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> !!! Vorsicht, Thema kann triggern !!!, Das Zerren um Terry Schiavo
Fledi
Beitrag 27.Mar.2005 - 23:52
Beitrag #61


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QUOTE (sacinema @ 27.Mar.2005 - 21:43)
Ich wäre mir nicht so sicher, dass in Deutschland eine private Krankenversicherung dies nicht auch ablehnen könnte. Kenne mich mit der amerikanischen Krankenversicherung nicht gut aus, aber wenn es sich um Risikoversicherungen handelt, ist das durchaus denkbar. Sicherlich nicht schön, läge dann aber in der Natur der Versicherung. In D. wird es HIV-Positiven auch - bin mir nicht sicher, ob generell - zumindest bei einigen Versicherungen nicht ermöglicht, eine Lebensversicherung abzuschließen. Und mit einer bekannten HIV-Infektion eine private Krankenversicherung abzuschließen, dürfte, wenn überhaupt, nur unter erheblichen Risikozuschlägen möglich sein.

Guten Abend,

zum Thema Deutschland und seine Versicherungsgrundsätze:

Lebensversicherung:
keinem diagnostizierten HIV-Positiven wird es möglich sein, bei irgendeiner Versicherungsgesellschaft eine Lebensversicherung abzuschließen. Eine Versicherungsgesellschaft entscheidet nach Risiko. Da im "Schadenfall" eine Leistung erbracht wird, wird man keinen Menschen mit schwerwiegender Erkrankung versichern, die nachweislich zum Tode führt. Zum einfacheren Verständnis: eine Sachversicherung wird ebenso kein Gebäude gegen Feuer versichern, welches bereits brennt.

Desweiteren werden schwerwiegende Erkrankungen gerne ausgeschlossen. Risikozuschläge werden von einigen Gesellschaften auf den zu zahlenden Beitrag erhoben, welche sich allerdings eher auf Absicherungen gegen Berufsunfähigkeit beziehen. Auch hier arbeitet man gerne mit Ausschlüssen.

Täuschungsversuche aller Art sind gesetzlich nicht vertretbar:

§ 22 VVG Täuschungsanfechtung; § 163 VVG Verletzung der Anzeigepflicht
- in beiden Fällen bleibt der Versicherer leistungsfrei

Krankenversicherung:

ein HIV-positiver Mensch wird keinerlei private Krankenversicherung beantragen können, genauso sieht es bei anderen schwerwiegenden Erkrankungen aus.
Da in der privaten Krankenvollversicherung nicht mit Leistungsausschluss gearbeitet werden kann, werden solche Antragsteller umgehend abgelehnt. Einen Risikozuschlag wird es nicht geben, da die Behandlung eines AIDS-kranken Patienten im Endstadium bereits die 20.000 EUR Grenze überschreitet. Genauso sieht es bei anderen schwerwiegenden Erkrankungen aus.
Auch hier greift wieder die vorvertragliche Anzeigepflicht nach oben genannten Paragraphen.

Zur Schwangerschaft und Geburt:

Der Versicherungsschutz einer privaten Krankheitskostenvollversicherung orientiert sich am fünften Sozialgesetzbuch und erweitert seinen Krankenversicherungsschutz in verschiedenen Bereichen. Somit erstreckt er sich u.a. auf die Untersuchung und medizinisch notwendige Behandlung wegen Schwangerschaft und die Entbindung (§1 Abs. 2a MB KK - private Krankenversicherung)
Erleidet ein Elternteil im Laufe seiner Versichertenzeit eine Krankheit wie HIV o.ä. so wird auf das Neugeborene kein Zuschlag bzw. Ablehnung erhoben, wenn es spätestens zwei Monate nach Geburt rückwirkend versichert wird
(§178d Abs. 1 VVG)

Die privaten Gesellschaften haben vor kurzem erklärt bis vorerst 2011 auf Gentests zu verzichten und somit ist es für jene nicht möglich einen Schwangerschaftsabbruch zu fordern oder mit Leistungsausschluss zu drohen.
Im Gegenteil. Die privaten Krankenversicherungsgesellschaften ermöglichen durch eine gemeinsame Öffnungsaktion deutschen Beamten, welche freiwillig in der gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, den Wechsel. Hierbei werden alle Krankheiten ohne Ausschluss akzeptiert und ein maximaler Beitragszuschlag von 30% erhoben, wobei es gleich ist, ob der zu Versichernde HIV-Positiv ist, an einer Erbkrankheit leidet oder ähnliches.
Genauso sind private Krankenversicherungen gezwungen bei einer erstmaligen Verbeamtung zu reagieren.

