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> Konkurrenz belebt das Geschäft?, Rivalität - Schicksal oder Chance?
sonnenstrahl
Beitrag 25.Oct.2009 - 08:55
Beitrag #101


verboden vrucht
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ZITAT(robin @ 23.Oct.2009 - 13:59) *
ZITAT(sonnenstrahl @ 21.Oct.2009 - 10:12) *


Zitat aus dem link:

Wenn ich also davon ausgehe, dass Männer den höheren Status in dieser Gesellschaft haben, und Frauen in ihrer Biographie als ein wesentliches Ziel immer noch die Verbindung/Partnerschaft/ Ehe mit einem Mann betrachten, (sicherlich haben sich Lebensziele wie Ausbildung und Berufstätigkeit auch als wichtige Lebensziele daneben etabliert) so ist die Rivalität um diesen Mann, und die Hoffnung auf Teilhabe an seiner Macht als „seine“ Frau, ein wichtiges Lebensziel für viele Frauen. Auf dieses Lebensziel müssen zwangsläufig auch die Sozialisationsaufgaben gerichtet sein. Und selbst wenn Männer keinen Status als potentielles Liebesobjekt haben, erhalten sie doch, qua ihrer Macht Anerkennung auszusprechen oder zu entziehen, einen hohen Stellenwert.

Das scheint mir ein ganz wichtiger punkt zu sein (IMG:style_emoticons/default/smile.gif)


Ja, scheint mir auch so.

Ein anderer, mir im Artikel zu wenig benannter Aspekt ist die große Angst vor Verlust oder Einbußen.

Ich erinnere mich dabei gerade v.a. an die Mobbinggeschichte einer guten Freundin irgendwo in Deutschland, die ich über lange Zeit aus zweiter Hand, (und dennoch für mein Gefühl recht hautnah) mitbekam.
Als nichtstudierte migrantische Quotenfrau mit viel zuvor schon gesammelter alternativer Projekterfahrung arbeitete sie 18 Jahre lang in einem, zu Hochzeiten der (zweiten) Frauenbewegung gegründeten, sozialen Frauenprojekt.
Alles war gut und solidarisch, jede Mitarbeiterin, egal ob studiert oder nicht-studiert, wurde als absolut gleichwertig angesehen. Selbst finanziell gab es einen großen Topf, in den alle ihre z.T. sehr unterschiedlichen Gehälter zahlten. Jede Frau verdiente somit jahrzehntelang - inoffiziell - das Gleiche.
Es wurde privat geklönt, nach der Arbeit hier und da noch Essen gegangen, gemeinsam Geburtstag gefeiert, zu Partnerschaftsritualen eingeladen, mitunter sogar miteinander in Urlaub gefahren. Die Arbeit machte sowohl Sinn als auch Spaß.
Bis die zuständige Behörde die Stellen und Gelder kürzte.
Mit einem Mal gab es studierte Doch-Fachfrauen, die sich als "qualifizierter" und somit höhergestellt begriffen, und die natürlich auch ein höheres Einkommen verdient hatten. Wozu studiert frau sonst jahrelang? Alte Basiswerte wurden gekippt. Wer als erstes gehen musste, war eine unstudierte Migrantin. Die nächste sah sich dem stark veränderten Klima sehr schnell nicht mehr gewachsen, und ging kurze Zeit später sehr enttäuscht und verletzt. Dann die nächste. Die letzte hielt sich, da sie sich als mittlerweile über fünfzigjährige, ungelernte, körperlich beeinträchtigte Frau keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt mehr ausmalte, noch jahrelang. Aus den ehemals fast schon befreundeten Kolleginnen waren, in persönlichen Abstufungen, so etwas Feindinnen geworden, die sich untereinander als umso bollwerkartig befreundeter zeigten, ihr nach und nach nahezu sämtliche Kompetenzen abzusprechen versuchten, und ihr wesentliche Aufgabenbereiche entzogen.
Adieu Solidarität. Adieu Idealismus.

Warum?

