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> Kolleginnen
kröpi
Beitrag 23.Mar.2008 - 18:41
Beitrag #61


Naschkatze
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Ich habe lange nicht den richtigen Dreh für's Outing in meiner Arbeit gefunden. Und dann habe ich mich genau darüber geärgert - d. ich dum rum geredet habe, mit wem ich denn im Urlaub war, oder die Frage, wer sich denn um mein krankes Kind kümmert etc. Und dann habe ich einfach beschlossen, es so zu sagen, wie es ist: ich war mit meinen Kindern und meiner Freundin im Urlaub, meine Freudin ist gerade mit meinem Kind auf dem Weg zum Kinderarzt. Ich dachte mir: wenn jemand jetzt an Details von meinem Privatleben interessiert ist, kann er ja nachfragen. Hat aber keiner! Ich halte es durchaus für möglich, d. einige Kolleginnen denken, es sei eben "eine gute" und nicht "meine" Freundin; aber da ist es eben jetzt so, d. ich denke, ich will eben auch keinem Privatleben aufdrängen, wenn's nicht interessiert. Wer fragt, bekommt auch Antwort.... wenn eine heteros** Frau von ihrem Freund erzählt, fragt ja auch keiner nach - alle gehen stillschweigend davon aus, d. sie mit ihm in's Bett geht. Vielleicht ja auch nicht richtig, wer weiß das schon? Genauso blöd wie andersrum bei den Lesben, oder?
Und wenn ich wie jetzt für meine Freundin und mich eine Reise buche, dann sage ich das im Reisebüro auch einfach so - bitte Doppelzimmer mit einem Bett - und gebe ja auch beide Namen an. Kein Mensch wollte bisher näheres über mein intimes Privatleben wissen. Die einen meinen eben, alles zu erahnen, die anderen sind eben zu fantasielos, entsprechend zu denken.
Aber dadurch habe ich jetzt für mich die "Normalität" erreicht, wie ich sie von früher aus meinen Hete-Leben kannte
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DerTagAmMeer
Beitrag 23.Mar.2008 - 18:56
Beitrag #62


Adiaphora
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QUOTE (Cookie2561 @ 23.Mar.2008 - 09:36)
Aber noch mal im Ernst: Mir liegt einfach nichts daran, von meiner mir nicht besonders wichtigen Umwelt als normal oder von mir aus auch als nicht normal eingestuft zu werden. Mir ist es weit wichtiger, meine Privatsphäre zu schützen. Und wenn mir das wichtiger ist, dann ist die einzig logische Folge, dass ich mein Privatleben für mich behalte.

Für mich liegt die logische Konsequenz aus dem Bedürfnis mein Privatleben zu schützen darin, mich als das zu zeigen, was ich bin - um ein potentielles neues Umfeld zu testen, ob wir zusammen passen oder eben nicht.

Meine Entscheidung einen Job anzunehmen, in eine Wohngegend zu ziehen oder einem Verein beizutreten hängt eben auch davon ab, wie das dortige Klima für mich ganz persönlich ist - als Familienlesbe, die bei Feierlichkeiten Tofusonderwünsche anmeldet, Alkohol verweigert und allergisch auf Meinungsbildung aus der Bild reagiert.

Genau wie Du finde ich, dass das alles im Grunde niemanden etwas angeht.
Allerdings habe ich in meinem Leben die verstörende Erfahrung gemacht, dass sich manche Zeitgenossen in ihrem persönlichen "Normalsein" gestört/gespaßbremst/peinlich berührt fühlen von dem, was sie in meinem Leben nix angeht. Also gebe ich ihnen frühzeitig die Chance, sich als sozial behindert zu outen.

Denn da ich weder bereit bin, mich und das, was ich richtig und wichtig finde zu verstecken - noch den missionarischen Eifer aufbringe, den Horizont engstirniger Spießer erweitern zu wollen, ist für mich die konsequente Antwort auf Homophobie: Vielen Dank für's Angebot, aber es entspricht nicht meinen Bedürfnissen.

Denn das ist wirklich mein elementares Bedürfnis: mich in einem Umfeld zu bewegen, das mich als ganzen Menschen schätzt und mir das Gefühl gibt, am richtigen Platz zu sein - privat, beruflich und mit zunehmendem Alter wohl sogar sprirituell.
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davvero
Beitrag 23.Mar.2008 - 19:32
Beitrag #63


Stadtei
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QUOTE (Cookie2561 @ 22.Mar.2008 - 13:07)
  Ich will genau wie Du, dass Homosexualität als was ganz Normales akzeptiert wird, weil es was ganz Normales ist. Aber dazu brauche ich nicht mein Innerstes nach außen zu kehren.

Wie soll etwas, das wir Betroffenen vor unserer Umwelt verheimlichen, ganz normal sein? Machen wir es nicht gerade mit unserem Verhalten zu etwas unnormalen?
:gruebel:

Der Beitrag wurde von davvero bearbeitet: 23.Mar.2008 - 19:33
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H_Golightly
Beitrag 23.Mar.2008 - 19:48
Beitrag #64


Naschkatze
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QUOTE (davvero @ 23.Mar.2008 - 19:32)
Machen wir es nicht gerade mit unserem Verhalten zu etwas unnormalen?
:gruebel:

Nein, das glaube ich nicht so. Ich denke eher, die Prozentzahlen (die für sich sprechen) machen es zu etwas Unnormalem. Und das wird sich auch so schnell nicht ändern. Selbst wenn wir uns alle plötzlich zeigen würden, kämen wir niemals gegen die Masse von Heterosexuellen an, die ja nun auch gerade in den Medien überaus deutlich und ziemlich penetrant "Werbung" für sich machen (bitte nicht falsch verstehen, ist etwas überspitzt dargestellt). Schaut man sich z. B. die Werbung an, dann sieht man überall Heteropärchen und heile Familie. Auch wenn wir uns privat zu erkennen geben würden, würde das vermutlich gar nicht viel nützen. Das Umdenken hat noch lange nicht stattgefunden. Eigentlich werden wir doch fast totgeschwiegen.
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Kirjava
Beitrag 23.Mar.2008 - 19:51
Beitrag #65


Fußballfreak
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Genau das hat mir auch auf der Zunge gelegen:

QUOTE ( H_Golightly @ 23.Mar.2008 - 19:48)

Nein, das glaube ich nicht so. Ich denke eher, die Prozentzahlen (die für sich sprechen) machen es zu etwas Unnormalem. Und das wird sich auch so schnell nicht ändern. Selbst wenn wir uns alle plötzlich zeigen würden, kämen wir niemals gegen die Masse von Heterosexuellen an, die ja nun auch gerade in den Medien überaus deutlich und ziemlich penetrant "Werbung" für sich machen (bitte nicht falsch verstehen, ist etwas überspitzt dargestellt).


:zustimm:
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regenbogen
Beitrag 23.Mar.2008 - 20:07
Beitrag #66


a.D.
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QUOTE (H_Golightly @ 23.Mar.2008 - 19:48)
Selbst wenn wir uns alle plötzlich zeigen würden, kämen wir niemals gegen die Masse von Heterosexuellen an, die ja nun auch gerade in den Medien überaus deutlich und ziemlich penetrant "Werbung" für sich machen (bitte nicht falsch verstehen, ist etwas überspitzt dargestellt). Schaut man sich z. B. die Werbung an, dann sieht man überall Heteropärchen und heile Familie. Auch wenn wir uns privat zu erkennen geben würden, würde das vermutlich gar nicht viel nützen. Das Umdenken hat noch lange nicht stattgefunden. Eigentlich werden wir doch fast totgeschwiegen.

Hm - wer könnte denn dann was ändern? Wenn die statistischen 90% heterosexuellen Werbeleute "auf dem Markt", sprich im Alltag, keine Homosexuellen wahrnehmen, dann haben sie doch gar keinen Anlass, uns in der Werbung zu berücksichtigen.

Ich denke schon auch, dass es von beiden Seiten kommen muss, aber dazu gehört eben, dass auch wir unseren Teil dazu beitragen müssen, wenn wir als gesamtgesellschaftlich relevante Gruppe wahrgenommen werden wollen. Von selbst wird das nicht passieren - wieso sollte es, wenn wir anscheinend gar nicht sichtbar sein wollen?

