Bestätigung des Selbstwertgefühls, ... als lesbische Frau Einstellungen

[Maya]

Hallo zusammen!

mich beschäftigt zur Zeit ein Thema, bei dem ich nicht so recht weiss, wie ich damit umgehen soll.

Ich probiere es mal zu beschreiben:
Also, wenn ich mit Freundinnen (hetero) unterwegs bin, fühle ich mich oft ungesehen von anderen, weil die Freundinnen sehr leicht alle Aufmerksamkeit (und somit auch Bestätigung für ihr Selbstwertgefühl) von Männern bekommen, wenn sie nur in deren Richtung schauen und einmal augenzwinkern. Und schon ist der Kontakt gelegt und auf geht's.
Und ich steh dann daneben und denk mir: Na toll, und ich? Ich will das auch!
Ich will natürlich gar nicht die Aufmerksamkeit von Männern (obwohl ich mir das manchmal schon wünsche, einfach nur aus dem Grund, weil es leichter ist und ich auch mal begehrt und gesehen werden will). Um die Aufmerksamkeit von Frauen zu bekommen, muss grundsätzlich ich die Initiative nehmen (was mich viel Überwindung kostet) und selbst dann ist meist das Interesse nicht so gross (weil hetero). Ja, ich finde eben auch immer die 'falschen' Frauen interessant. Und wer findet mich interessant? Es ist so frustrierend. Mein Selbstwertgefühl hat momentan einen kleinen Knacks oder ist im linken Unterschenkel verschwunden.

Wenn ich allein unterwegs bin, ist das Thema gar nicht so präsent, weil ich mich nicht mit anderen vergleichen kann und nicht so bewusst sehe, wie leicht das Flirten bei anderen ist und wieviel Aufwand ich im Vergleich betreiben muss, um Kontakt zu machen (im Flirt-Sinne).

Wie geht man als lesbische Frau damit um? Erkennt ihr das bei euch auch? Was macht ihr gegen diese Minderwertigkeitsgefühle und das Gefühl der Ungerechtigkeit in dieser Hinsicht, weil wir ja doch in der Minderheit sind?
Wie bekommt ihr die Bestätigung, die jeder Mensch braucht, dass ihr liebenswert, begehrenswert und anziehend seid?

Ich bin einfach ziemlich frustriert gerade...

[Allegra]

Hallo!

Oh, und wie ich das kenne!
Erst letztens bin ich daheim auf der Couch rumgelegen und hab mir gedacht, wann wird sich jemals jemand für mich interessieren oder mich ansprechen oder sich Gedanken um mich machen? Warum bin immer ich diejenige, die alles gibt und grübelt?
Mit meinem Selbstwertgefühl ist es momentan auch nicht soweit her, weil ich genau wie du denke, es ist für Heterofrauen soviel leichter, Bestätigung zu bekommen oder zu flirten. Die machen das einfach.
Für mich ist es eine Riesenüberwindung, eine Frau anzusprechen, falls ich es überhaupt mache.
Und meine Freundinnen verstehen das nicht, ich bekomm lauter "gute" Ratschläge, aber im Endeffekt wissen sie nicht, wie schwierig es (für mich) ist, eine andere Frau anzusprechen.

Kann dir deshalb keinen Ratschlag geben, aber ich fühle mit dir!
Alles Liebe
Allegra

[Maya]

Danke dir!

Tut gut zu hören, dass du das auch kennst!
Und die Ratschläge kenn ich auch nur zu gut: "Geh doch einfach hin und quatsch sie an." Oder: "Mach doch mal mehr Augenkontakt. Du musst viel offensichtlicher sein."
Jaja,... in solchen Momenten merke ich, wie wenig sie verstehen, wie meine Lage ist und wie schwierig das für mich ist, auch wenn sie es natürlich nur gut meinen.

Wenn die Trefferquote: Frau ist lesbisch genauso gross wär wie: Mann ist hetero, wär das ja alles gar nicht so problematisch.

Stimmt es, dass nur 5-10% der Menschen homosexuell sind? Oder glaubt ihr an mehr und die grosse Dunkelziffer?

[Allegra]

Ich hab noch einen Ratschlag: "Lad sie doch einfach auf ein Eis oder einen Kaffee ein" Ja, genau.

Es ist witzig, weil ich grade ganz genau denselben Gedanken nachhänge wie du.
Aber ich denke, dass die "Dunkelziffer" weitaus höher ist

[Sägefisch]

Nein, an eine riesige Dunkelziffer glaube ich nicht. Eigentlich denke ich sogar, dass 10% ziemlich hoch gegriffen ist.

Ich merke auch hin und wieder an mir, dass mir in diesen Dingen die Sozialisation fehlt, die "normale" Jugendliche anscheinend durchlaufen, und ebenso frage ich mich manchmal ob die oft etwas hölzerne Annäherungskultur lesbischer Frauen wohl darauf zurück zu führen ist.

Die Lösung für solche Fragen sehe ich allerdings weniger darin, eine unschuldige Tatsache (Minderheit zu sein) als ungerecht zu titulieren, oder das eigene Selbstwertgefühl noch stärker an diese Anerkennung zu koppeln. Womöglich ist eine gewisse Entspannung viel erfolgversprechender?

[Maya]

Hmmm, ja natürlich ist die Tatsache der Minderheit nicht Schuld an meinem Gefühl mangelnder Anerkennung/Bestätigung, aber doch auch ein Faktor, der eine Rolle spielt und sich momentan für mich sehr subjektiv und gefühlsgeleitet ungerecht anfühlt.