Die Angst vor Verlust oder Einbußen war nicht nur eine Floskel, um den nun doch wahrgenommenen, und mit Zähnen und Klauen verteidigten Bonus zu rechtfertigen. Diese Angst wurde offensichtlich sehr körperlich gespürt. Sie nahm Seelen in die Mangel. Und zwar nicht nur die derer, die gehen mussten.
Es war von quälenden Alpträumen der studierten, deutschen Kolleginnen die Rede: Sie könnten selbst den Job verlieren. Oder gar ins Gefängnis kommen für die jahrelange inoffizielle Gleichstellung. Das Geld könnte hinten und vorne nicht mehr reichen. ... Schließlich haben sie Familien.
Die Bandagen wurden immer härter.
Nicht nur meine Freundin wurde krank, sondern auch die Mehrzahl ihrer studierten Kolleginnen. Und zwar sehr krank.
Eine nach der anderen wurde von der empfundenen Zwickmühle zerrieben.
Es handelt sich ja letztenendes - bei aller verständlichen Empörung, Bitterkeit, Enttäuschung, bei allem Schmerz auf der Seite der Gemobbten -, auch bei den Frauen auf der anderen, der "Gegnerinnen"-Seite um denkende und fühlende Menschen, mit überdies z.T. wohl alles andere als einfachen persönlichen Geschichten, und nicht um durch und durch raffgierige Monstren.
Jede von ihnen hatte einmal aus (gefühltem) vollem Herzen hinter einer menschen- und frauenfreundlichen Idee gestanden.
... Freilich: Als sie noch jung waren, und soziale Luftschlösser im Kopf hatten. Es wurde ja - nach engagierten Einstiegskämpfen - von städtischer Seite aus bezahlt, und lange Jahre hat kein Hahn danach gekräht.
Die veränderte Realität hat andere, unleuchtende Seiten aus ihnen hervorgekehrt, die zuvor unbehelligt und wohlgepampert in ihnen schlummerten.

(Ja, sicher: Sie hätten auch anders damit umgehen können ... Was allerdings erfordert hätte, dass sie einen entspannteren Umgang mit ihren Existenz-Ängsten finden. So etwas jedoch schüttelt frau nicht mal eben aus dem Ärmel. Und frau/mensch sieht wahrscheinlich oftmals auch gar nicht ein, warum sie/er in diesem Punkt an sich arbeiten sollte. Bzw. dass es überhaupt möglich ist.)

Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 25.Oct.2009 - 09:04
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robin
Beitrag 25.Oct.2009 - 11:46
Beitrag #102


I lof tarof!
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Oh! Sehr gutes beispiel! Es illustriert ganz genau meine haltung gegenüber dem ganzen "konkurrenz-mist". Ja, mist!
Denn ich stelle gar nicht in frage, dass alle menschen, mehr oder weniger, einen konkurrenz"trieb" besitzen, der per se nicht negativ sein muss.
Der aber seit tausenden von jahren schon eine richtung eingeschlagen hat, die verheerend ist. Für die gesamte menschheit.
Kriege sind meiner meinung nach eine auswirkung entfesselter konkurrenzen, genauso wie wettrüsten, imperialismus, unw usf - ausbeutung ganz allgemein.

Gewaltbereitschaft ist auch ein trieb - ich spüre ihn sehr oft in mir, deswegen kultiviere ich ihn nicht, geschweige denn zelebriere ich ihn.

Was dein beispiel mit den konkurrenzkämpfen innerhalb eines frauenprojektes auf kosten schwächerer kolleginnen, zeigt sich für mich deutlich, dass man/frau sich entscheiden kann, was er/sie mit dem konkurrieren tut: Auch wenns um die eigene finanzielle sicherheit geht!
Die frauen dort haben sich mit ihrem verhalten auf eine ähnliche stufe herabgesetzt, die auch waffenhändler, frauenverachtende luden, skrupellose pharmakonzerne kennzeichnet.
Meine überspitzung ist bewusst, denn der korrupte motor ist für mich der gleiche, im kleinen wie auch im großen.
Wir alle tragen zum (welt)frieden bei, mit unseren ganz alltäglichen taten - oder zum weltuntergang, mit unserem hauen & stechen, ganz gesellschaftskonform, jeden tag aufs neue.

Ich füge ein bild ein, das ich gestern abend bei einer veranstaltung in hamburg geknipst habe.
diese zeilen haben mich sehr berührt... ich dachte, das haben die jungen menschen dort verfasst... bis ich dann las, dass sie gar nicht "neu" sind - und doch hat sich unsere welt seitdem kein bisschen... "verbessert"
(IMG:style_emoticons/default/smile.gif)

KLICK!


edit: ich möchte nicht, missverstanden werden, ich verteufele KEINE triebe! (IMG:style_emoticons/default/biggrin.gif)
alle gehören zum menschsein und haben eine berechtigung. Es geht mich um den umgang mit ihnen und um die innere haltung ... darum, ob man sich dessen bewusst ist und wie man triebe steuert, damit sie sich positiv entfalten können (für die mitmenschen inbegriffen!)
Dass triebe gesteuert werden müssen ist für mich allerdings selbstverständlich.

