lesbenforen.de

Willkommen, Gast ( Anmelden | Registrierung )

> Bitte beachten

Denk bitte daran, dass unser Forum öffentlich einsehbar ist. Das bedeutet: wenn du hier dein Herz ausschüttest, kann das von allen gelesen werden, die zufällig unser Forum anklicken. Überleg also genau, was du preisgibst und wie erkennbar du dich hier machst. Wir löschen keine Threads und keine Beiträge, und wir verschieben auch nichts in unsichtbare Bereiche.

Du kannst deinen Beitrag nach dem Posten 90 Minuten lang editieren, danach nicht mehr. Lies dir also vor dem Posten sorgfältig durch, was du geschrieben hast. Dazu kannst du die "Vorschau" nutzen.


Diese Webseite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Webseite erklärst du dich mit der Verwendung von Cookies einverstanden.

2 Seiten V   1 2 >  
Reply to this topicStart new topic
> Selbstbestimmung vs. Verantwortung, ..wo ist die Grenze des eigenen Lebens?
wolke
Beitrag 24.Feb.2007 - 18:07
Beitrag #1


blinder Passagier
************

Gruppe: Members
Beiträge: 1.957
Userin seit: 07.05.2006
Userinnen-Nr.: 2.905



Guten Abend Ladies,

Mir schwirrt da schon länger etwas im Kopf herum und ich weiß nicht so recht wie ich es formulieren soll...
Ich bin ja schon lange hauptberuflich "Mitleserin", ergo müsste ich derlei Dinge schon wissen, aaaaber:
Ich lese dauernd (als Antwort auf Fragen wie"Soll ich mich outen?" etc.) es wäre die eigene Entscheidung, das eigene Leben und man muss seine eigenen Entscheidungen treffen... Klar, der Meinung bin ich auch, wenn ich es für richtig halte offen lesbisch zu leben, dann soll ich es machen und muss natürlich auch mit allen eventuellen Konsequenzen leben; worauf ich hinaus will, ist dass ich mit diesen Konsequenzen leben muss-> meine Entscheidung.
Was aber, wenn nicht nur ich die Folgen zu tragen habe? Wenn auch eng mit mir verbundene Menschen (Eltern...) damit leben müssen?
Die Sache ist die, meine Eltern stehen zwar grundsätzlich hinter mir, wollen aber auf keinen Fall, dass es unsere Hausmauern verlässt.
Ich versteh es auch; wenn es nur mich betreffen würde, wäre mir der Dorftratsch egal, auch die komischen Blicke der Kleinbürger etc., aber wenn dann die Dörfler, oder sogar "Freunde", diese auch meinen Eltern zuwerfen, deren soziale Infrastruktue darunter leidet, im schlimmsten Fall sogar das Arbeitsklima, dann wird das ganze schon schwieriger. Ich hörs schon "...Was, DIE haben eine lesbische Tochter?...Ach, die armen!"

Ich frage mich, wie kann ich mich leichten gewissens frei bewegen und zu mir stehen, wenn das wirklich blöde darauf nicht ich, sondern jemand anders abkriegt?
Meine Freunde stehen zu mir, die kann ich mir auch selbst ausuchen- aber die der ganze Familie- kann ich guten Gewissens ihre heile Welt zestören? Nein!

Ich hab mir das früher immer so vorgestellt: irgndwann, wenn ich studier, wenn ich ein eigenes Leben hab, dann lebe ich ganz offen so wie ich es für richtig halte, dann wenn ich aus der kleinbürgerlichn, dörflichen Infrastruktur, wo sich jede nachricht wie ein lauffeuer verbreitet, raus bin, kann ich ich sein. Dann fällt es niemandem auf, dem es missfallen könnte.
Jetzt aber merke ich, dass ich da viel zu tief drinsteck, und eigentlich auch nicht ganz raus will....
Bloß wie es mit meiner eigenen Lebensgestaltung aussieht, weiß ich nicht...

