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> Sappho und ihr Lesbos, Buchtipps
regenbogen
Beitrag 22.Dec.2004 - 19:57
Beitrag #1


a.D.
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LadyGodiva hat uns das Thema hier schon schmackhaft gemacht.

Es wird Zeit, dass wir uns unserer "Namensgeberin" einmal näher zuwenden. Hier sind zwei Buchtipps, die sich mit der "zehnten Muse" und ihrer Insel beschäftigen.

(IMG:http://images-eu.amazon.com/images/P/3895615730.03.MZZZZZZZ.jpg) <- Eva Demski: Lesbos. Sappho und ihre Insel

(2. Auflage 2000; 1. Auflage 1995 erschienen als "Das Meer hört zu mit tausend Ohren")

QUOTE
Aus dem Klappentext

Lesbos, die drittgrößte der griechischen Inseln, war schon in der Antike die Insel der Dichtung und der Musik. Der Legende nach liegt der Kopf des Orpheus in der Nähe der Stadt Antissa bestattet, und mit seiner Lyra, die er den Bewohnern von Lesbos hinterließ, schlug die Geburtsstunde der lyrischen Dichtung.

Unterwegs auf Lesbos folgt Eva Demski den Spuren Sapphos, der ersten Lyrikerin der Weltliteratur, die nicht nur ein Mythos, sondern auch ein Symbol für die Liebe zwischen Frauen ist. Hat sie wirklich nur Frauen geliebt? Eva Demski beschreibt, wie die von Sappho besungene Insel heute aussieht und wie viel noch sichtbar ist von den Spuren dieser Person und den Bildern, die sie gesehen hat. Es ist auch ein Buch über die Geschichte der Liebe und das Wiederfinden der Musik in der Lyrik.

Sapphos Lieder wurden damals in ganz Griechenland gesungen, ihr Bild wurde auf Münzen geprägt, und heute begrüßt ihr Denkmal den Besucher im Hafen von Mytilene.

Von Sapphos Geburtsort Eressos bis zu "ihrer" Stadt Mytilene sieht Eva Demski Bauwerke, Mosaiken und Straßen mit den Augen der Dichterin. Sie geht durch die endlosen Olivenhaine im Osten der Insel, die vom Meer bis zu den Bergen reichen, und durchquert die karge Steinwüste im Westen von Lesbos.

Die wichtigen Fragmente und die wenigen erhaltenen Gedichte der Sappho hat Eva Demski für dieses Buch neu übersetzt.

Eva Demski, geboren in Regensburg, lebt als Schriftstellerin und Publizistin in Frankfurt am Main.


QUOTE (© regenbogen)
Der antiken Dichterin Sappho (um 600 v. Chr.) und den Kleinodien ihrer lyrischen Dichtkunst, die in raren Fragmenten überliefert sind, begegnet Eva Demski mit großem Respekt. Das heißt nicht, dass sie den griechischen Urtext mit dem anderen Übertragungen eigenen Pathos verschnörkelt, das heißt im Gegenteil, dass sie die klare, simple Sprache Sapphos, der "zehnten Muse", in ihren Übersetzungen behutsam freilegt wie die Archäologin einen Fund antiker Tonscherben.

Sapphos Heimatinsel, Lesbos, nimmt Eva Demski mit dem gleichen Respekt in Augenschein, zugleich aber auch mit dem gleichen Misstrauen gegenüber allzu bequemen Legenden. Frauenpaare sieht sie nur wenige; gar als Wallfahrtsort frauenliebender Frauen erlebt sie Lesbos nicht. Der misstrauischen Leserin oder gar dem misstrauischen Leser kommt das entgegen. "Von dieser Sappho hat man ja auch da und dort gehört, aber man soll das gar nicht so ernst nehmen. Hier fahren ganz normale Familien hin, das sehen Sie doch! Warum muss denn immer alles was extra sein, da sind wir gar nicht so für!" Nein, mag die Autorin auch keine einseitige Verherrlichung Sapphos zulassen, so erlaubt sie doch auch Scheuklappenträgern anderer Couleur nicht, die Insel für sich mit Beschlag zu belegen.

Das Lesbos Eva Demskis zeigt sich spröde. Hier liegt nichts auf der Hand, erschließt sich nichts unmittelbar, gibt es keine einfachen Wahrheiten. Die größten Kulturschätze und Naturschönheiten sind nur auf mühsamen Wegen zu erreichen, erst auf den zweiten Blick sichtbar. Eva Demski lässt sich auf die anstrengende Suche ein, und sie wird fündig, ohne dass sie oder die Insel ihre heilsame Distanz zueinander aufgeben müssen.

Auch Sappho lässt sich nicht ohne Weiteres einspannen in touristische Attraktionen, lässt sich nicht vereinnahmen von Frauen, die in ihr ein historisches Vorbild für ihr homosexuelles Lieben suchen.

Sappho war nicht nur eine begnadete Dichterin; ihr Ruf als Frauenliebende, der dazu führte, dass ihre Insel dieser Liebe den Namen gab, rührt von der von ihr gegründeten Schule, in der sie junge Mädchen auf die Ehe vorbereitete. Am Ende dieser Schulzeit stand in der Regel die Vermählung mit einem Mann; das war das Lebensziel der jungen Mädchen, und Sappho hatte es sich zur Aufgabe gemacht, sie mit den nötigen Fertigkeiten dafür auszustatten. Eine Schelmin, die Böses dabei denkt. Die homoerotischen Erfahrungen der jungen Mädchen in dieser Schule gehörten ebenso zum Erwachsenwerden wie die traditionelle sexuelle Anleitung der jungen Männer durch ihre "Mentoren", und Eva Demski schildert sie als etwas, das in der heutigen Zeit seine Selbstverständlichkeit verloren hat: Liebe ist Liebe, egal, wem sie gilt.

So hat Sappho ihren Schülerinnen nicht nur das erteilt, was heute "Aufklärungsunterricht" heißt, sondern hat denjenigen unter ihnen, mit denen sie eine besondere Zärtlichkeit verband, Zeilen wie diese gewidmet, die sich in Eva Demskis klarer Sprache ihr Leuchten bewahren:

Viele Kränze aus Veilchen
Rosen und Krokus
Bei mir ins Haar dir
Blumenketten, duftend
Um den weichen Hals
Geflochten aus zarten Blüten


Doch nicht nur in ihren Sappho-Übersetzungen betört Eva Demski ihre LeserInnen mit ihrer Sprache. Sie könnte auch über Gartenkräuter schreiben oder über moderne Städteplanung, es würde ihr immer gelingen, ihre LeserInnen hineinzuzaubern in ihre Art, die Welt zu sehen. Eine feine Ironie ziert ihren Stil, und doch entfernt sie sich von ihrem Gegenstand nie so weit, dass ihre ehrliche Auseinandersetzung mit ihm nicht doch durchschiene. In diesem Buch ist diese Art der Annäherung an das Sujet besonders gelungen, vereint sie doch die Distanz der fernen Beobachterin mit der Bereitschaft der neugierigen Reisenden, sich auf die fremde Welt dieser Insel und ihre geheimnisvolle Geschichte einzulassen.

Meine Meinung: Kein Reise-Lesebuch und kein trockener Reiseführer, sondern eine zauberhafte Reise-Entführerin.

(für Angelika B.)





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regenbogen
Beitrag 22.Dec.2004 - 20:01
Beitrag #2


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(IMG:http://images-eu.amazon.com/images/P/3423206772.03.MZZZZZZZ.jpg) <- Siegfried Obermeier: Sappho

QUOTE (Kurzinfo des Verlags)
Platon bezeichnet sie als zehnte Muse im griechischen Götterpanoptikum. Sie gilt als die größte Dichterin des Altertums und Erfinderin der lesbischen Liebe: Sappho, geboren um 615 v. Chr.

Ihre Kindheit ist außergewöhnlich. Als erste Frau schreibt sie Gedichte, die sie schon bald über die Grenzen von Lesbos hinaus berühmt machen. Zwar heiratet sie einen Händler aus Andros, mit dem sie eine Tochter hat, er setzt sich jedoch schon wenige Jahre später während politischer Unruhen wieder in seine Heimat ab. Mit Kleis, ihrer Tochter, muss Sappho nach Sizilien in die Verbannung, wo sie eine bittersüße Liebe mit einem Zeuspriester erlebt.

