ich nur ein Stiftchen ohne Bedeutung bin? "Selektieren, um nicht überflutet zu werden." Möglicherweise ja auch selektieren, um wieder sichtbar zu werden. In meinem unmittelbaren Umfeld ist die "Welt" noch immer bestimmbar. Ich kann Fragen stellen, Einkauftüten tragen, mich engagieren, Mittagessen kochen, lesen, Mechanismen beobachten, die mich aushebeln, Strategien entwickeln ihnen zu trotzen, Gemüse anbauen, türkisch lernen oder mir mit Kant den Kopf zerbrechen ... Ich bin mir sicher, dass dabei ganz von selbst vertrauenswürdige aufrechte Menschen aus den ferngesteuerten Idionen werden (falls es die überhaupt gibt und sie nicht nur ein Gespenst der Fernsteuerungsindustrie sind). _______________________ Nachtrag: Aus einem alten wahnsinnig pointierter TAZ-Artikel zur Angst der Deutschen vor Terroranschlägen:
Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 08.Feb.2006 - 15:43 |
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