Versteht jemand, was ich meine?


:was:
Go to the top of the page
 
+Quote Post
shark
Beitrag 24.Feb.2007 - 18:13
Beitrag #2


Strösenschusselhai
************

Gruppe: Admin
Beiträge: 21.898
Userin seit: 10.11.2004
Userinnen-Nr.: 741



Absolut.

Und dennoch käme für mich nicht infrage, meine Bedürfnisse immer jenen der Familie hintanzustellen. Womöglich würde ich einen Weg suchen, mit jenen, von welchen besonders negative Kommentare zu erwarten sind, Kontakt aufzunehmen, wäre ich mir ganz sicher, dass meine Familie (und damit meine ich jetzt auch wirklich nur die Herkunftsfamilie) irgendwie nicht selbst damit fertigwerden könnte ; wobei ich das durchaus zumutbar finde; auch ein "Das geht Sie nichts an" von Seiten der Eltern in Richtung blöder Nachbarn oder ein"Wir verstehen es auch nicht, aber das ist privat" traue ich meiner Familie zu.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Liane
Beitrag 24.Feb.2007 - 18:22
Beitrag #3


Heiligenanwärterin
************

Gruppe: Members
Beiträge: 15.416
Userin seit: 06.09.2004
Userinnen-Nr.: 271



Ich verstehe Dich.

Wie shark aber denke ich auch, dass ich mit meiner Freihait an erster Stelle stehe.
Und zudem - jedes CO auf dieser Erde erleichtert den "Nachkommen der Familie" das Leben wieder um ein kleines Stückchen.

edit: In unseren Landen geht es bei dem Thema ja nicht um Leben und Tod - in andereen Gebieten der Erde würde ich vielleicht anders antworten.

Der Beitrag wurde von Liane bearbeitet: 24.Feb.2007 - 18:23
Go to the top of the page
 
+Quote Post
riona
Beitrag 25.Feb.2007 - 11:30
Beitrag #4


Satansbraten
***********

Gruppe: Members
Beiträge: 557
Userin seit: 29.10.2005
Userinnen-Nr.: 2.249



Ich verstehe dich auch gut.
Ich bin im Moment noch nicht in meiner Schule geoutet und ich würde das nicht tun, ohne vorher meinen Vater zu fragen, der dort Lehrer ist, ob das für ihn in Ordnung wäre.
Das hört sich vielleicht blöd an, doch ich besuche diese Schule nur noch ein paar Monate, während er für den Rest seiner Arbeitszeit "der mit der lesbischen Tochter" wäre.

(Allerdings halte ich es im Moment nicht für nötig mich zu outen, meine Freude wissen eh Bescheid...)
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Schlummi
Beitrag 25.Feb.2007 - 15:07
Beitrag #5


Suppenköchin
*******

Gruppe: Members
Beiträge: 149
Userin seit: 27.03.2005
Userinnen-Nr.: 1.411



Hallo Wolke

Ich verstehe dich auch sehr gut, denn bei mir ist es im Prinzip genauso. Meine Eltern akzeptieren inzwischen zwar, dass ich lesbisch bin, können aber vor anderen nicht dazu stehen.

Bei dir würde mich interessieren, wie deine Situation genau aussieht. Wohnst du noch bei deinen Eltern? Kommst du ständig in Situationen, wo du dich verleugnen musst?

Ich habe bisher immer Rücksicht auf meine Eltern genommen, d. h. dass die übrige Verwandtschaft und Bekannte meiner Eltern nicht Bescheid wissen. Bei mir ist es aber nur selten so, dass ich in Situationen komme, wo ich mich verstellen muß. Obwohl mir andererseits manchmal schon lieber wäre, wenn bestimmte Leute es wüßten. Es ist halt schwierig einen Weg zu finden zwischen der eigenen Freiheit und der Verantwortung anderen gegenüber. Ich finde, so ganz rücksichtslos darf man da nicht sein. Wobei es immer darauf ankommt, inwiefern man sich selbst verbiegen muß, um auf andere Rücksicht zu nehmen. Und es spielt sicher auch eine Rolle, wie lange das Outing bei den Eltern her ist. Ist es schon etwas länger her, kann man den Eltern vielleicht eher "zumuten", zur eigenen Tochter zu stehen. Vielleicht brauchen Eltern da manchmal auch einen kleinen Schubs in die richtige Richtung. Letztendlich kannst aber nur du selbst entscheiden, wie du da in Zukunft mit umgehst. Auf jeden Fall wünsche ich dir viel Glück dabei!