Immer deutlicher wird ihr die eigentliche Bestimmung ihres Lebens: Mädchen eine Ausbildung zu ermöglichen, ihnen Lesen, Schreiben, Rechnen beizubringen, sie auf ihre Aufgaben als Hausfrau vorzubereiten, sie aber auch vor der Hochzeit in die Geheimnisse der Liebe einzuweihen. Zurück auf Lesbos, verwirklicht sie sich diesen Lebenstraum. Es dauert jedoch nicht lange, bis ihre unkonventionellen Lehrmethoden Anstoß erregen …


QUOTE (© regenbogen)
Ein historischer Roman ist ein seltsames Ding: Er ist erfunden und ist es doch nicht. Vor einer historisch belegten Kulisse schreibt er Personen, die es tatsächlich gegeben hat, und Personen, die er hinzuerfindet, ein Leben zu, wie es hätte sein können.

Als Geschichtsunterricht taugt er nicht, denn der Autor verrät nicht, deutet allenfalls in einem kurzen Nachwort an, welche Teile des Erzählten wahr und welche erdichtet sind. Oder ist es womöglich gleichgültig, ob alles so passiert ist oder nicht? Ist es der Zweck des historischen Romans, geschichtlich Belegtes in leicht verdaulicher Form auch denjenigen zugänglich zu machen, die sonst nichts mit der Historie am Hut haben, auch wenn dabei die Korrektheit des Details geopfert wird?

An dieser Stelle ist das Coming-out der Rezensentin fällig: Sie ist eine Geschichtsbanausin. Sie kann mit Jahreszahlen, Kriegen und Belagerungen nichts anfangen. So ist sie auch historischen Romanen gegenüber skeptisch und liest lieber eine gute Geschichte ohne weltpolitisch bedeutsame Kulisse. Auf die Belehrung verzichtet sie dabei gern.

An den Sappho-Roman von Siegfried Obermeier hat die Rezensentin sich gewagt, weil sie sich für die Frau, Liebende und Dichterin Sappho interessierte und weil ihr Siegfried Obermeier als Autor historischer Romane empfohlen worden war. Dass sie dabei auch Geschichtsunterricht in Sachen Lesbos bekam, entlockte ihr in der ersten Hälfte so manches Stirnrunzeln, und das Buch lag einige Monate in der Ecke.

In der Zwischenzeit entdeckte sie "Lesbos" von Eva Demski. Sie las, wie sehr sich die berühmte Insel dem Zugang der Reisenden entzog, wie viele zweite Blicke, wie viel Hartnäckigkeit notwendig waren, um sich die Schönheiten der Insel und ihrer Stimmungen zu erarbeiten. Wie sehr sich das lohnte. Und sie beschloss, auch "Sappho" eine zweite Chance zu geben.

Sie las weiter. Und entdeckte eine wunderbare Geschichte einer Frau, die ihrer Zeit in vielem voraus war, vor allem, was die Erziehung und Mündigkeit junger Frauen betraf. Sappho erzählt in diesem Buch ihrer Tochter Kleïs ihre Lebensgeschichte. Sie zeichnet den zeitgeschichtlichen Hintergrund, der ihren Werdegang so sehr geprägt hat - auch die Rezensentin war schliesslich froh, dass sie sich darauf eingelassen hat, Sappho zunächst durch die Wirren der lesbiotischen Adelsherrschaft hindurch zu folgen, um dann so viel besser zu verstehen, wie Sappho in ihrer Familie gelebt haben mag, wie sie dazu gekommen sein mag, in ihrer Schule junge Mädchen auf das Leben als Ehefrau vorzubereiten, wie ihr Wirken als berühmte Verseschmiedin ausgesehen haben mag.

Vor allem, jedenfalls für lesbische Frauen, die sich auf die Suche nach ihrer eigenen Geschichte machen wollen, zeigt dieses Buch eine unvoreingenommene Interpretation der sagenumwobenen Frauenliebe Sapphos. Es beschreibt, wie es für junge Männer jener Zeit selbstverständlich war, von ihrem erwachsenen "Mentor" auch in sexueller Hinsicht aufs Mannsein vorbereitet zu werden. Wie Sappho den bisher völlig naiv in die Ehe gehenden jungen Frauen auf den Weg zu einer selbstbestimmten Sexualität half. Wie sie zu einigen ihrer Schülerinnen dabei eine ganz besondere Beziehung entwickelte. Wie sie auch Beziehungen zu Männern pflegte, ohne dass ihre Zeit sie gezwungen hätte, ihre "sexuelle Orientierung" zum Thema zu machen und sich in eine Schublade stecken zu lassen. Können wir Lesben Sappho heute als unsere "Urmutter" in Anspruch nehmen? Nein, so leicht macht sie es uns nicht. Wir erinnern uns an Eva Demski: Auf Lesbos gibt es keine einfachen Antworten.