Den gesetzlichen Krankenversicherungen ist es nach dem SGB V ebenso nicht möglich einen Schwangerschaftsabbruch zu fordern, bzw mit Leistungsausschluss zu agieren.

Allerdings werden hier Leistungen bei Schwangerschaftsabbruch lt § 24b Abs. 3 übernommen. Hier heißt es:

"Im Fall eines unter Vorraussetzungen des § 218a Abs. 1 des StGB vorgenommenen Abbruchs der Schwangerschaft haben Versicherte Anspruch auf die ärztliche Behandlung über die Erhaltung und den Abbruch der Schwangerschaft, die ärztliche Behandlung mit Ausnahme der Vornahme des Abbruchs und der Nachbehandlung bei komplikationslosem Verlauf, die Versorgung mit Arznei-, Verband-, und Heilmitteln, sowie auf Krankenhausbehandlung, falls und soweit die Maßnahmen dazu dienen,
1. die Gesundheit des Ungeborenen zu schützen, falls es nicht zum Abbruch kommt
2. die Gesundheit der Kinder aus weiteren Schwangerschaften zu schützen oder
3. die Gesundheit der Mutter zu schützen, insbesondere zu erwartenden Komplikationen aus dem Abbruch der Schwangerschaft vorzubeugen oder eingetretene Komplikationen zu beseitigen.
..."

Nach §27a Abs. 1 SGB V werden ebenso Leistungen für künstliche Befruchtung erbracht und hier bei steht in keinem Gesetz, dass dieser Vorgang abgebrochen wird, sobald eine erhebliche Krankheit des Neugeborenen zu verzeichnen ist. Die Kriterien sind klar definiert.
So dürfen zwar nur verheiratete diese Leistung in Anspruch nehmen und es dürfen auch nur Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden, jedoch werden hier Erbkrankheiten sowie Vorerkrankungen aussen vor gelassen.
Die privaten Krankenversicherer leisten ebenso nach Vorgabe des fünften Sozialgesetzbuches auf dieser Grundlage weiterhin für eine erneute künstliche Befruchtung, da ein Geschwisterkind ermöglicht werden muss.
Auch hier finden Vorerkrankungen keinen Ausschluss.

Wie sich diese Gesetze in Zukunft ändern werden, möchte ich nicht beurteilen und Gentests seinen Nutzen zuzusprechen liegt mir fern, dennoch wäre es interessant darüber zu diskutieren, inwiefern sich Gesetze dem elterlichen Wunsch auf ein Kind widersetzen können und dürfen.

Vor vier Jahren habe ich in einer Psychatrie gearbeitet, die teils in betreutem Wohnen, teils in geschlossener Anstalt gehalten wurde. Dort wurde ganz eigen mit den Patienten umgegangen: wem dauerhafter Ausgang gewährt wurde, bekam eine Spritze zur dreimonatigen Verhütung. Ob dies nach den Moralvorstellungen der Deutschen in Recht oder Unrecht ausartet möchte ich ebenfalls nicht beurteilen, denn wissen wir, was der Kinderwunsch einer geistig behinderten Frau oder Paares bedeutet?

Liebe Grüße
Lilith

Quellen: Allgemeine Versicherungsbedingungen (25. Musterbedingungen für die Krankheitskostenversicherung (MB/KK 94); Versicherungsvertragsgesetz 43. Auflage; SGB V Gesetzliche Krankenversicherung, Beitragsentlastungsgesetz, sowie die Ärztezeitung

Der Beitrag wurde von LilithBerlin bearbeitet: 27.Mar.2005 - 23:58
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Rehauge
Beitrag 28.Mar.2005 - 08:35
Beitrag #62


Gut durch
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QUOTE (DerTagAmMeer @ 27.Mar.2005 - 23:51)

