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Beitrag
#1
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Strøse ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Admin Beiträge: 10.010 Userin seit: 27.08.2004 Userinnen-Nr.: 166 ![]() |
Zwei Passagierflugzeuge steuern in das wirtschaftspolitische Phallussymbol der USA, auf den friedlichen Weiten schottischer Felder liegen kokelnde Flugzeugbauteile, selbst in mediterranen Traditionsbadeorten scheint man sich seines Urlauberlebens nicht mehr sicher sein zu können.
Bildgewaltig und dank transaltlantischer Detailverliebtheit oft recht ungefiltert präsentiert, erreichen uns in immer höherer Frequenz wahre Horrorszenarien menschlicher Verendungskunst - vermehrt zunächst live und überall dabei, als Brennpunkt im Anschluss an die Tagesschau, danach in ebenso zahl- wie tränenreichen Augenzeugenschilderungen und ungeheuerlichen Investigativberichten und schlußendlich als unvermeidlicher Blockbuster auf heimischen Flachbildschirmen, bevorzugt anlässlich ohnehin kaum zu umgehender Gedenktage. Psycho. Täterprofil: freundlicher, unauffälliger Nachbar, Kommilitone, Mitpassagier. Wie kompliziert genug wäre das Leben schon ohne Angst vor der Angst? Keine konstruktive Antwort darauf jedenfalls verspricht der neuerliche Entschluss der Intendantin der Deutschen Oper Berlin, die Neuenfelsinszenierung von Idomeneo auf Empfehlung des Landeskriminalamts hin vom Spielplan zu nehmen. *klick* Abgesehen vom Sujet des Mozartwerks (wiki-IA), in dem es um den Sinn, den Preis und die Macht des Opferns geht: wie gefährlich (politisch, provokativ,... beliebig fortsetzbar) soll Kunst denn sein? Ist es nicht nur ein gewaltiger Beschnitt der Darstellungsfreiheit, sondern auch die Schaffung verderbenbringender Unsagbarkeiten? Eine subtilere und doch wenig intellektuelle Ausdrucksform des Paranoiaterrors? Wie sicher wollen, dürfen wir uns wähnen lassen? |
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Beitrag
#2
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Ich will Durchblick! Darum ist meine Brille von MrsM! ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 1.467 Userin seit: 24.08.2004 Userinnen-Nr.: 9 ![]() |
Gut, das wird jetzt ein bisschen Off-topic. Und ein bisschen lang. Ich lade trotzdem ein zum Genaulesen. Danke, ganz lieb. ;)
Ein mir wichtiges Detail, das leider zumindest in den Medien untergeht, ist die Neuenfels'sche Sicht auf Mozarts und Varescos "Idomeneo" als eine Art "Gegen-Hamlet" (O-Ton Regisseur). Ich finde es beklagenswert, dass die Inszenierung vor lauter "Der-Islamismus-ist-an-allem-Schuld" gekippt wird und nicht – Achtung! Jetzt kommt's! – aus künstlerischer Verantwortung vor dem Werk. Was haben wir? Eine Oper, in der der Titelheld lernt, dass seine blinden Versprechungen Konsequenzen haben: Idomeneo gelobt Gott Neptun, wenn der ihn aus Seenot rette – ja, wer hat den für den Sturm gesorgt, wenn nicht der Gott eigenpersönlich? –, wolle er, der kretische König, das Erste opfern, das ihm am Strand begegnet. Hoheit hatten vermutlich an eine Möwe gedacht oder vielleicht eine nicht weiter wichtige Fischermaid. Ein König darf das. Dummerweise begegnet ihm ausgerechnet sein Sohn, Idamante. Und nun sitzt Idomeneo in der Klemme. Das Ganze löst sich natürlich nur via "Deus ex Machina", Neptun verzichtet im letzten Moment auf das Opfer, das Idamante anzutreten bereit ist. Aber Idomeneo muss die Krone an den Sohn abgeben. So. So weit, so so gut, so Aufklärung. Regisseur Neuenfels will aber partout einen "Gegen-Hamlet" (was immer er darunter verstehen mag, für ihn ist jedenfalls unabdingbar, Buddha, Jesus, Muhammad und Neptun auf die Bühne zu bringen und sie in einer Art Epilogszene ihren Kopf verlieren zu lassen). Dass die genannten vier Herren im Opernlibretto gar nicht persönlich vorkommen (auch Herr Neptun lässt sich via Oberpriester und Orakelstimme vertreten und ist vermutlich nach Diktat verreist), macht ja nüscht. Die kann man ja zwecks inszenatorischer Überhöhung und Anwendbarkeit auf unsere heutige Gesellschaft flugs durch ein paar Herren der Statisterie darstellen lassen. Aber für mich, bitteschön, geht das zu weit. Nicht, weil man nicht irgendwelchen dahergeloffenen Statisten um der Kunst willen den Kopf abschlagen darf. Sondern weil genau dieses Kopfabschlagen den Sinn und Geist der Oper nicht trifft. Warum das denn nicht? Loslösen von überkommenen Göttervorstellungen, Machtstrukturen, Eigenverantwortlichkeit, klingt doch alles super! Ja, Kuchen. Wie löst sich den in der Neuenfels'schen Sicht Idomeneo aus den alten Strukturen? Er bringt den Gott (und seine "Kollegen") eben einfach ein bisschen um. Fertig. Gewiss, das ist etwas anderes, als dem Gott (welchem auch immer oder dem Propheten vom Dienst) die Angelegenheit vertrauensvoll zu überlassen. Aber es ist eben doch nichts anderes, im Prinzip. Es ist immer noch Gewalt. Männergewalt, wenn wir so wollen: Kopf ab, das ist auch weiterhin die Lösung. Dass Idomeneo mittlerweile ja entmachtet ist (wir erinnern uns, er hat die Krone abgegeben), tut da anscheinend nichts zur Sache. So gesehen handelt er als Privatmann. Eine kleine, billige Rache. Mehr nicht. Wo ist da die Aufklärung, wo ist die veredelnde Erkenntnis, dass man andere nicht als Pfand und Spielball der eigenen Interessen (oder nun, im Fall Idomeneos, als Symbol des eigenen religiösen Desinteresses) missbraucht? Eben. Und deshalb finde ich es beklagenswert, dass diese Inszenierung zum Kollateralschaden der Islamismusdebatte wird anstatt dass sie als das erkannt wird, was sie – meiner Meinung nach – ist: Ein mieses Spiel. Schöne Grüße von blaustrumpf |
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Vereinfachte Darstellung | Aktuelles Datum: 07.07.2025 - 14:34 |