Schlummi
Go to the top of the page
 
+Quote Post
wolke
Beitrag 25.Feb.2007 - 16:23
Beitrag #6


blinder Passagier
************

Gruppe: Members
Beiträge: 1.957
Userin seit: 07.05.2006
Userinnen-Nr.: 2.905



Hm.. erstmal danke für die Reaktionen!

Ja, für etwas muss ich mich wohl entscheiden. Allen kann ich es nicht recht machen...

QUOTE
jedes CO auf dieser Erde erleichtert den "Nachkommen der Familie" das Leben wieder um ein kleines Stückchen.

Genauso seh ich das auch- Wieviel leichter hätte ich es gehabt, wenn ich auch nur eine einzige lebensechte "Genossin" gekannt hätte, und nicht bloß diverse Schreckensbilder aus dem Fernsehen oder in meinem Kopf...
Deshalb ist es mir auch so wichtig; meine Eltern interpretieren diese offensive Haltung allerdings eher als undankbar und dumm.

Ja, Schlummi, ich wohne noch bei meinen Eltern und naja, jetzt (als single..) komme ich nicht mehr oft in Situationen, in denen ich mich wirklich verleugnen muss, sprich bewusst für etwas anderes ausgeben. Eher muss ich oft still halten und schweigen.

Neulich hatten wir im Unterricht wieder eine Diskussion, ob gleichgeschlechtliche Ehe gerechtfertigt sei und zugelassen werden sollte etc. Natürlich habe ich (als eine der wenigen) meinen Standpunkt schon vertreten, allerdings nur soweit es nicht "auffällig oder einschlägig" war. Aber wie gerne hätte ich doch, als einige mutmaßten "...die schauen doch alle komisch aus und springen einen an wie bei den Paraden..." oder "...sonst sind sie doch normal, oder? Kennt jemand irgendjemanden?" "...ich weiß es ja nicht, aaaaber..." (...) etwas gemacht, wie gern hätte ich gesagt, "Hey Leute, nein, so ist es einfach nicht! Schaut mich an - entspreche ich dem Bild?" und " Nein, "die" sind nicht da draußen irgendwo, sondern hier, wir, du und ich!" usw. usf.
Ich wär am liebsten aufgesprungen und hätte mich gleich vor allen geoutet! kaum auszudenken, wenn irgendwo wer unter uns gesessen ist, dem es genauso geht wie mir, oder der noch in einer viel unsichereren und schwereren Phase ist, so wie ich vor einigen Jahren- ich hätte doch vielleicht helfen können!

Solche Situationen find ich furchtbar und dementsprechend unwohl füle ich mich vor der nächsten Diskussion...

Natürlich gibt es da noch andere Faktoren, wie katholische Großeltern. (mich würde interessieren, ob nach Auschluss aus der Kirche eines Homosexuellen auch dessen Eltern ausgeschlossen würden...) Meine Großeltern würden auf jeden Fall nachdem, sie meine Mutter für alles verantwortlich gemacht hätten, auf Knien Wallfahrten gehen ...

Und so bin ich immer hin und hergerissen, wobei ich im moment das eine - dem Umkreis vor den Kopf zu stoßen- als ebenso quälend empfinde wie das andere - weiter zu schweigen und nichts zu der Welt beizutragen, die ich mir während meines Outings gewünscht hätte...

@Schlummi: Gedenkst du denn an deiner Situation etwas zu ändern, oder kommst du so eh gut zurecht?


Tja, ich weiß, es gibt größere Probleme (die ich ja leider auch hab :rolleyes: ) als das Ausmaß eines Outings, aber- eine Entscheidung muss doch her....

Danke fürs Lesen,

wolke, die weiter grübelt...


Nachtrag:
QUOTE
Das hört sich vielleicht blöd an, doch ich besuche diese Schule nur noch ein paar Monate, während er für den Rest seiner Arbeitszeit "der mit der lesbischen Tochter" wäre.


Das hört sich gar nicht blöd an, sondern sehr verständlich. Obwohl es ja auch die Möglichkeit gäbe, dass es dadurch, dass es jemanden "mit der lesbischen Tohter" gibt, gar nicht mehr negativ ist, jemand "mit 'ner lesbsichen Tochter" zu sein.
Vielleicht wäre es dann selbstverständlich und würde dir und einigen anderen das Leben erleichtern; anderen Mut machen und eine Ansprechsperson bieten...
Ja, das ist halt leider nur die eine Seite...

*seufz*



Der Beitrag wurde von wolke bearbeitet: 25.Feb.2007 - 16:34
Go to the top of the page
 
+Quote Post
shark
Beitrag 25.Feb.2007 - 16:27
Beitrag #7


Strösenschusselhai
************

Gruppe: Admin
Beiträge: 21.898
Userin seit: 10.11.2004
Userinnen-Nr.: 741



QUOTE (wolke @ 25.Feb.2007 - 16:23)
mich würde interessieren, ob nach Auschluss aus der Kirche eines Homosexuellen auch dessen Eltern ausgeschlossen würden...

Nein, natürlich nicht!
Go to the top of the page
 
+Quote Post
wolke
Beitrag 25.Feb.2007 - 16:37
Beitrag #8


blinder Passagier
************

Gruppe: Members
Beiträge: 1.957
Userin seit: 07.05.2006
Userinnen-Nr.: 2.905



QUOTE (shark @ 25.Feb.2007 - 16:27)
QUOTE (wolke @ 25.Feb.2007 - 16:23)
mich würde interessieren, ob nach Auschluss aus der Kirche eines Homosexuellen auch dessen Eltern ausgeschlossen würden...

Nein, natürlich nicht!

[COLOR=gray]ist das so offensichtlich?
okay, danke.[/COLOR=gray]
Go to the top of the page
 
+Quote Post
shark
Beitrag 25.Feb.2007 - 16:43
Beitrag #9


Strösenschusselhai
************

Gruppe: Admin
Beiträge: 21.898
Userin seit: 10.11.2004
Userinnen-Nr.: 741



Ich finde schon. Also: für MICH ja. ;)

Ich kann Dein Problem gut nachfühlen, wolke....und das Abwägen IST ja auch nicht leicht.

Aber ich habe irgendwann mal "beschlossen",dass das Leben jede von uns vor Aufgaben stellt. Und dass es am besten ist, dass jede mit IHREN Aufgaben fertig wird undnicht statt dessen mit jenen der Anderen.
Will sagen: Dein "Job" ist es, für Dich zu sorgen. Und Deine Eltern müssen für sich sorgen. Du tust Dir UND ihnen keinen Gefallen, wenn Du sie auf DEINE Kosten zu beschützen versuchst...

Ich bin auch Mutter... und wenn mir eines klar ist, seit die Kinder "geschlüpft" sind, ist es, dass meine Mutterschaft auch beinhaltet, meine Kinder sein zu lassen, wer sie sind. Sie brauchen kein schlechtes Gewissen zu haben, auch wenn sie sich für ein ganz anderes Leben entscheiden, als ich es erwartet hätte. DAS ist Elternjob, damit klar zu kommen und meine Kinder sind nicht dafür verantwortlich, mein Leben zu erleichtern.

Sollte ich Probleme mit meiner Umwelt bekommen, weil meine Kinder so sind,wie sie eben sind, dann muss ICH das klarkriegen... oder mich damit abfinden.
Diesen "Nutzungsbestimmungen" habe ich mit meiner Mutterschaft zugestimmt.

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 25.Feb.2007 - 16:45
Go to the top of the page
 
+Quote Post
wolke
Beitrag 25.Feb.2007 - 16:57
Beitrag #10


blinder Passagier
************

Gruppe: Members
Beiträge: 1.957
Userin seit: 07.05.2006
Userinnen-Nr.: 2.905



Schön gesagt, shark! :blumen:
Go to the top of the page
 
+Quote Post
shark
Beitrag 25.Feb.2007 - 17:02
Beitrag #11


Strösenschusselhai
************

Gruppe: Admin
Beiträge: 21.898
Userin seit: 10.11.2004
Userinnen-Nr.: 741



Danke. :) Ich hoffe, es hilft Dir ein bisschen. Denk an Dich, ja?
Go to the top of the page
 
+Quote Post
chaophraya
Beitrag 25.Feb.2007 - 20:19
Beitrag #12


Naschkatze
**********

Gruppe: Members
Beiträge: 257
Userin seit: 31.01.2006
Userinnen-Nr.: 2.546



Hallo wolke.
Ich bin ganz erschrocken über das was du schreibst. Irgendwie bildet man sich als in liberalem Umfeld aufgewachsener Stadtmensch gerne ein, eine Situation wie du sie schilderst, gäbe es heutzutage und hierzulande nicht mehr in der Form. Dass Eltern oft Probleme mit dem Outing ihres Kindes haben und es ein paar Menschen gibt, die massive Vorbehalte gegen Lesben und Schwule haben - ja. Aber dass eine ganze Familie ihren Ruf riskiert wegen einer lesbischen Tochter? Das finde ich ganz schrecklich.
Ich wünsche dir viel Mut und Kraft für ein Outing. Ich kann sehr gut nachempfinden, was du während der Diskussion in deiner Schule empfunden hast, doch wenn du dich weiterhin verleugnest, wird es immer so sein. Ich denke nicht, dass du dein ganzes Leben versteckt herumlaufen solltest. Auch den Eltern zuliebe halte ich das für falsch. Es ist auch nicht richtig von deinen Eltern, dass sie das überhaupt von dir erwarten. Sie sollten wirklich hinter dir stehen und dadurch etwas dazu beitragen, dass sich bei manch einem Mitbürger diese überholte Ansicht bezüglich Homosexualität ändert.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
McLeod
Beitrag 26.Feb.2007 - 10:46
Beitrag #13


mensch.
************

Gruppe: Members
Beiträge: 6.514
Userin seit: 29.03.2006
Userinnen-Nr.: 2.777



QUOTE (wolke @ 24.Feb.2007 - 18:07)
Klar, der Meinung bin ich auch, wenn ich es für richtig halte offen lesbisch zu leben, dann soll ich es machen und muss natürlich auch mit allen eventuellen Konsequenzen leben; worauf ich hinaus will, ist dass ich mit diesen Konsequenzen leben muss-> meine Entscheidung.
Was aber, wenn nicht nur ich die Folgen zu tragen habe? Wenn auch eng mit mir verbundene Menschen (Eltern...) damit leben müssen?

Nun ja, liebe Wolke...

Deine Eltern haben sich entschieden, ein Kind zu bekommen. Das birgt das Risiko, daß das Kind nicht so gerät, wie sie es sich vorstellen. Vielleicht ist es mehr an Sport, als an einem wissenschaftlichen Studium interessiert, vielleicht macht es sich in einer Casting-Show zum Deppen, vielleicht heiratet der Sohn aus reichem Haus eine arme Kirchenmaus (oder umgekehrt). Sprich: sie haben die Verantwortung für die Überraschungen in ihrem Leben übernommen.