Der Beitrag wurde von robin bearbeitet: 25.Oct.2009 - 12:04
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DerTagAmMeer
Beitrag 25.Oct.2009 - 15:05
Beitrag #103


Adiaphora
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Auch wenn ich die beschriebene Beispielsituation nicht kenne und darum überhaupt nicht beurteilen kann, welche Alternativen möglich gewesen wären, fallen (stoßen) mir ein paar Sätze besonders auf:

ZITAT(sonnenstrahl)
Alles war gut und solidarisch [...] Bis die zuständige Behörde die Stellen und Gelder kürzte.

ZITAT(sonnenstrahl)
Diese Angst wurde offensichtlich sehr körperlich gespürt. Sie nahm Seelen in die Mangel

ZITAT(sonnenstrahl)
Die veränderte Realität hat andere, unleuchtende Seiten aus ihnen hervorgekehrt, die zuvor unbehelligt und wohlgepampert in ihnen schlummerten.


Wenn ich die Entwicklung recht verstehe, hat sich hier keine konkurrenzgeile Schattenkreatur aus den Untiefen einer weiblichen Psyche emporgekämpft und das Ruder übernommen. Vielmehr hat der Druck von außen zugenommen und die defensive Psyche - unfähig den Kampf aufzunehmen, um die eigenen Ideale mit gewetzten Krallen zu verteidigen - hat den Druck "nach unten" weitergegeben.

Für mich ist diese Geschichte (so wie ich sie hier bruchstückhaft umrissen lese) kein Beispiel für entfesselten Konkurrenzwillen, sondern für Überforderung und Feigheit. Für das Fehlen von Mut und Kampfgeist.

In meiner Jugend fand die Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit unserer Großeltern bevorzugt unter der Fragestellung statt "Was hätte ich damals getan?" Ich finde keine Antwort auf diese Frage. Aber wenn ich die Biographien dieser Zeit lese, stelle ich fest, dass Widerstandskraft und Mut, vielfach auch Übermut, Stolz und sportlicher Ehrgeiz das Rückgrat damals nachhaltiger geschützt haben als moralisch-ethische Überzeugungen. Dass ausgerechnet die Spielernaturen widerstanden, wo aus aufopfernden Müttern kalte Egomaninnen wurden, hat mich bestürzt, verunsichert und zum Grübeln über meine eigene "Konfliktfähigkeit" gebracht.

Auch in der heutigen Zeit habe ich nicht das Gefühl, dass wir es in erster Linie mit einem "hedonistischen Konkurrenztrieb" zu tun haben. Konkurrenzverhalten nährt sich auch heute aus der Angst vor dem Abstieg, gibt destruktiven Druck von oben nach unten weiter, ist nicht ehrgeizig sondern feige und verschämt.

Es fehlt nicht an pazifistischer Sehnsucht und romantischer Verklärung sozialen Engagements.
Aus meiner Sicht fehlt es vielmehr an Mut die Zähne zu zeigen, anzuecken, und eine Protesthaltung einzunehmen, die unter Umständen etwas kosten kann. Die wenigsten Menschen haben genug Kapital, um mildtätig die Welt zu verändern.
Viel öfter stellt sich die Frage: Wie gelingt es mir, dem Druck dort zu widerstehen, wo er auf mich ausgeübt wird, statt einzustecken und dabei krank zu werden oder ihn an Schwächeren auszuagieren und mich mitschuldig zu machen am Leid derer, die von meiner Solidarität abhängen.

Der Beitrag wurde von DerTagAmMeer bearbeitet: 25.Oct.2009 - 16:04
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sonnenstrahl
Beitrag 25.Oct.2009 - 22:48
Beitrag #104


verboden vrucht
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@dtam:

Ja, ich denke auch, dass unser menschliches Konkurrenzvermögen vielfach nicht aus raffzähniger Gefräßigkeit, sondern aus Angst vor dem Abspecken- oder gar die-Tigerin-in-sich-wecken-müssen in Gang gesetzt wird.