QUOTE (abendblatt)
Terris Eltern werfen ihrem Schwiegersohn vor, der inzwischen mit einer anderen Frau liiert ist und mit dieser ein Kind hat, dass er Terri nur sterben lassen wolle, um an das Geld zu kommen. Sie haben vorgeschlagen, dass sich Michael von ihrer Tochter scheiden lassen und ihnen die Pflege überlassen soll, "bis sie eines natürlichen Todes stirbt oder aus dem Koma erwacht". Das lehnt Michael Schiavio entschieden ab, da er sich verpflichtet fühlt, den Willen seiner Frau, der jedoch nirgendwo schriftlich festgelegt ist, zu erfüllen. Der Ehemann hat versprochen, alles Geld aus dem Kunstfehler-Prozess, das nach Abzug der Gerichtskosten noch übrig ist, für wohltätige Zwecke zu stiften.

nach der fragwürdigkeit dieser ganzen angelegenheit hatte ich es lediglich nicht verstanden, warum die einschätzung, der mann wolle deine frau nur loswerden als unzulässig angesehen wurde.

unter diesem Aspekt, erscheint mir das Verhalten der Eltern als ebenso fragwürdig.
Klar ist, dass diese beiden Parteien miteinander zerstritten sind ... Mir scheint eine Diskussion oder ein Fragenaufwerfen über die privaten Motive der einen oder anderen Parteien, als äußerst spekulativ, zudem triggergefährdend, weil sie eine Menge Projektionsfläche anbieten würden und schlussendlich unfruchtbar für die generelle Frage, wie weit Sterbehilfe gewährt werden sollte und wie eine Gemeinschaft mit den Kosten umgehen soll, welche die medizinischen Un-Möglichkeiten aufwerfen. . . Die wirklich betroffene Terry Schiavo, beispielhaft für viele andere Einzelschicksale, wird uns vermutlich auch in Zukunft nicht sagen können, worüber sie dankbar ist und worunter sie bis ins unermessliche leidet. Sie ist verpflichtet alles mit sich ergehen zu lassen.

Rehauge
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DerTagAmMeer
Beitrag 28.Mar.2005 - 13:29
Beitrag #63


Adiaphora
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QUOTE (Rehauge @ 28.Mar.2005 - 08:35)
Mir scheint eine Diskussion oder ein Fragenaufwerfen über die privaten Motive der einen oder anderen Parteien, als [...] schlussendlich unfruchtbar für die generelle Frage, wie weit Sterbehilfe gewährt werden sollte und wie eine Gemeinschaft mit den Kosten umgehen soll, welche die medizinischen Un-Möglichkeiten aufwerfen.

Stimmt.
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Rehauge
Beitrag 28.Mar.2005 - 13:45
Beitrag #64


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QUOTE (LadyGodiva @ 24.Mar.2005 - 22:55)
Lange Bettlägerigkeit ist in der Regel mit nosokomialen (durch das Krankenhaus verursachten) Infekten assoziiert - in der Regel Tod durch Kreislaufversagen am Ende einer langen "Liegeperiode". Zwar ist der Eintritt nicht näher zu prognostizieren als "es wird der Lauf der Dinge sein", aber es ist eine erfahrungsbasierte "Perspektive" für Schwerstkranke. Je älter der Mensch, desto schwächer in der Regel die Möglichkeiten des Körpers, den Gefahren einer Infektion Widerstand entgegenzusetzen. Wenn also bei Eintritt einer solchen "nosokomialen" Infektion oder einem notfallmedizinischen Ereignis (Rea) eine Entscheidung gegen eine therapeutische Intervention getroffen wird und dies im "Sinne" der betroffenen Person ist, kann ich diese mehr oder weniger gut mittragen.

Terry Schiavo hat - wie viele andere WachkomapatientInnen ebenfalls - einen jungen, gesunden Körper mit einem kräftigen Herz-Kreislaufsystem, oder? Sie könnte also bei guter Pflege durchaus um die 100 Jahre alt werden !?

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LadyGodiva
Beitrag 28.Mar.2005 - 13:53
Beitrag #65


Strøse
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diese Frage ist schwer zu beantworten: natürlich hat sie ein recht junges HK-System, das durch die Liegeperiode vermutlich recht stabil ist (mir ist ihre Epikrise nicht bekannt).
Allerdings ist sie ebenso anfällig für Thrombosen, Embolien oder die einfache Entwicklung einer "wundgelegenen" Stelle (welche uU auch Lebensgefahr bedeuten kann, je nachdem, in welchem Zustand sie sich befindet) wie jeder andere Liegepatient auch. Zudem schafft eine gerade durch das andauernde Liegen nicht kontinuierlich ganz belüftete Lunge gute "Brutstätten" für Krankheitserreger.
Eine "normale" Lebenserwartung ist daher nicht ausgeschlossen, nach meiner Einschätzung aber unwahrscheinlich.
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Leonie
Beitrag 28.Mar.2005 - 17:27
Beitrag #66


Naschkatze
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Das Thema war auch gestern Abend wieder "groß angesagt". Es scheint so, als ob Mrs. Schiavo zum allgemeinen Gesprächsstoff schlechthin geworden ist, in der Kneipe, im Kiosk ....