Vielleicht werden sie eines Tages enttäuscht sein, weil sie jahrelang glaubten, ihr Kind möge tatsächlich die Semantik des rätoromanischen Dreizeilers erforschen. Und dann stellt sich zum 50. Geburtstag des Kinds heraus, daß Jura eigentlich das Wunschfach war und das Kind den Eltern zuliebe (beide forschten erfolgreich in den Bereichen "italoromanische Versdichtung" und "die kulturelle Unabhängigkeit des schweizer Kantons Uri") diesen Weg gewählt hatte. Die Eltern allerdings hatten sich doch Freiheit, Entfaltung und eigene Wege für ihr Kind gewünscht.

Wie Du es machst, es könnte "verkehrt" sein. Es liegt nicht in Deiner Verantwortung, was Deine Eltern, Geschwister und Nachbarn vom Leben erwarten. Die Kollegen nicht zu vergessen. Und mir persönlich ist es lieber, "möglicherweise verkehrt" zu handeln, als "garantiert verkehrt", denn "garantiert verkehrt" wäre die rätoromanische Semantik-Forschung als Lebenswerk und -inhalt, wenn doch eigentlich etwas anderes gewünscht ist. Über die Farbe des Hemds bei Tante Trudes 80. Geburtstag lasse ich ja gerne noch mit mir reden. Da kann ich auch recht einfach Rücksicht nehmen auf ihre Grün-Phobie. Es ist ja nur ein Tag und es ist nur ein Hemd. Und mir steht ja auch Orange oder Blau...

Nur so meine Gedanken zum (interessanten! danke.) Thema.

McLeod

Nachtrag / PS: Wenn Dein Lebensziel tatsächlich wäre, tratsch- und konfliktfrei mit den Nachbarn zu leben und das auch noch für die gesamte Familie, dann wünsche ich fröhliches Scheitern ;o) Ich halte es nicht einmal für ein erstrebenswertes Ziel und es ist - erfahrungsgemäß - auch nicht zu erreichen. Lieferste nix zu tratschen und lästern wird entweder etwas erfunden oder Du bist halt als "farblose graue Maus" abgestempelt und verschrien. Wieder so eine "garantiert verkehrt"-Situation...

Der Beitrag wurde von McLeod bearbeitet: 26.Feb.2007 - 10:50
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Laika
Beitrag 26.Feb.2007 - 11:00
Beitrag #14


Gut durch
************

Gruppe: Members
Beiträge: 2.724
Userin seit: 30.11.2005
Userinnen-Nr.: 2.338



@ Wolke
Ich kann dich - leider - sehr gut verstehen.

Obwohl ich weiss, dass man das eigene Leben leben sollte, ist der Gedanke, dass man das in die Tat umsetzt, extrem furchteinflösend ... Bleibt ergo eigentlich nur die Frage, welche Vorstellung abschreckender ist: das eigene Leben zu leben und damit einigen Menschen auf die Füße zu treten, oder selbst zurückzustehen, damit die Menschen, die mal lieb hat, ihre Ruhe haben?!?
Go to the top of the page
 
+Quote Post
McLeod
Beitrag 26.Feb.2007 - 11:08
Beitrag #15


mensch.
************

Gruppe: Members
Beiträge: 6.514
Userin seit: 29.03.2006
Userinnen-Nr.: 2.777



QUOTE (Laika @ 26.Feb.2007 - 11:00)
...das eigene Leben zu leben und damit einigen Menschen auf die Füße zu treten, oder selbst zurückzustehen, damit die Menschen, die mal lieb hat, ihre Ruhe haben?!?

Womit sich die Frage stellt: wollten die Eltern eigentlich diese Ruhe (und vor allem: wollten sie bei dieser Entscheidung bevormundet werden?) und selbst falls sie sie wollen, haben sie überhaupt ein Recht darauf, das schwerer wiegt als die eigenen Ansprüche ans Leben?