Im Einzelfall kann es natürlich immer Gründe geben, weshalb jemand sich persönlich bedeckt hält, und die akzeptiere ich auch - sofern sie echt sind und nicht doch eine bequeme Ausrede. Da fasse ich mich durchaus auch an der eigenen Nase; ich mache es mir manchmal sicher zu leicht, indem ich nichts sage. Wobei - "leicht"? :rolleyes: Längerfristig wäre es sicher "leichter", offener zu leben.
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shark
Beitrag 23.Mar.2008 - 20:12
Beitrag #67


Strösenschusselhai
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IST es, regenbogen! :zustimm:

Es ist unglaublich wohltuend, NICHT, überhaupt NICHT nachdenken zu müssen, ob ich meine Frau oder überhaupt meine Homosexualität erwähnen soll oder lieber nicht. :)

Und ehrlich: wenn ICH kleine shark das hier in diesem katholischen Kuhdorf geschafft habe, schafft es jede Andere anderswo auch - wenn sie will.
Zum eigenen und dem Nutzen aller Lesben.
Amen. :D



edit: besseres Wort gefunden.

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 23.Mar.2008 - 20:12
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davvero
Beitrag 23.Mar.2008 - 20:36
Beitrag #68


Stadtei
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QUOTE (H_Golightly @ 23.Mar.2008 - 20:48)
QUOTE (davvero @ 23.Mar.2008 - 19:32)
Machen wir es nicht gerade mit unserem Verhalten zu etwas unnormalen?
:gruebel:

Nein, das glaube ich nicht so. Ich denke eher, die Prozentzahlen (die für sich sprechen) machen es zu etwas Unnormalem.

Ok, du hast mit den Hinweis auf den prozentualen Anteil der Homosexuellen an der Gesamtbevölkrung natürlich recht.
Und normal bedeutet wohl das, was die Mehrheit ist. Somit bin ich mit meiner lesbischen Neigung unnormal.
Da hab ich kein Problem mit, den ich bin ich. Da ist es mir nicht wichtig, ob ich "normal" bin.

Aber wir sind, wenn auch die Minderheit, nicht so selten, wie man uns im Altag bewegnet. Warum werden die lesbischen oder schwulen Paare immer noch häufig wie Außerirdische angestarrt? Weil es eben immer noch selten vorkommt, dass man dem auf der Straße begegnet.
Und deshalb sollte ich zwar Niemanden mein ganzes Inneres vorlegen, aber versuchen, so offen, wie möglich und vorallem so "normal" wie möglich mein Lesbischsein leben.
Leider gelingt mir das noch nicht und daher tue ich mich auch so schwer mit meinem CO am Arbeitsplatz.
Ich möchte es eben am liebsten perfekt machen und nicht da irgendwie durchkommen.

Wenn ich locker und unverklemmt mit meinem Lesbischsein umgehen kann, lade ich dann nicht jeden Menschen dazu ein, selbiges zu tun!

Und ich kann sagen, man muss sich sehr oft auf die Zunge beißen, will man seine Freundin auf der Arbeit nicht als solche erwähnen. So einfach nichts sagen, so einfach ist es sicher nicht. Und sagt man immer nichts...
...gilt man bald ohnehin als unnormal! Damit schneiden wir uns ins eigene Fleisch, denn outen wir uns irgendwann heißt es: "Ja, die war ja schon immer so komisch und hat nie was privates erzählt"

So, nun muß ich nur noch Theorie und Praxis zusammen führen :roetel: :wacko:

Der Beitrag wurde von davvero bearbeitet: 23.Mar.2008 - 20:38
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LadyGodiva
Beitrag 23.Mar.2008 - 21:02
Beitrag #69


Strøse
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QUOTE (davvero @ 23.Mar.2008 - 20:36)
"Ja, die war ja schon immer so komisch und hat nie was privates erzählt"

Ja, die mag das einfach nicht.
Egal, ob's um Frau, Fernreise oder's Fensterputzen geht.
Die erzählt einfach insgesamt wenig bis gar nichts. :rolleyes:

Vielleicht werden wir am Ende der Preisgabe durch unser Devianz zu Trendsetterinnen (wider Willen). B)
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regenbogen
Beitrag 23.Mar.2008 - 21:06
Beitrag #70


a.D.
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QUOTE (LadyGodiva @ 23.Mar.2008 - 21:02)
QUOTE (davvero @ 23.Mar.2008 - 20:36)
"Ja, die war ja schon immer so komisch und hat nie was privates erzählt"

Ja, die mag das einfach nicht.
Egal, ob's um Frau, Fernreise oder's Fensterputzen geht.
Die erzählt einfach insgesamt wenig bis gar nichts. :rolleyes:

Zum Glück gibt's das aber auch in hetero. ;)

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LadyGodiva
Beitrag 23.Mar.2008 - 21:08
Beitrag #71


Strøse
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Eben.
Mich berühren "Outings" der unterschiedlichsten Art am definitv falschen Ort oder Anlass oft einfach nur... peinlich.
Es gibt vieles, was ich lieber an anderen wahrnehme als es explizit erläutert oder gar "gestanden" zu bekommen.
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davvero
Beitrag 23.Mar.2008 - 21:17
Beitrag #72


Stadtei
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QUOTE (regenbogen @ 23.Mar.2008 - 22:06)
QUOTE (LadyGodiva @ 23.Mar.2008 - 21:02)
QUOTE (davvero @ 23.Mar.2008 - 20:36)
"Ja, die war ja schon immer so komisch und hat nie was privates erzählt"

Ja, die mag das einfach nicht.
Egal, ob's um Frau, Fernreise oder's Fensterputzen geht.
Die erzählt einfach insgesamt wenig bis gar nichts. :rolleyes:

Zum Glück gibt's das aber auch in hetero. ;)


Da habt ihr wohl recht. :)
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H_Golightly
Beitrag 23.Mar.2008 - 22:44
Beitrag #73


Naschkatze
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QUOTE (davvero @ 23.Mar.2008 - 20:36)
... man muss sich sehr oft auf die Zunge beißen, will man seine Freundin auf der Arbeit nicht als solche erwähnen. So einfach nichts sagen, so einfach ist es sicher nicht. Und sagt man immer nichts...
...gilt man bald ohnehin als unnormal! Damit schneiden wir uns ins eigene Fleisch, denn outen wir uns irgendwann heißt es: "Ja, die war ja schon immer so komisch und hat nie was privates erzählt"

Aber auf der Arbeit gibt es doch viele andere, und in meinen Augen auch viel wichtigere Dinge, die man besprechen müsste/ sollte. Und ist euch mal aufgefallen, dass Männer auch oft dazu tendieren, sich bedeckt zu halten, wenn es um Privates geht? Ist mir jedenfalls so aufgefallen.
Aber dennoch, nur weil man nicht über seine Beziehung spricht, heißt das ja noch lange nicht, dass man überhaupt nichts über sich erzählt. Da gibt es schließlich auch tausend andere (unverfängliche) Themen.
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DerTagAmMeer
Beitrag 24.Mar.2008 - 03:35
Beitrag #74


Adiaphora
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QUOTE (H_Golightly @ 23.Mar.2008 - 19:48)
Ich denke eher, die Prozentzahlen (die für sich sprechen) machen es zu etwas Unnormalem. Und das wird sich auch so schnell nicht ändern. Selbst wenn wir uns alle plötzlich zeigen würden, kämen wir niemals gegen die Masse von Heterosexuellen an, die ja nun auch gerade in den Medien überaus deutlich und ziemlich penetrant "Werbung" für sich machen.

Das stützt die These, Homosexualität sei (von ein paar exaltierten Perverslingen abgesehen) erst 1968 erfunden worden und hätte sich seitdem galoppierend ausgebreitet.
Wahrscheinlicher ist aus meiner Sicht, dass das Einzige, was sich seit dem geändert hat, das Selbstbewusstsein ist, mit dem Schwule und Lesben ihre Beziehungen leben: die Deutlichkeit, mit der sie ihre Rechte einfordern, die Selbstverständlichkeit mit der sie als Teil der Gesellschaft wahrgenommen und respektiert werden wollen.
Homosexualität spielt sich nicht mehr vornehmlich verschämt auf Klappen und in verschwiegenen Hinterzimmern ab. Sie ist vielmehr selbstverständlicher Teil einer alternativen Lebensform geworden, die weit über die Sexualität hinaus geht.

Dadurch entstehen zwangsläufig neue Anknüpfungspunkte in Lebensbereichen, die mit Sexualität und Intimität nichts zu tun haben aber durch den Umstand geprägt sind, dass ich mein Leben mit einer Frau teile.
Wenn ich beispielsweise heute mit Kollegen über die Vor- und Nachteile von Altersvorsorgemodellen spreche, ist mein "Sonderstaus" einfach der entscheidende Unterschied.

Es geht ja nicht darum, irgendwelche unpassenden Gespräche zu provozieren, um ein "Outing" zu platzieren. "Offen" leben heißt (für mich) lediglich ehrlich antworten zu können ohne darüber nachzudenken, welche Rückschlüsse die Antwort auf meine sexuelle Prefärenz zulässt.

Letztes Jahr bin ich beispielsweise auf einer Feier mit einem Kollegen ins Gespräch gekommen, mit dem ich sonst kaum Kontakt habe. Ich wusste lediglich, dass er irgendwo in der "tiefsten Eifel" lebt, und seine Kinder eine Waldorfschule besuchen. Also haben wir übers "Dorfleben" gesprochen - ob und wie das so klappt mit der Integration der Ökenflöten auf dem Land. Und dann hat er von den Frauen in der Bildungsstätte Zülpich (für ihn: gleich nebenan) erzählt, die so tolle und interessante Sachen machen, sich aber total abschotten und sogar empört wegsehen, wenn er sie freundlich grüßt. Ich musste innerlich lachen, als ich mir vorstellte wie die (mir ja aus der anderen Perspektive vertraute) "Zülpich-Klientel" versunken im Selbstfindungsmarsch, das Gesicht zur Faust geballt, über den Acker trabt und plötzlich von meinem (Jean Pütz nicht unähnlichen) Kollegen angetextet wird, der Trommelworkshops und makrobiotische Ernährung total klasse findet und hoffte auf Gleichgesinnte zu treffen...
Klar hätte ich das so stehen lassen und einen unpersönlichen Satz zur Differenz zwischen städtischen und ländlichen Grußritualen fallen lassen können. Ich konnte mich aber auch als Ex-Großstadt-Lesbe "outen" für die "Zülpich" bis dahin eben auch ein von außen unsichtbarer feministischer Schutzraum war, der quasi auf dem Mond liegt. Keine Ahnung, ob er die Reserviertheit der Touristinnen nun weniger persönlich nimmt - aber mich würde es freuen.
Eine andere Situation ergab sich, als mir eine Kollegin erzählt hat, wie schwer es für sie ist, keine Kinder bekommen zu können. Ich hätte es schade gefunden, meinen Bezug zu dieser Problematik verschweigen zu müssen, um mich nicht als "Lesbe" zu outen. Denn ich glaube, dass es ihr gut getan hat zu sehen, wie "normal" für "uns" ist, was in ihrem heterosexuellen Umfeld als Ausnahmeschicksal und heimlicher Makel verhandelt wird.

Ich denke wirklich, dass es solche "Schnittmengen" sind, die unser "Lesbischsein" für unser Umfeld alltäglich und "normal" werden lassen. Weil nicht die Sexualität als zentrales Abgrenzungsmerkmal vor Augen steht, das eine Identifikation für viele Heteros unmöglich macht, sondern die vielen kleinen Gemeinsamkeiten in den Blick kommen, die uns mit Kollegen, Nachbarn, Bekannten und Verwandten verbinden.

Und was die theoretischen Diskurse betrifft, sollte doch vor dem Theoretisieren der eigene Bezug reflektiert sein, oder? Das ist doch gerade die Errungenschaft dieser Herangehensweise: dass ich mir nicht mehr einbilde einen objektiven Platz über den Dingen einnehmen zu können, sondern mich selbst, meine Sprache und meinen Standpunkt als involviert begreife.
Insofern ist es auch theoretisch von Bedeutung, wo ich mich in einem Denksystem verorte. Ich muss es nicht der Bäckereifachverkäuferin erzählen - aber es sollte mir so präsent sein, dass ich mit "ja" antworte, wenn sie mich fragt.

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 24.Mar.2008 - 03:52
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shark
Beitrag 24.Mar.2008 - 09:37
Beitrag #75


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QUOTE (DerTagAmMeer @ 24.Mar.2008 - 03:35)


Es geht ja nicht darum, irgendwelche unpassenden Gespräche zu provozieren, um ein "Outing" zu platzieren. "Offen" leben heißt (für mich) lediglich ehrlich antworten zu können ohne darüber nachzudenken, welche Rückschlüsse die Antwort auf meine sexuelle Prefärenz zulässt.


Das ist das, was auch ich unter "offen leben" verstehe. :zustimm:

Und deshalb, H_Golightly, ist für mich ein Gespräch, das irgendwie zutage bringt, dass ich mein Leben mit einer Frau teile, ebenso "unverfänglich" wie eines über die Milchpreise.


Und auch sonst stimme ich Dir zu, DerTagAmMeer.

Das "Gemeinsame", die "Schnittmenge", ist - zumindest mein Leben betreffend - größer als das, was trennt, nicht nachvollzogen werden kann. Ich bin ja vornehmlich ein Mensch, nicht wahr..? Und lebe auf dem gleichen Planeten wie die Heterosexuellen dieser Welt.


Viele Grüße,

shark

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 24.Mar.2008 - 09:43
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kröpi
Beitrag 24.Mar.2008 - 10:27
Beitrag #76


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QUOTE (DerTagAmMeer @ 24.Mar.2008 - 03:35)
Das stützt die These, Homosexualität sei (von ein paar exaltierten Perverslingen abgesehen) erst 1968 erfunden worden und hätte sich seitdem galoppierend ausgebreitet.

Neulich war ich im Gespräch mit einem Kunden, er erzählte mir, sein Sohn wäre von seiner Verlobten nach 7 Jahren Beziehung drei Wochen vor der geplanten und organisierten Hochzeit sitzen gelassen worden, was ihn sehr mitnähme. Sie habe eine Therapie gemacht und darauhin sich total verliebt und ihre Beziehung in Frage gestellt. Ich fragte, ob sie sich in ihren Therapeuten verliebt habe, da antwortete er, nein, es sei schließlich eine Therapeutin gewesen, da hätte also keine "Gefahr" bestanden. Ich sagte dann, d. das ja wohl kaum ein Grund sei, im Gegenteil - es komme doch oft genug vor.

Er: "ich glaube ja, Lesben gibt es gar nicht! Schwule hat es schon immer gegeben, die Antike war eher männlich-homosexuell als hetero, aber das mit den Lesben ist eher eine Mode-Erscheinung der Neuzeit, das machen die nur, weil es grade so "in" ist...." :o
Ich war echt platt. Sprachlos.... Also, Ihr lieben, Euch (uns) gibt es ja gar nicht!
(Viel mir nur gerade ein, von wegen ist erst 1968 erfunden worden)
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apricot25
Beitrag 24.Mar.2008 - 10:54
Beitrag #77


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Jeder soll sein Leben leben, wie er / sie mag.
Hauptsache man ist glücklich und zufrieden mit sich selbst.
Und das es immer noch Menschen gibt, die gegen Homosexuelle sind und sie diskriminieren, blöd anmachen und sonst was, finde ich nicht in Ordnung.

Nicht WIR haben Probleme, sondern die anderen, die mit unserer Vorliebe zu Frauen nicht umgehen können.
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Kirjava
Beitrag 24.Mar.2008 - 11:16
Beitrag #78


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QUOTE (kröpi @ 24.Mar.2008 - 10:27)
Er: "ich glaube ja, Lesben gibt es gar nicht! Schwule hat es schon immer gegeben, die Antike war eher männlich-homosexuell als hetero, aber das mit den Lesben ist eher eine Mode-Erscheinung der Neuzeit, das machen die nur, weil es grade so "in" ist...." 


So ein Blödsinn...mir fällt dazu ein lateinischer Text ein, den wir in der 10. oder 11. Klasse übersetzt haben: Noch vor der Blütezeit der Römer gab es eine griechische Insel, wo Frauen ohne Männer lebten...woher auch der Name "Lesbe" kommt....

:was:
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kröpi
Beitrag 24.Mar.2008 - 11:22
Beitrag #79


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Ja klar gab es Lesbos - aber das heißt ja noch lange nicht, daß die Frauen dort auch sexuelle Neigungen hatten. Kann ja auch eine riesige platonische Frauen-WG-Insel gewesen sein :D
Mir kam es so vor, als leugne der Mann das (der war ja gar nicht homophob!), weil er sich eingestehen müßte, daß es Frauen auch ohne Männer, also auch ohne "IHN" aushalten könnten. Und damit wäre er ja indirekt total überflüssig -_-

So wie ich es lange nicht begreifen konnte, d. es tatsächlich schwule Männer gibt- schließlich kann ich überhaupt nicht begreifen, was an einem Mann sexuell attraktiv sein soll. Die heterosexuellen Männer kann ich gut verstehen, schließlich liebe ich auch Frauen B)
Ich denke, so ähnlich wird das sein in diesem Falle

Der Beitrag wurde von kröpi bearbeitet: 24.Mar.2008 - 11:23
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davvero
Beitrag 24.Mar.2008 - 11:31
Beitrag #80


Stadtei
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QUOTE (H_Golightly @ 23.Mar.2008 - 23:44)
QUOTE (davvero @ 23.Mar.2008 - 20:36)
... man muss sich sehr oft auf die Zunge beißen, will man seine Freundin auf der Arbeit nicht als solche erwähnen. So einfach nichts sagen, so einfach ist es sicher nicht. Und sagt man immer nichts...
...gilt man bald ohnehin als unnormal! Damit schneiden wir uns ins eigene Fleisch, denn outen wir uns irgendwann heißt es: "Ja, die war ja schon immer so komisch und hat nie was privates erzählt"

Aber auf der Arbeit gibt es doch viele andere, und in meinen Augen auch viel wichtigere Dinge, die man besprechen müsste/ sollte. Und ist euch mal aufgefallen, dass Männer auch oft dazu tendieren, sich bedeckt zu halten, wenn es um Privates geht? Ist mir jedenfalls so aufgefallen.
Aber dennoch, nur weil man nicht über seine Beziehung spricht, heißt das ja noch lange nicht, dass man überhaupt nichts über sich erzählt. Da gibt es schließlich auch tausend andere (unverfängliche) Themen.

Es geht mir nicht um die Wichitgkeit der Gesprächsthemen am Arbeitsplatz. Auch wenn ich sagen muss, dass ich private Gespräche unter Kolleginnnen/Kollegen sehr wichtig finde, weil nur so ein schönes Miteinander geschaffen werden kann.

Aber auch, wenn es dort wichtigeres zu besprechen gibt, so kann es doch vorkommen, dass zum Beispiel morgens die Kollegin X wieder von den witzigen Unzulänglichkeiten ihres Mannes bei der Vorbereitung des Frühstücks erzählt. Worauf hin Kolligen Y einige witzige Episoden aus ihrem Zusammenleben mit ihrem Mann erzählt.
Und genau das sind die Momente, wo man mit den anderen mitlacht, um dann schnell das Thema zu wechseln.
Und genau an diesem Punkt schränkt man sich selbst ein!

Während Dtam und shark und wahrscheinlich sehr viele hier munter mitreden würden, ist für uns das lustige Gespräch an dieser Stelle vorbei.

Und bei mir macht sich dann oft ein ungutes Gefühl breit, weil ich meine eigene, von mir selbst verordnete, Eingeschränktheit in diesen Momenten sehr stark wahrnehme.

Aber vielleicht ist das bei dir anders?
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