Ich war die erste, die auf den Ursprungseintrag geantwortet hat, ihre Meinung geäußert hat und ich schäme mich dafür mittlerweile.

Ich fühle mich als Mittäterin in diesem Medienspektakel. Die Gewinnerin ist mit Sicherheit nicht diese arme Person, die in so einem Zustand "zur Schau" getragen wird.

Mir wird einfach nur noch schlecht, wenn ich das lese (in der Zeitung, nicht hier), höre und sehe....



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Rieke
Beitrag 29.Mar.2005 - 08:57
Beitrag #67


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Lange habe ich überlegt, ob ich zu diesem Thema auch etwas "sagen" möchte.
Ich finde es schon mehr als furchtbar, dass die Frau jetzt verdursten und verhungern muss, denn das halte ich nicht für ein "normales" Sterbenlassen.
Ich verstehe die Eltern sehr gut, dass sie nicht loslassen möchten, sie ist ihr Kind.

Nachdenklich macht mich auch, warum der Mann 15 Jahre gewartet hat, um diese Entscheidung zu treffen, wenn er es doch mit seiner Frau schon im Vorfeld besprochen hat, wie in einer solchen Situation zu verfahren ist?!

Ich denke, es ist ein Unterschied, lebenserhaltende Maschinen abzustellen, die eine Herz-Lungen-Funktion erhalten. Das Sterben nach Ausschalten dieser Maschinen ist meist innerhalb von 60 Minuten "vollzogen", wobei der Patient vorher tief sediert wird, damit er von diesem Sterben nichts mitbekommt.

Das Weglassen von Nahrung und Flüssigkeit ist ein langsamer und grausamer Prozess des Sterbens, wie viel Terry Schiavo davon mitbekommt, wer will das sagen? Sie wird sicherlich Medikamenten bekommen, die diese Wahrnehmung abmindern, aber in welchem Maße?
Alles in allem macht mich diese Vorgehensweise mehr als nachdenklich, trifft mich emotional.

Ich wünsche dieser mir unbekannten Frau, dass sie hoffentlich nicht so viel von diesem ihrem Leid mitbekommt und bald sterben kann.
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Willow71
Beitrag 29.Mar.2005 - 10:26
Beitrag #68


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QUOTE (Rieke @ 29.Mar.2005 - 09:57)
Nachdenklich macht mich auch, warum der Mann 15 Jahre gewartet hat, um diese Entscheidung zu treffen, wenn er es doch mit seiner Frau schon im Vorfeld besprochen hat, wie in einer solchen Situation zu verfahren ist?!

Heu, soweit ich weiß, versucht er das bereits seit 7 Jahren. Auch so stellt sich natürlich die Frage, warum er 8 Jahre gewartet hat.

Und: Sie soll angeblich Morphium gegen die Schmerzen kriegen, so gestern n-tv.

Mich widert das alles an. :(
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shark
Beitrag 29.Mar.2005 - 13:00
Beitrag #69


Strösenschusselhai
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Mir stellt sich eine grundsätzliche Frage: nämlich die, wo Mensch-sein beginnt und aufhört; wo es nur noch um einen menschlichen "Körper" geht. Ich denke, das ist das eigentliche Problem; nehmen wir mal an, es meinten es alle "gut" mit Mrs. Schiavo und hätten lediglich unterschiedliche Auffassungen davon, wer/was ein Mensch in ihrem Sinne sei und wer/was nur noch ein Körper...?
Letztlich weiß das keine von uns; überhaupt niemand wirklich....
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sacinema
Beitrag 29.Mar.2005 - 19:03
Beitrag #70


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Michael Schiavo hat bis 1994 gekämpft, erst dann wurden - laienhaft ausgedrückt - die Versuche eingestellt, Mrs. Schiavos Zustand durch Therapie zu verbessern. 1998 begannen die juristischen Auseinandersetzungen, um das Entfernen der Magensonde. Ich denke, es sollte einem Angehörigen schon erlaubt sein, sich eine solch schwerwiegende Entscheidung reiflich zu überlegen.
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Taxus
Beitrag 29.Mar.2005 - 19:16
Beitrag #71


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ich habe mal einen film über einen gelähmten mann gesehen, der nur noch eine bewegung willentlich durchführen konnte: Zwinkern mit einem Auge. Er war geistig voll da, und konnte sich mitteilen, in dem er zwinkerte, wenn man auf den richtigen Buchstaben auf einer alphabettafel zeigte.

im verlaufe des filmes äußerte er sich auch dazu, dass er oft gefragt würde, ob er denn noch so leben wollte und ob man ihn nicht lieber sterben lassen sollte. Er war über diese Fragen äußerst böse und empfand sie als Unverschämtheit. Er fand, dass sein Leben eine Qualität hatte und dass andere das nicht beurteilen könnten.

Warum ich das schreibe - ich glaube, es ist prinzipiell nicht möglich, sich in so eine extremsituation hineinzuversetzen und zu erahnen, wie man da handeln würde. Ich habe auch bei einer nahen Angehörigen mitbekommen, die eine chronische schmerzhafte Erkrankung über jahrzehnte an Haus/Bett fesselte, dass ein sehr eingeschränktes Leben trotzdem "gut" sein kann.

Ich möchte damit sagen, dass auch Frau Schiavos Äußerungen - wenn sie denn so gefallen waren - nicht heißen müssen, dass sie selber abschätzen konnte, ob sie in der jetzigen Lebenssituation noch eine Lebensqualität empfindet und ob sie so noch weiterleben mag.

ich denke, dass die entscheidung in welche richtung auch immer in jedem falle willkürlich ist und nicht stichhaltig begründet werden kann

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Willow71
Beitrag 29.Mar.2005 - 19:20
Beitrag #72


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Hm, ja natürlich sollte Angehörige das "Recht" haben... wozu auch immer.

Was mich immer noch stört, ist dieses Ehemann gegen Eltern. Wie lange waren die beiden zusammen/verheiratet? Nicht wirklich lange. Und dieser Mann darf jetzt alleine die Entscheidung treffen bzw. gegen den Willen der eigenen Eltern entscheiden?!
Mich irritiert das, dass ein Ehepartner juristisch über den Eltern steht.

Ein Grund für mich, vielleicht doch mal ein Patiententestament zu machen. Ich möchte nicht, dass ein eventueller Partner/in später über mich entscheidet und vor allem gegen meine Eltern entscheiden darf.
Mir würden meine leiblichen Eltern immer näher stehen als jemand, der nicht blutsverwandt mit mir ist. Zumindest sehe ich das jetzt so, mit 33.

Aber das alles sind nur meine persönlichen Empfindungen.
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shark
Beitrag 29.Mar.2005 - 19:28
Beitrag #73


Strösenschusselhai
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Immer mehr spüre ich die Tragik und auch Tragweite des "Falles Schiavo". Es fühlt sich nicht gut an, zu wissen, dass um das Leben dieser Frau, das ohnehin schon seit Jahren am seidenen Faden hing durch die Gefahren der Bettlägerigkeit, ein solches Gezanke herrscht...Natürlich frage ich mich, was so eine Situation mit MEINER Familie machen würde; mit welchen "Blessuren" meine "Leute" aus solch einem Streit um Leben und Tod hervorgehen würden...Und ich denke an meine Töchter, die ich niemals verhungern lassen könnte, niemals..! Ich würde sie aus dem Krankenhaus entführen..den Mann irgendwo einsperren...was auch immer; aber ich würde alles dafür tun, dass keines meiner Kinder auf solche Weise sterben muss...

Ich habe versucht, "sachlich", medizinisch, sogar fast philosophisch mit der Frage, die das Leiden T.Schiavo´s aufwirft, umzugehen; aber ich glaube, ich bin dazu ebensowenig imstande, wie alle anderen...

Ich wünsche Terri Schiavo, dass sie schon jetzt ganz weit weg ist und dass sie, falls es ein "Jenseits" gibt, über so viel Güte und Verständnis verfügen wird, dass es sie dann nicht mehr schmerzen muss.

