![]() |
Willkommen, Gast ( Anmelden | Registrierung )
Du kannst deinen Beitrag nach dem Posten 90 Minuten lang editieren, danach nicht mehr. Lies dir also vor dem Posten sorgfältig durch, was du geschrieben hast. Dazu kannst du die "Vorschau" nutzen.
Wenn dir nach Ablauf der Editierzeit noch gravierende inhaltliche Fehler auffallen, schreib entweder einen neuen Beitrag mit Hinweis auf den alten oder wende dich an die Strösen.
Diese Webseite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Webseite erklärst du dich mit der Verwendung von Cookies einverstanden.
![]() |
![]()
Beitrag
#1
|
|
Satansbraten ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 550 Userin seit: 25.08.2004 Userinnen-Nr.: 55 ![]() |
Hallo in die Runde.
Die wollen doch tatsächlich die Oper aus dem Repertoire des Deutschen Nationaltheaters in Weimar streichen! Aus dem Dreispartentheater soll ein reines Sprechtheater werden. Als ob das altehrwürdige Klassikerkaff nur Goethe und Schiller wäre - was ist mit Liszt, Hummel und Bach? Es gibt eine Petition für den Erhalt des kulturellen Angebotes: Rettet das DNT - Petition! Bitte unterschreibt und sagt es weiter! Mit freundlichen Grüßen, Gilgamesch |
|
|
![]() |
![]()
Beitrag
#2
|
|
Schlaudegen. ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() Gruppe: Members Beiträge: 4.102 Userin seit: 25.08.2004 Userinnen-Nr.: 71 ![]() |
Mangelndes Interesse an Hochkultur – wenn man dies denn als Mangel verstehen will.
Ist sicher vielschichtiger als die Frage nach der Haushaltskasse.. Meine Grossmutter wuchs mit 7 Geschwistern in karger Armut auf – und war dennoch kundig wie begeistert von klassischer Musik, Oper, Theater, Geschichte, obwohl sie nie so recht über Verhältnisse hinaus kam, in denen sie sich den Besuch solcher Veranstaltungen weiterhin verkneifen musste. Vielleicht, weil sie Kultur als etwas gemeinsames begriff, von dem auch sie zumindest träumen durfte. Vielleicht auch, so paradox es ist, weil die gleichzeitige Akzeptanz von Kunst als einer eben nicht egalitären Sache die weniger privilegierten mit ihr versöhnte? Keine Erwartungen, die Kunst habe mich zu repräsentieren. Oma wollte gar nicht ihre eigene Misere auf der Bühne sehen, so wurde der elitäre Kern der Hochkultur nicht als zurückweisende Geste empfunden. Kunst war Entrückung – Zuflucht. Wann ging nun dieses Interesse auf breiter Front zurück? Im Krieg? In schlechten Zeiten? Wohl eher in den guten. Wirtschaftswunder, Studentenrevolte. Individualisierung. Bräsige Selbstgenügsamkeit im Reihenhaus. Peter Alexander kommt zu mir, was soll ich da ins Theater gehen. Unterhalten-lassen statt ein-. Was interessiert mich das? Ich will a.) jeden Tag Fleisch essen und den Abteilungsleiter für mich denken lassen oder b.) struppig rumlaufen, wild und gefährlich spielen und dafür gefälligst einen Soundtrack haben. Ich ich ich. Maulhelden und schweinsäugige Kochwurstjunkies in überfressen-friedlicher Koexistenz gegen eine komplizierte Welt . Die Verflachung wurzelt in der soliden Vorstadt, selbst wenn sie gelegentlich nach Kreuzberg auswandert. Und die Kunst – wird Egoprojekt. Anale Phase, guck mal was ich kann. Ganz ohne üben. Ich mach die Schauspieler nackig und hau Goethe seinen Sandkuchen kaputt. Nicht mehr armer Poet – Lofts werden schick, Künstler kriegen jetzt auch Mädchen ab, wer sonst kommt ohne 8-Stunden-Tag auf Staatskosten nach Rom oder New York? Alldieweil die Herrlichkeit in Bonn mit vollen Händen verteilt wird und sich die Hochkultur daran gewöhnt, von einer desinteressierten Bevölkerung kommentarlos durchgefüttert zu werden. Zu dieser Zeit auch gern mal ein herbeiphantasiertes unterdrücktes Massenproletariat repräsentierend, gegen einen spiessigen Mittelstand verteidigend - der aber eben die tatsächliche Masse ist, und ausserdem die Hand die einen natürlich immer noch gerne füttern darf – und sich somit endgültig vom Volk verabschiedend. Dass eine solche gemischte Saat besonders üppig spriesst, wenn nun viele Menschen tatsächlich wieder die berühmten anderen Sorgen haben – nicht verwunderlich. Aber wo Oma eben noch auf Kultur zurückgriff und dort inneren Halt fand… warum bleiben die Abonnentenplätze denn heute eigentlich leer? Wirklich weil die, die heute verarmen nicht mehr hingehen? Oder kommen die vielleicht schon seit 35 Jahren nicht mehr, und es sterben bloss die Senioren weg, für die Kultur auch zum kleinen Wohlstand dazugehörte? Entkoppelt haben sich Volk und Hochkultur schon viel früher – gegenseitig. Weil das eine das andere nicht mehr nötig hatte, zu haben glaubte? Will man denn wirklich das Volk in der Oper haben, in jeder Hinsicht? Oder will man bloss dass das Volk Karten kauft und Subventionen zahlt, und der eigentliche Austausch findet weiterhin mit dem ”richtigen” Publikum statt, dessen Lebenswirklichkeit man eher teilt? Das (und da wirds dann eventuell doch wieder eine soziale Frage) keine gesellschaftlichen Bezüge vermisst, weil es selber keinen nötig hat? Das Musse hat den hehren, angeregten Kunstgenuss im Auge spiegeln zu haben , so dass hier eben die angenehmere, interessantere Gesellschaft für die Premierenfeier oder Vernissage zu finden ist, als in jemandem dem anzusehen ist, dass man eben nicht die künstlerische Kraft hat (welch peinlicher Gedanke), eine Hartz IV – Existenz auch nach dem Vorhang aufzuhellen? Will das Volk nach jahrzehntelanger Verflachung zur Vertiefung zurück und wieder genau hingucken lernen? Was würde es dann wohl alles zu sehen bekommen? Und will die Hochkultur eine Auseinandersetzung mit einem breiteren Publikum, für das eben keine Entrückung mehr reicht (die gibt´s im Fernsehen mundgerechter), und von dem man sich ja im Grunde tunlichst unterscheiden will? Würde man das Volk am Ende bloss wütend machen wenn man ihm inhaltlich Rechnung trüge? Wenn aber das Volk der Kultur inhaltlich Nische wird, und die Kultur dem Volke finanziell – ist´s vielleicht Gesundungszeit? |
|
|
![]() ![]() |
Vereinfachte Darstellung | Aktuelles Datum: 19.05.2025 - 15:30 |