Das Gleiche gilt natürlich für die Frage, die wir an Siegfried Obermeiers "Sappho" stellen müssen: Ist dies wirklich Sapphos Lebensgeschichte? Nein. Dazu ist viel zu wenig überliefert, viel zu viel an Zeitzeugnissen und Werken verloren gegangen. Dies ist ein historischer Roman, kein Geschichtsbuch. Aber es ist Siegfried Obermeier hervorragend gelungen, das Wenige, was bekannt ist, zu einem schlüssiges Bild zusammenzufügen, das genügend Fragen offen lässt, um plausibel zu bleiben. Und spannend und gut erzählt ist seine Geschichte noch dazu.

Meine Meinung: Ein Schmöker, der historischen Hintergrund und spannende Lebensgeschichte auf gelungene Weise mischt.
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regenbogen
Beitrag 22.Feb.2007 - 20:22
Beitrag #3


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Jetzt für nur noch 6 € als Taschenbuch: Eva Demski: Lesbos. Sappho und ihre Insel

(IMG:http://images-eu.amazon.com/images/P/3895615730.03.MZZZZZZZ.jpg) <-- klick

QUOTE (regenbogen @ 22.Dec.2004 - 19:57)

QUOTE
Aus dem Klappentext

Lesbos, die drittgrößte der griechischen Inseln, war schon in der Antike die Insel der Dichtung und der Musik. Der Legende nach liegt der Kopf des Orpheus in der Nähe der Stadt Antissa bestattet, und mit seiner Lyra, die er den Bewohnern von Lesbos hinterließ, schlug die Geburtsstunde der lyrischen Dichtung.

Unterwegs auf Lesbos folgt Eva Demski den Spuren Sapphos, der ersten Lyrikerin der Weltliteratur, die nicht nur ein Mythos, sondern auch ein Symbol für die Liebe zwischen Frauen ist. Hat sie wirklich nur Frauen geliebt? Eva Demski beschreibt, wie die von Sappho besungene Insel heute aussieht und wie viel noch sichtbar ist von den Spuren dieser Person und den Bildern, die sie gesehen hat. Es ist auch ein Buch über die Geschichte der Liebe und das Wiederfinden der Musik in der Lyrik.

Sapphos Lieder wurden damals in ganz Griechenland gesungen, ihr Bild wurde auf Münzen geprägt, und heute begrüßt ihr Denkmal den Besucher im Hafen von Mytilene.

Von Sapphos Geburtsort Eressos bis zu "ihrer" Stadt Mytilene sieht Eva Demski Bauwerke, Mosaiken und Straßen mit den Augen der Dichterin. Sie geht durch die endlosen Olivenhaine im Osten der Insel, die vom Meer bis zu den Bergen reichen, und durchquert die karge Steinwüste im Westen von Lesbos.

Die wichtigen Fragmente und die wenigen erhaltenen Gedichte der Sappho hat Eva Demski für dieses Buch neu übersetzt.

Eva Demski, geboren in Regensburg, lebt als Schriftstellerin und Publizistin in Frankfurt am Main.


QUOTE (© regenbogen)
Der antiken Dichterin Sappho (um 600 v. Chr.) und den Kleinodien ihrer lyrischen Dichtkunst, die in raren Fragmenten überliefert sind, begegnet Eva Demski mit großem Respekt. Das heißt nicht, dass sie den griechischen Urtext mit dem anderen Übertragungen eigenen Pathos verschnörkelt, das heißt im Gegenteil, dass sie die klare, simple Sprache Sapphos, der "zehnten Muse", in ihren Übersetzungen behutsam freilegt wie die Archäologin einen Fund antiker Tonscherben.