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 29.Mar.2005 - 19:29
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Willow71
Beitrag 29.Mar.2005 - 19:31
Beitrag #74


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shark, das hast du schön formuliert. Ich glaube, dass jeder Mutter da wirklich das Herz blutet. :(
Ich erinnere mich noch oft an den Zustand meiner Mutter bei mir im Krankenhaus... wenn ich mir vorstellte, irgendein Partner hätte damals gesagt...
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shark
Beitrag 29.Mar.2005 - 19:36
Beitrag #75


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Ja, was für ein schrecklicher Gedanke! Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, dass eine Mutter, wenn sie selber die künstliche Ernährung kappen müsste, so etwas fertigbrächte. Ich gestehe, mir fast zu wünschen, dass diejenigen Menschen, die den derzeitigen Zustand der armen Frau zu verantworten haben, in ihrem Krankenzimmer bis zur letzten Sekunde dabei sein müssten..-nicht als Rache, weil ich falsch finde, was sie tun - nur um tatsächlich zu verstehen, wozu sie sich da wirklich entschlossen haben...! Terri Schiavo allerdings wünschte ich das nicht...

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 29.Mar.2005 - 19:36
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Willow71
Beitrag 29.Mar.2005 - 19:43
Beitrag #76


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Ich hatte genau heute ein Gespräch mit meiner Mutter über "passive Sterbehilfe", gerade, weil es bei ihrem Vater, meinem Opa, so aktuell ist. Ich hatte das ja schon angedeutet.
Man gibt ihm keine Chance mehr, er hängt jeden 2. Tag an der Dialyse, wird nur noch künstlich ernährt, unglaubliche Blutwerte.
Heute sagte meine Mutter, er habe mal gesagt, wenn er irgendwann mal an die Dialyse muss, dann will er nicht mehr. :(

Tja, und nun? Er ist noch geistig einigermaßen da. Keines der Kinder traut sich, ihn zu fragen, das Krankenhaus schließt ihn natürlich von selbst an die Dialyse. Da wird nicht gefragt, "Wollen Sie...?".

Ich werde ihn diese Woche noch mal besuchen. Ich glaube, ich nehme mir ein Herz und frage ihn, ob er das (die Dialyse) noch will. Solange man ihn noch fragen kann...
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shark
Beitrag 29.Mar.2005 - 19:47
Beitrag #77


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Das finde ich sehr verantwortungsvoll von Dir, Willow. Ich wünsche Dir viel Kraft dafür.
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sacinema
Beitrag 29.Mar.2005 - 19:58
Beitrag #78


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QUOTE (Willow71 @ 29.Mar.2005 - 19:20)
Was mich immer noch stört, ist dieses Ehemann gegen Eltern. Wie lange waren die beiden zusammen/verheiratet? Nicht wirklich lange. Und dieser Mann darf jetzt alleine die Entscheidung treffen bzw. gegen den Willen der eigenen Eltern entscheiden?!
Mich irritiert das, dass ein Ehepartner juristisch über den Eltern steht.

[...] Mir würden meine leiblichen Eltern immer näher stehen als jemand, der nicht blutsverwandt mit mir ist. Zumindest sehe ich das jetzt so, mit 33.

Wann ist man denn lange genug verheiratet? Die beiden kannten sich 8 Jahre, bevor Mrs. Schiavo ins Koma fiel. Übrigens haben Freunde des Ehepaares und Verwandte von ihm die Aussagen Mrs. Schiavos bzgl. der Ablehnung eines solchen Lebens bestätigt. Ich glaube immer noch, dass man diesen Fall von außen nicht beurteilen kann. Viel wichtiger finde ich, sich grundsätzlich mit dem Thema auseinander zu setzen. Und hier drückt sich unsere Gesellschaft ziemlich. Was wird denn in einer Gesellschaft, die immer älter wird, in der wir jetzt schon Pflegenotstände zu verzeichnen haben, und in der die Möglichkeiten, Leben - zumindest in den körperlichen Grundfunktionen zu erhalten - medizinisch immer ausgefeilter werden? Ich jedenfalls würde ein solches Leben wie Mrs. Schiavo nicht führen wollen und ich habe auch eine höllische Angst davor, Alzheimer oder eine sonstige Form von Demenz zu entwickeln. Und dann nicht mehr selbst entscheiden zu können, wie es weitergehen soll. Ich weiß auch nicht, wieso sich das ändern sollte. Dabei weiß ich heute das Leben sehr viel mehr zu schätzen als früher, bevor ich dem Tod von der Schippe sprang.