Und wenn es speziell um das besitz-, behaglichkeits- und positionswahrende Verhalten weiblich sozialisierter Mitmenschen geht:
Da gehen dropje voor dropje gezielte Lügen, wohlbedachte, folgenreiche Informations-Unterschlagungen, schädigend plaziertes, händeringendes Stöhnen über (z.T. sogar erfundene oder in die Schuhe geschobene) Fehler der Kollegin, und intrigante Verklüngelungsversuche gegen Schwächere offenbar oftmals flotter über die Lippen, als eine Runde Tacheles gegenüber denen, die am Machthebel sitzen.
"Vielleicht merkt es ja keine/r dass ich überhaupt zu meinen Gunsten aktiv geworden bin. Iiiiich tu doch nichts."
Ausgrenzung kann mitunter so subtil geschehen, dass jede daran Beteiligte sich noch absolut fair, oder sogar selbst in ihrer gütigen Offenheits-Bereitschaft gekränkt glauben kann, wenn sie will. "Können wir doch nichts dafür, wenn die kein Interesse mehr daran hat, mit uns Essen zu gehen."
Nur durch das Unterbewusstsein weht seither ein schaurig-kühler Wind, und treibt schwarze Alpwolken in die nächtlichen Träume ...

Offene Auflehnung gegen Missstände kann verdammt anstrengend sein, klar. Im Kleinen wie im Großen.
Aber ...
(Passt das eigentlich noch zum Thema? Na - ich setz es vorsichtshalber mal in nebelgrau.)

Lest selbst, wenn ihr wollt, vielleicht macht meine Geschichte ja der Einen oder Anderen, die ihn diesbezüglich braucht, Mut.
Und Konkurrenz kommt durchaus auch drin vor:

Vor etlichen Jahren bekam die Abteilung, in der ich damals arbeitete, eine neue Chefin, mit deren bisherigem Team wir fusioniert wurden.
Von Anerkennung und Würdigung unserer Kompetenzen keine Spur. Es ging nur noch um Zahlen, die hatten zu stimmen, bzw. getoppt zu werden. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte ich statt einer Behandlung pro Stunde, wie es meiner Methode angemessen ist, vier in der gleichen Zeit unterbringen sollen. An KollegInnensolidarität war nicht zu denken. Das vormals familiäre Betriebsklima war einer Kasernenatmosphäre gewichen. Das Unsäglichste aber waren die Teamsitzungen. Ich habe mir allen Ernstes den Satz anhören müssen: "Das ist keine Bitte, das ist ein Befehl.", und konnte es mir nicht verkneifen, laut zu lachen, und zu entgegnen: "Wir sind hier doch nicht beim Militär." Meine - ich kann es nicht anders sagen: feigen - kuschenden KollegInnen waren vor Entsetzen und Furcht vor dem zu erwartenden Donnerwetter wie erstarrt. Meine Chefin jedoch sprang, statt mich zu attackieren, auf, fegte davon, und schrie beim Türenknallen "Ich halt das alles nicht mehr aus!"
Auflehnung schien ihr neu zu sein. Dafür war sie nicht gerüstet.
Grund für die beschriebene Situation wahrscheinlich auch hier: Angst jeder/jedes Einzelnen, weggekürzt zu werden, einschließlich der Chefin, die unübersehbarerweise befürchtete, den Anforderungen von oben nicht gerecht werden zu können.
(Anforderungen, auf die die bisherige, und nun leider berentete Chefin, eine streitbare und sozial engagierte Persönlichkeit mit Ecken und Kanten, sich ein Ei gebacken hatte).
Auch eine Form des Umganges mit (evtl. nachrückender/ersetzender) Konkurrenz: Das Pochen auf strenge Hierarchien. "Es IST so, und es BLEIBT so!"
Ich sah mich in der Zwickmühle, diese Arbeit zu "brauchen", und am liebsten kündigen zu wollen.
Was tun?
Was von mir verlangt wurde, lag mir schwer im Magen: Mir war angetragen worden, meine Ideale (bzgl. meiner Arbeit) zu veräußern. Was für mich gleichbedeutend gewesen wäre mit: Mich verkaufen. ... Undenkbar!
Das plagte mich weitaus mehr noch als die Tatsache, dass meine Anstellung bedroht war. Obwohl auch das mich keineswegs kalt ließ. Innerlich zitterte ich vor Anspannung.
Mir ging es ein paar Tage lang elend, ich hatte eine tierische Wut im Bauch - neben heftigen Existenzbefürchtungen -, und konnte nicht mehr schlafen.
Ich war mir sicher, dass ich SO nicht arbeiten wollte, und bat schließlich um einen Termin beim mir bis dato unbekannten ärztlichen Klinikdirektor persönlich.
Der mich auch empfing, sich wohlwollend und interessiert mein Anliegen anhörte - und besagte Chefin zu sich zitierte, die daraufhin - zurück im Team - einen Heulkrampf bekam.
Nun nahm der Machtkampf seinen Lauf:
Ich wurde vom Personalchef (auch neu), mit dem Madame Chef gut stand, abgemahnt. Der Dienstweg sei nicht eingehalten worden. Ich hätte zuerst bei ihm vorsprechen müssen. (Warum ich genau das nicht getan hatte? Wohl eine Mischung aus Intuition und Ahnungslosigkeit, was Dienstwege betrifft.)
Meine Widerworte gefielen dem aalglatten, beanzugten Schnösel hinter seinem dicken Schreibtisch gar nicht.
Er drohte mit dem längeren Hebel.
Aber mir war klar: Lieber geh ich, als von dem, was mir wichtig war, abzurücken.
Und ich rechnete durchaus damit, dass ich würde gehen müssen über kurz oder lang.
Hatte ich zu hoch gepokert?
Ich hätte gar nicht anders gekonnt - vom Gefühl her.
Mir war wirklich ganz schön mulmig.
...
Jedoch:
Abmahnung hin, Abmahnung her - meine Chefin entband mich von künftigen Teamsitzungen, ging mir geflissentlich aus dem Weg, und ließ mich machen.
Irgendeine Tür war aufgegangen, von der ich gar nichts gewusst hatte.
"Öh ... Das war´s?
Kein Machtkampf mehr?
Ich habe ... gewonnen???
Cooooooool!"
Wenig später holte der ärztliche Direktor mich dann ... völlig am Dienstweg vorbei ... in seine persönliche Abteilung, an meinen neuen Arbeitsplatz.
Eigener wunderschöner Raum (zusammen mit einer anderen Körper- bzw. "Kreativ"therapeutin), 3 Fenster mit Blick in den Wald.
(Ich hatte mich erneut aufgelehnt, wiederum mit Bauchgrimmen, weigerte mich, im neu errichteten Gebäude, in das meine nunmehr Ex-Abteilung umgetopft wurde, in einer zugigen Kabine ohne Fenster zu arbeiten. Hatte wieder um einen Termin beim ärztlichen Direktor gebeten, und diesen bereits erhalten, um ihm klipp und klar sagen: "Das geht GAR nicht!" Aber meine Patienten waren mir diesmal mit ihren Beschwerden über die neuen Räumlichkeiten zuvor gekommen ... Tags darauf fand mein Umzug statt.)
Der Personalchef tobte. Mit welchen Angelegenheiten auch immer, solle ich mich fortan an meinen neuen Chef wenden. Er fühle sich als Personalchef nicht mehr für mich zuständig. "Och ... gerne doch. Tschüß denn."
Dort arbeite ich noch immer. Und das gerne und mit großer Anerkennung.
Als was ich in diesem besagten Krankenhaus angestellt bin?
Nein, nicht als hochspezialisierte, hochdotierte Ärztin, deretwegen Menschen aus ganz Europa hierher strömen.
Als "kleine" Masseurin bin ich angestellt.
(Die sich qua ihrer Weiterbildung peu a peu ein ganz eigenes, vorher nie dagewesenes Arbeitsfeld erobert hat.)
Für lausige zwei Fünf-Stunden-Tage in der Woche.
Nein, ich bin auch nicht mit der Streitaxt in der Hand zur Welt gekommen. Ich neige zum Rotwerden, und hatte jahrzehntelang Schiss und tosendes Herzklopfen vor öffentlichem Sprechen. So ganz ist es immer noch nicht meins. Wenn es sich vermeiden lässt, suche ich das Rampenlicht wirklich nicht.
Aber ich werde das Gefühl nie vergessen:
Offene Auflehnung gegen Missstände lohnt sich!
Es war eine absolute Sesam-öffne-dich-Erfahrung.
Ich kann nur empfehlen, es auszuprobieren.
Stärkt das Selbstvertrauen ungemein.


(IMG:style_emoticons/default/smile.gif)

Der Beitrag wurde von sonnenstrahl bearbeitet: 25.Oct.2009 - 23:27
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