Sapphos Heimatinsel, Lesbos, nimmt Eva Demski mit dem gleichen Respekt in Augenschein, zugleich aber auch mit dem gleichen Misstrauen gegenüber allzu bequemen Legenden. Frauenpaare sieht sie nur wenige; gar als Wallfahrtsort frauenliebender Frauen erlebt sie Lesbos nicht. Der misstrauischen Leserin oder gar dem misstrauischen Leser kommt das entgegen. "Von dieser Sappho hat man ja auch da und dort gehört, aber man soll das gar nicht so ernst nehmen. Hier fahren ganz normale Familien hin, das sehen Sie doch! Warum muss denn immer alles was extra sein, da sind wir gar nicht so für!" Nein, mag die Autorin auch keine einseitige Verherrlichung Sapphos zulassen, so erlaubt sie doch auch Scheuklappenträgern anderer Couleur nicht, die Insel für sich mit Beschlag zu belegen.

Das Lesbos Eva Demskis zeigt sich spröde. Hier liegt nichts auf der Hand, erschließt sich nichts unmittelbar, gibt es keine einfachen Wahrheiten. Die größten Kulturschätze und Naturschönheiten sind nur auf mühsamen Wegen zu erreichen, erst auf den zweiten Blick sichtbar. Eva Demski lässt sich auf die anstrengende Suche ein, und sie wird fündig, ohne dass sie oder die Insel ihre heilsame Distanz zueinander aufgeben müssen.

Auch Sappho lässt sich nicht ohne Weiteres einspannen in touristische Attraktionen, lässt sich nicht vereinnahmen von Frauen, die in ihr ein historisches Vorbild für ihr homosexuelles Lieben suchen.

Sappho war nicht nur eine begnadete Dichterin; ihr Ruf als Frauenliebende, der dazu führte, dass ihre Insel dieser Liebe den Namen gab, rührt von der von ihr gegründeten Schule, in der sie junge Mädchen auf die Ehe vorbereitete. Am Ende dieser Schulzeit stand in der Regel die Vermählung mit einem Mann; das war das Lebensziel der jungen Mädchen, und Sappho hatte es sich zur Aufgabe gemacht, sie mit den nötigen Fertigkeiten dafür auszustatten. Eine Schelmin, die Böses dabei denkt. Die homoerotischen Erfahrungen der jungen Mädchen in dieser Schule gehörten ebenso zum Erwachsenwerden wie die traditionelle sexuelle Anleitung der jungen Männer durch ihre "Mentoren", und Eva Demski schildert sie als etwas, das in der heutigen Zeit seine Selbstverständlichkeit verloren hat: Liebe ist Liebe, egal, wem sie gilt.

So hat Sappho ihren Schülerinnen nicht nur das erteilt, was heute "Aufklärungsunterricht" heißt, sondern hat denjenigen unter ihnen, mit denen sie eine besondere Zärtlichkeit verband, Zeilen wie diese gewidmet, die sich in Eva Demskis klarer Sprache ihr Leuchten bewahren:

Viele Kränze aus Veilchen
Rosen und Krokus
Bei mir ins Haar dir
Blumenketten, duftend
Um den weichen Hals
Geflochten aus zarten Blüten


Doch nicht nur in ihren Sappho-Übersetzungen betört Eva Demski ihre LeserInnen mit ihrer Sprache. Sie könnte auch über Gartenkräuter schreiben oder über moderne Städteplanung, es würde ihr immer gelingen, ihre LeserInnen hineinzuzaubern in ihre Art, die Welt zu sehen. Eine feine Ironie ziert ihren Stil, und doch entfernt sie sich von ihrem Gegenstand nie so weit, dass ihre ehrliche Auseinandersetzung mit ihm nicht doch durchschiene. In diesem Buch ist diese Art der Annäherung an das Sujet besonders gelungen, vereint sie doch die Distanz der fernen Beobachterin mit der Bereitschaft der neugierigen Reisenden, sich auf die fremde Welt dieser Insel und ihre geheimnisvolle Geschichte einzulassen.

Meine Meinung: Kein Reise-Lesebuch und kein trockener Reiseführer, sondern eine zauberhafte Reise-Entführerin.

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Vereinfachte Darstellung Aktuelles Datum: 09.05.2025 - 00:27