Zu entscheiden, wer einem näher steht, ist sicher immer eine persönliche Sache. Aber könnte es nicht auch sein, dass Mrs. Schiavo gar kein gutes Verhältnis zu ihren Eltern hatte? Ich glaube jedenfalls, dass meine Lebenspartnerin (wir sind jetzt auch 8 Jahre zusammen) und meine wirklich guten Freunde mehr über mich wissen als meine Mutter jemals wusste. Blutsverwandschaft spielt für mich keine Rolle, Seelenverwandschaft schon eher.

QUOTE
ihre Meinung geäußert hat und ich schäme mich dafür mittlerweile.

@Leonie: Ich finde nicht, dass du dich für irgendetwas schämen müsstest. Dies ist eben ein Thema, dass emotional sehr stark berührt. Und so komplex, dass nicht einfach sonder eher unmöglich ist, es zu beurteilen.

Der Beitrag wurde von sacinema bearbeitet: 29.Mar.2005 - 20:02
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shark
Beitrag 29.Mar.2005 - 20:10
Beitrag #79


Strösenschusselhai
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Stimmt, es gibt keine klare Ansage "unserer Gesellschaft", aber wie stellst Du Dir vor, dass die Gesellschaft, die ja aus einzelnen Personen mit eigenen Erfahrungen und Lebenshintergründen besteht, damit umgehen könnte? Ich glaube nicht, dass die Menschen sich drücken; ich denke, wir alle sind ein Stück weit hilflos...

Und ganz ehrlich: ich selbst kann heute lange behaupten, so nicht "leben" zu wollen; bin ich aber dann in einer derartigen Situation, mit einem möglicherweise völlig anderen Bewusstseins-Status (den ich mir heute noch nicht einmal vorzustellen vermag..); ich weiß wirklich nicht, ob ich dann noch derselben "Meinung" wäre. Und wenn ich nicht mal mir selbst zutraue, das für MICH entscheiden zu können; wie könnte ich da für jemand anderen entscheiden, den ich wirklich nicht fragen kann; egal, was der/diejenige früher dazu geäußert haben mag..?
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Willow71
Beitrag 29.Mar.2005 - 20:22
Beitrag #80


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QUOTE (shark @ 29.Mar.2005 - 21:10)
Und ganz ehrlich: ich selbst kann heute lange behaupten, so nicht "leben" zu wollen; bin ich aber dann in einer derartigen Situation, mit einem möglicherweise völlig anderen Bewusstseins-Status (den ich mir heute noch nicht einmal vorzustellen vermag..); ich weiß wirklich nicht, ob ich dann noch derselben "Meinung" wäre. Und wenn ich nicht mal mir selbst zutraue, das für MICH entscheiden zu können; wie könnte ich da für jemand anderen entscheiden, den ich wirklich nicht fragen kann; egal, was der/diejenige früher dazu geäußert haben mag..?

Ich schrieb es bereits weiter oben:

ich lebte auch knapp 1 1/4 Jahre so, wie ich hätte nie leben wollen. Wegen einer Grunderkrankung hatte ich mir immer vorgenommen, wenn es mal zum künstlichen Darmausgang kommen würde, würde ich mich auf der Stelle umbringen. Ernsthaft. So dachte ich mit Mitte 20. Ich konnte mir nicht vorstellen, auch nur einen Schritt nach draußen, geschweige denn an meinen Arbeitsplatz, Schule, SO zu machen.
Kieler Hochbrücke. Sofort.

Als ich dann aus dem Koma wieder aufwachte (niemand hatte mich gefragt), mit dem Ding am Bauch, dachte ich, "okay, Pech, aber ich lebe immerhin noch." Und meine ganze Sippe war soooo froh darüber.
Ich lebte mit meinem Todfeind über ein Jahr, habe gearbeitet... ohne Probleme. Ich dachte nie, dass das geht.
Inzwischen habe ich meine gesamte Geschichte niedergeschrieben, für andere Erkrankte, damit die sehen, es geht DOCH. Und man kann wunderbar so leben.
Und die Vorstellung, ich hätte mich tatsächlich von der Hochbrücke gestürzt, wenn ich vorher gewusst hätte, was auf mich zukommt, lässt mich im Nachhinein erschaudern. Wie egoistisch wäre das meinen mich liebenden Eltern, Großeltern, Tanten, Kusinen... gegenüber gewesen...

Nun, das hat zwar mit dem eigentlichen Thread nichts mehr zu tun, aber das wollte ich mal loswerden.
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