Beinahe-juristisch wirft ein:

McLeod
Go to the top of the page
 
+Quote Post
shark
Beitrag 26.Feb.2007 - 11:12
Beitrag #16


Strösenschusselhai
************

Gruppe: Admin
Beiträge: 21.898
Userin seit: 10.11.2004
Userinnen-Nr.: 741



Ganz genau! :zustimm:

Das meinte ich mit "Jedes hat seine Aufgabe im Leben und soll nicht die der Anderen tun".
Das ist bevormundend und entwicklungshemmend - für alle Beteiligten.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Diana
Beitrag 26.Feb.2007 - 11:26
Beitrag #17


Gut durch
************

Gruppe: Members
Beiträge: 1.084
Userin seit: 21.10.2004
Userinnen-Nr.: 633



QUOTE (shark)
Das ist bevormundend und entwicklungshemmend - für alle Beteiligten.

Es ist sogar noch schlimmer. Es funktioniert nicht.
Es ist sozusagen physikalisch-zwischenmenschlich unmöglich.
Niemand kann auf Dauer für einen anderen die Verantwortung übernehmen. Alles Bemühen um Schonung über die normale, situative Rücksichtnahme hinaus geht immer nach hinten los. Für beide Seiten.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Laika
Beitrag 26.Feb.2007 - 13:37
Beitrag #18


Gut durch
************

Gruppe: Members
Beiträge: 2.724
Userin seit: 30.11.2005
Userinnen-Nr.: 2.338



@ Diana
Warum sollte das nicht funktionieren? Klar, über den Sinn oder Unsinn einer solchen Lebensaufgabe kann man streiten, aber möglich ist es doch auf jeden Fall?!?

Zumal man hier ja nicht von der Ewigkeit spricht ... aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass man sich ja nicht vornimmt, die nächsten 30 Jahre zu schweigen, sondern der richtige Zeitpunkt scheint einfach nie gekommen zu sein bzw. man setzt sich immer weitere Ziele bzw. findet Ausflüchte, warum es gerade nicht geht oder zu egoistisch wäre.
Go to the top of the page
 
+Quote Post
shark
Beitrag 26.Feb.2007 - 13:57
Beitrag #19


Strösenschusselhai
************

Gruppe: Admin
Beiträge: 21.898
Userin seit: 10.11.2004
Userinnen-Nr.: 741



Und währenddessen vergiftet das eigene Unglück und das falsch verstandene, überfordernde Verantwortungsgefühl für die "Anderen" die Lebenswelt,die frau eigentlich damit schützen will.... und die so gar nicht existiert... da beißt sich die Katze in den Schwanz...=> funktioniert nicht.

Darüber hinaus ist doch die Frage, ob da eine "Welt zusammen bricht" (wie viele es ausdrücken) gar nicht wirklich relevant, denn DAS passiert ja auch gar nicht: es kommt eine Realität zutage, die bisher nur eine erkannt hat. Und mit dieser "Welt" gilt es zu leben; auf beiden Seiten. Und die Verantwortung für das "Wie" hat jedeR für sich.

Der Beitrag wurde von shark bearbeitet: 26.Feb.2007 - 13:58
Go to the top of the page
 
+Quote Post
Laika
Beitrag 26.Feb.2007 - 14:16
Beitrag #20


Gut durch
************

Gruppe: Members
Beiträge: 2.724
Userin seit: 30.11.2005
Userinnen-Nr.: 2.338



Lässt sich nicht ganz von der Hand weisen ... Bedauerlicherweise ist man hinsichtlich der Reaktion etc. jedoch erst hinterher schlauer; und dann ist es bekanntlich zu spät. -_-

Go to the top of the page
 
+Quote Post

2 Seiten V   1 2 >
Reply to this topicStart new topic
1 Besucherinnen lesen dieses Thema (Gäste: 1 | Anonyme Userinnen: 0)
0 Userinnen:

 



Vereinfachte Darstellung Aktuelles Datum: 14.05.2025 - 23:26