Eigentlich sollte ich wahrscheinlich mein Selbstwertgefühl an gar nichts koppeln ausser mirselbst, aber geht das überhaupt?

[quote] Womöglich ist eine gewisse Entspannung viel erfolgversprechender? [quote]

Entspannung inwiefern?
Würde mit Sicherheit helfen in Flirtsituationen (Ausstrahlung und so), aber ich kann das Gefühl dann oft einfach nicht loslassen. Mein Kopf blockiert dann irgendwie vor Frustration und gleichzeitiger Sehnsucht.

[nightshade]

Ich habe neulich in größerer Runde darüber diskutiert - und das Problem haben, wie sich dabei herausstellte, auch Heterofrauen, die eher schüchterner sind... Ganz toll fand ich den Tipp, Flirten im Alltag zu trainieren. Und zwar mit jedem sympathischen Menschen, der einem über den Weg läuft. Gut, das würden viele nicht "Flirten" nennen. Aber für mich ist das eine gute Möglichkeit, mit fremden Menschen schnell eine Bindung aufzubauen. Und alleine das sorgt schon für positive Gefühle bei mir und bei den anderen natürlich auch. Wenn ich dem Herrn oder der gestressten Dame am Postschalter freundlich und mit einem strahlenden Lächeln mein Anliegen schildere, dann merke ich, dass ich ganz anders behandelt werde, als wenn ich mit genervtem Gesichtsausdruck mein Paket auf den Tresen knalle. ;-) Und es entwickelt sich vielleicht sogar ein netter Smalltalk. Ähnlich kann das abends beim Weggehen anfangen. In der Schlange zu den Toiletten, beim Anstehen an der Bar... Ich denke, grundsätzlich wirst du stärker wahrgenommen, wenn du mit erhobenem Kopf und wachen Augen durch die Welt gehst, dich nicht abschottest und offen bist für Begegnungen und Eindrücke. Eben nicht mit dem Gedanken: "Es ist Samstag Abend, ich muss jetzt aber unbedingt eine ansprechen", sondern eher: "Ich fühle mich wohl hier, habe Spaß, die Frau neben mir sieht total sympathisch aus". Und je nach Temperament oder Tagesform kannst du sie ansprechen oder sie erstmal nur freundlich anlächeln.
Aber klar, ich kenne es auch, dass es nervt, wenn nur Männer mit einer versuchen zu flirten. Da würde es unter Umständen helfen, öfters mal auf eine Frauenparty oder in eine Frauenkneipe zu gehen. Kannst du deine Hetera-Freundinnen nicht mal dazu überreden, mit dir auf ne Szene-Party zu gehen?

Ansonsten muss ich sagen, dass ich nicht das Gefühl habe, unsichtbar zu sein. Höchstens auf manchen Lesben-Veranstaltungen, auf denen ich nicht als Lesbe wahrgenommen werde, weil ich mich dem ungeschriebenen Szene-Dresscode nicht anpasse. ;-) Aber mit längerem, interessierten Blick sorge ich dann machmal für Klarheit. ;-)

[miriam]

Hallo Maya,

Vielleicht verstehe ich Dich falsch aber Deine Postings klingen für mich so verstehe ich so als wärest Du dauernd mit Heterofrauen in der 'Heterowelt' unterwegs und hofftest darauf, dort auf eine Frau zu treffen die Dir gefällt und lesbisch ist, also für Deine eventuellen Flirtversuche potentiell empfänglich. Das scheint mir nun aber zu sein wie die berühmte Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen und es nützt auch gar nichts darüber zu lamentieren, daß wir in der Minderheit sind.

Vielleicht würde es Dir helfen, Orte und Veranstaltungen aufsuchen in denen 'wir' in der Mehrheit sind und in denen du Deine Flirtfähigkeiten erfolgversprechender trainieren kannst.

Dein Selbstwertgefühl davon abhängig zu machen von Heterofrauen in der Weise beachtet zu werden wie Du es Dir wünschst halte ich für ziemlich ungesund, zumal dein Mißerfolg in dieser Liga gar nichts mit Deinen Qualitäten zutun hat. Einen Hund kann man nicht zur Katze machen und eine Katze nun mal nicht zum Hund. (IMG:style_emoticons/default/wink.gif)

Gruß, Miriam

[Maya]

Danke für die Antworten!! Ihr helft mir wirklich! Hätte ich ehrlich gesagt gar nicht so richtig gedacht; also, dass das Austauschen mit Gleichgesinnten so hilft.

@nightshade: Das mit dem Flirten im Alltag find ich wirklich toll! Hat mir auch schonmal jemand geraten, weil ich das Flirten immer so ernst genommen und es damit seiner spielenden Leichtigkeit beraubt habe. Tut auf jeden Fall sehr gut und die Menschen freuen sich! (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)

@miriam: Da hast du einen guten Punkt getroffen. Das hab ich bisher irgendwie noch nicht gesehen, dass ja der Misserfolg auf der Hand liegt bei der Suche der Stecknadel im Heuhaufen und es gar nicht perse an mir liegt. Ich sollte mich in so einer Umgebung dann wohl auch nicht mit meinen Freundinnen vergleichen.
Meine Hetero-Freunde würden auch auf jeden Fall mit auf eine Szene-Party kommen. Ich glaube, es ist bisher einfach noch nicht so dazu gekommen (und ich hatte ne zeitlang etwas eine Abneigung auf diese Parties zu gehen, weil ich dachte ich muss dann "dem Club" beitreten und mich an irgendwelche lesbischen Hausregeln und Dresscodes halten). Aber jetzt hätte ich mal wieder Lust! Irgendwie vor der Hand liegend, dass das ja auch mal wieder ne gute Idee wär...