Out oder in?, ...oder: wer weiss es? Einstellungen

[-Agnetha-]

Die Überschrift des Themas ist nicht so ganz passend, aber mir ist keine bessere eingefallen.
Ist mehr der Einstieg ins Thema.

Also ich dachte eigentlich ich wäre geoutet, das heißt: meine Mutter und mein Freundeskreis weiß Bescheid.
Geoutet sein heißt für mich aber auch, dass man in der Öffentlich dazu stehen kann. Und ich bin mir nicht so ganz sicher, ob ich das kann.

Einerseits bin ich sowieso der Meinung ich muss nicht jedem auf die Nase binden, dass ich Frauen liebe. Der Busfahrer oder mein Kurstrainer muss es zum Beispiel nicht unbedingt wissen. Das hat aber, finde ich, nicht unbedingt etwas damit zu tun, ob ich dazu stehe oder nicht, sondern nur damit wie ich mit Privatem umgehe.
Es gibt ja Menschen die gerne jedem sofort erzählen ob sie vergeben sind, dass sie grade Streit mit ihrem Partner haben, usw. Und zu denen gehöre ich nicht grade.

Mir ist jetzt aber aufgefallen, dass es mir irgendwie unangenehm ist, zum Beispiel im Zug-Abteil ein Buch mit eindeutig lesbischem Inhalt zu lesen. Und das verunsichert mich. Ich weiß nicht warum es mir peinlich ist, war aber so.
Seltsam ist, dass es mir nicht peinlich wäre, mit einer Frau händchenhaltend im Zug zu sitzen. Es war mir auch kein bißchen unangenehm auf der Regenbogenparade mitzugehen. Liegt wahrscheinlich daran, dass ich in diesen Situation nicht alleine bin.

Vielleicht kann mich ja jemand verstehen?!

Ich erwarte mir eigentlich keine Ratschläge, sondern wollte mehr eure Meinung und Erfahrungen hören.
Vielleicht lässt sich darüber ja ein bißchen diskutieren.

Der Beitrag wurde von -Agnetha- bearbeitet: 05.Sep.2004 - 21:25

[Lisabeth]

Als ich merkte, ich hab mich in eine Frau verliebt, war ich verheiratet mit zwei Kindern. In dem Moment gab es für mich gefühlsmäßig nur zwei Möglichkeiten - den kompletten Rückzug oder sehr offensives Outen...
Da ich nur schlecht mit meinen Gefühlen hinterm Berg halten kann, entschloss ich mich zu letzterem, zumal ich auch nicht wollte, dass meine Eltern über Dritte eingeweiht werden (Exschwiegereltern zum Beispiel.. ;) ).

Als ich meine Freundin kennenlernte war es dann für mich sowieso klar, dass ich das nicht irgendwie geheim halten möchte, zumal, versteck sowas mal vor zwei Jungs?!
Und ich wollte nicht, dass die beiden in die merkwürdige Situation kommen, sich bei Oma und Opa oder so zu "verplappern" und am eigenen Leib zu spüren, dass da irgendwas komisch ist mit ihrer Mama. Der Große (10) findet es im Moment sowieso oberpeinlich..
Aber der offene Umgang mit ihnen hat sich ausgezahlt, sie haben meine Freundin total gern, der Kleine (7) verdrückt regelmäßig ein paar Tränen, wenn sie wieder gehen muss (Fernbeziehung.. :( ).

Da meine Eltern in einem superkatholischen Winkel dieser Republik wohnen, ist es dort eher schwierig, ich hab es dort nur meinen paar engsten Freunden erzählt, und eben der engeren Verwandtschaft. Ich hasse Versteck spielen! Aber da ich sehr selten da bin und bisher auch immer "solo" ist es so auch für mich einfacher.

Aber hier (Berlin, ein Glück), geh ich ganz offen damit um, und obwohl ich mich manchmal noch ein wenig komisch fühle, als ob jedeR nun uns anstarren würde, genieße ich es doch sehr, auch in der Öffentlichkeit offen mit meinen Gefühlen umzugehen (Händchen halten, umarmen,..).
Und für die Menschen, mit denen ich ständig zu tun habe, war es mir schon wichtig, dass sie es wissen, gerade aus der etwas speziellen Situation raus..
Schließt auch die Erzieherin/Klassenlehrerin des Kleinen mit ein, ich glaub, das war der eher schwerere Moment des Outens. Wobei es total nett endete, da die Erzieherin nur mit den Schultern zuckte und meinte, sie hätten da kein Problem damit, vor einem Schuljahr haben sich eine Mutter und eine Lehrerin ineinander verliebt, und die lebten mittlerweile zusammen!

Sicher, einige "Freunde" haben sich dadurch zurückgezogen, es gab Unverständnis grad im Bezug auf den Punkt, dass ich "deswegen" meine Familie "zerstöre". Nur, eine Freundschaft hätt ich auf der Basis sowieso nicht weiterführen können... Und glücklicherweise brauchten ein paar dann doch nur ein wenig Abstand und Zeit, um darüber nachzudenken.

Ich erzähl es nun nicht ungefragt jedem, der es nicht wissen will, aber wenn es sich irgendwie im Gespräch ergibt hab ich kein Problem damit. Und manchmal macht es mir auch durchaus Spaß, wenn ich merke, dass die Leute durch die etwas missverständliche Formulierung "meine Freundin" auf der falschen Fährte sind, dieses richtig zu stellen..
Aber richtig schlechte Erfahungen hab ich eigentlich kaum gemacht. Außerdem fühl ich mich sehr wohl in meiner Haut, ich seh auch nicht ein, dass ich da irgendwas verstecken müsste!!
:rolleyes: