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> Elfriede Jelinek: Die Klavierspielerin
Little_Ru
Beitrag 01.Mar.2007 - 20:57
Beitrag #1


Naschkatze
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Ich bin immer noch ganz sprachlos- eine Freundin hat mir zu Weihnachten von Elfriede Jelinek das Buch "Die Klavierspielerin" geschenkt und mir total davon vorgeschwärmt. Ich war voller Vorfreude, weil ich ihr zutraue, dass sie einen guten Literaturgeschmack hat. Und nun bin ich total enttäuscht. Ich bin eigentlich jemand, der jedes Buch zu Ende liest, egal, wie gut oder schlecht es ist- aber dies ist eins der wenigen Bücher, die ich wirklich in der Mitte abbrechen musste. Hat jemand von Euch dieses Buch gelesen? Und wenn ja- wie hat es Euch gefallen? Vielleicht bin ich ja eine Banausin, dass ich den Wert dieses Buches nicht erkenne, aber nachdem ich meiner Frau ein paar Seiten daraus vorgelesen habe, meinte sie auch, das Buch sei abartig. Würde mich mal interessieren, was diejenigen von Euch denken, die das Buch gelesen haben.
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freedom
Beitrag 01.Mar.2007 - 21:50
Beitrag #2


giraffenhalsige Dancingqueen
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hallo little_ru,

bei jelinek scheiden sich von jeher die geister. ich selbst habe das buch auch nie zu ende gelesen, aber im letzten jahr den film mehrmals gesehen/ ansehen müssen. er spricht mich nicht sonderlich an. ich empfinde ihn eher als bedrohend und erschreckend, da er so vielschichtig ist: mutter-tochter-beziehung, s**ualität, selbstverletzung, sadismus, masochismus...die ganze palette.
ich habe ihn im rahmen eines seminars zur filmanalyse unterrichtet und glücklicherweise "professionellen abstand" halten können: analyse der filmtechnik etc.
war also nicht gerade mit herzblut bei der sache, sondern distanzierter betrachter (habe jedoch mein bestes gegeben, wertfrei zu unterrichten, denn es gibt nichts schlimmeres, als dinge, die man nicht mag, bei anderen auch so zu verkaufen. sollen die leute sich doch selbst eine meinung bilden...).
was mich - als literaturwissenschaftlerin - besonders an deinem posting interessiert, ist die frage nach dem guten literaturgeschmack, die du stellst. finde ich immer wieder prickelnd. Was zeichnet "gute" literatur aus? wer bestimmt das? wieso fliegen so viele leute (angeblich) auf den alten goethe? ich persönlich finde seine werke gähnend langweilig...und unterrichte sie, da sie im kanon stehen und gelehrt werden MÜSSEN.

welche literatur magst du - da jelinek ja anscheinend nicht dazu gehört?:-)
lg,
freedom


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quies
Beitrag 01.Mar.2007 - 22:05
Beitrag #3


Gemüseputzi
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Hi!

Ich habe auch vor ein paar Jahren dieses Buch zu Weihnachten bekommen und hab nicht nur das Buch verschlungen, sondern mir auch voller Begeisterung weitere Jelinek Bücher gekauft. Und ich muss sagen "die Klavierspielerin" ist für mich eines ihrer besten.
Ich finde es sehr tiefgehend und teilweise ziemlich ergreifend. Jelinek hat ja autobiographische Züge einfließen lassen - das hat es für mich noch spannender gemacht.
Klar, es ist keine leichte Kost, aber das ist für manche Menschen das Leben an sich auch nicht und das Ergebnis daraus ist dann leider eine ziemliche kaputte Psyche - kommt sehr gut in dem Buch raus find ich.

lg
quies


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Hellas
Beitrag 01.Mar.2007 - 22:20
Beitrag #4


in Form kommend
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Mir hat vor allem die Musik im Film gefallen. Das Buch habe ich nicht gelesen.
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kawa
Beitrag 01.Mar.2007 - 22:20
Beitrag #5


Blau, weil Ströse.
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Jelinek ist in der Tat nicht leicht zu konsumieren, aber ich glaube, das will sie auch gar nicht.

"Die Klavierspielerin" kenne ich nicht, aber ich habe mal vor einigen Jahren einen Roman von Jelinek (Titel ist mir entfallen) angefangen und kapitulierte nach ca. 40 Seiten. Es war mir zu destruktiv und zu verworren, vielleicht auch zu verkopft, sprachlich sehr sperrig.

Ich habe aber später mal ein Theaterstück von ihr gesehen ("Der Tod und das Mädchen I-V"), das mir sehr gut gefallen hat: scharf beobachtet und auf den Punkt gebracht, und sogar durchaus mit Humor. Da war natürlich der Vorteil, dass es gesprochene Sprache war, interpretiert von Schauspielerinnen, die sich lange mit dem Text befasst hatten. Und die Inszenierung tat noch ihr übriges.
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freedom
Beitrag 01.Mar.2007 - 22:51
Beitrag #6


giraffenhalsige Dancingqueen
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QUOTE
Ich finde es sehr tiefgehend und teilweise ziemlich ergreifend. Jelinek hat ja autobiographische Züge einfließen lassen - das hat es für mich noch spannender gemacht.


Das ist der Eindruck, den J erwecken will - dem ist aber angeblich nicht gaaaanz so. Sie spielt / vielleicht dreht sie auch den Spieß um und manipuliert oder läßt mit sich spielen (von den Medien)...Who knows. Eine meiner Freundinnen/ Kolleginnen ist ihre "beste", aber ich halt mich da raus und konzentriere mich lieber auf das geschriebene Wort. Schwarz auf weiß...
Fakt ist: mich spricht's nicht so an. Ist bestimmt keine "schlechte" Literatur, aber man muss halt in der Lage sein, Js Denken zu verstehen. Ich kann's und will's nicht, weil es mich abstößt.

edit: @quies *oops* ...meinte die autobiographischen Züge, nicht das "Tiefgehende" und "Ergreifende"

Der Beitrag wurde von freedom bearbeitet: 01.Mar.2007 - 23:07
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LadyGodiva
Beitrag 02.Mar.2007 - 08:42
Beitrag #7


Strøse
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Den Anspruch, jemandes Denken zu durchdringen, um etwas auch "echt" lesen, hören oder sehen zu können, stelle ich an mich erst gar nicht.
Optimalerweise spricht etwas doch universell an - und im Fall von Jelinek doch die bestialische Kargkeit und Brutalität im Schreiben.

Will nur heißen - nachdem sich meine D-Lehrerin jenseits von bildungsromanhafter Erbaulichkeit für "Die Liebhaberinnen" hat erweichen lassen, habe ich auch noch zwei, drei Bücher mehr von ihr gelesen.


Zum eigentlichen Sujet - pathologische Mutterbindung, Liebe nur in Form der bedingungslosen (An)Forderung, Autoaggression, Selbstvernichtung.
Wenn das Kind die biographische Verlängerung und Verdichtung der eigenen Neurosen darstellt.

Wie will darüber anders, ehrlich geschrieben werden? Als eben in jener spröden,
staccatierten und schneidenden Sprache?
...fragt eine, die in Zweig und Rilke schwelgt.

Frau Kohuts obskure Besessenheit fesselt doch, manche eben über die Schmerzgrenze hinaus.

Überdies endlich mal eine gelungene Verfilmung. :blumen2: Huppert, wen wundert's.
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quies
Beitrag 02.Mar.2007 - 09:56
Beitrag #8


Gemüseputzi
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QUOTE
Das ist der Eindruck, den J erwecken will - dem ist aber angeblich nicht gaaaanz so.


Nein ganz ist es natürlich nicht so. Aber wenn man die Biographie Jelineks vergleicht und dann das Buch gibt es Ähnlichkeiten. (auch was sie in Interviews darüber gesagt hat)
Ob`s nun Absicht ist oder nicht weiß natürlich niemand außer sie selbst ;)

Mir persönlich liegt die "nichts verschönernde" manchmal ein bisschen derbe, aber oft sehr direkte Sprache die sie verwendet, aber das ist natürlich nicht jederfraus Sache - das ist klar.
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Little_Ru
Beitrag 02.Mar.2007 - 14:48
Beitrag #9


Naschkatze
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Ich glaube, destruktiv und verworren trifft es am besten, auch teilweise bedrohlich, abstoßend. Vielleicht liegt es daran, daß ich einige Frauen kenne, die gerade, was das Thema Selbstverletzung, Masochismus etc. betroffen sind- und ich glaube, diese Realtität reicht mir, ich brauche das nicht auch noch in schriftlicher Form- dazu in einer stilistischen Schreibweise, die mir sehr schwer fällt, sie durchgehend zu lesen. Ich habe mich gerade nach dem Beitrag von LadyGodiva gefragt, ob man bei dem Sujet nicht auch eine andere Sprache finden kann- ich weiß nicht, muß die Sprache mit dem Sujet immer korrelieren? Gerade weil ich auch im privaten Bereich viel Kontakt gerade mit dem Thema Autoaggression, Selbstverletzung etc. habe, hatte ich gerade den gegenteiligen Eindruck- daß ihre Schreibweise das als etwas Dreckiges, Verwerfliches darstellt, nicht berücksichtigend, daß dabei tiefe Gefühle, Sehnsüchte eine große Rolle spielen. Aber das ist sicher auch wirklich nur Geschmackssache. Wie eingangs schon gesagt, vielleicht bin ich eine Kunstbanausin, aber mir lag das Buch gar nicht- und ich bin auch nicht motiviert, noch mal ein anderes Buch von ihr zu lesen.

@ freedom: Ja, was zeichnet gute Literatur aus? Ich finde das sehr schwierig- und natürlich war das eine Diskussion, die im Rahmen meines Germanistikstudiums immer wieder diskutiert wurde. Goethe, zum Beispie- er mag sicher ein genialer Dichter gewesen sein, aber ich kann an seine Werke auch nicht ran, habe mich durch den Faust gequält und finde es einfach nur langweilig. Schiller gefällt mir da sehr viel besser... Ich fürchte, daß ich nicht wirklich einen anspruchsvollen Literaturgeschmack habe- will nicht heißen, daß ich nur Trash und leichte Lektüre lese, aber eben doch etwas Gefälligeres als Jelinek. Einer meiner Lieblingsautoren ist John Irving, allerdings habe ich da die Bücher nur im Original gelesen, mit Übersetzungen tue ich mich leider oft sehr schwer. Bill Bryson lese ich auch sehr gerne. Mein absolutes Lieblingsbuch ist "Die Deutschstunde" von Siegfried Lenz. Beeindruckend fand ich Schnitzlers Traumnovelle. Begeistert war ich von Carlos Ruiz Zafon, Der Schatten des Windes. Und ansonsten liebe ich Krimis, Henning Mankell, Patricia Cornwell, Faye Kellermann. Dagegen kann ich mit Dan Brown nicht so wirklich viel anfangen. Seit der Schulzeit und dem Deutschunterricht schwärme ich vor allem für die russische Literatur- Puschkin, Dostojewski...
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LadyGodiva
Beitrag 02.Mar.2007 - 17:17
Beitrag #10


Strøse
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Sicher, der größere Tabubruch wäre sicherlich noch, Thanatos ein pastellfarbenes Kleid zu verpassen - nur zu!

Für mich ist es gerade spannend, aus Frauenhand einmal weniger Einfühlsames oder empathisch Psychologisierendes, sondern wirklich "dreckig" und brutal bespracht eine wunderbare Literatur(vorlage für einen Dogma-Film beispielsweise) lesen zu können. Mir genügt schon die grausame Oberfläche für den Schauder der Faszination, den die Gewalt wohl hervorrufen soll.


Und was die übergeordnete Frage angeht - verlangt sie doch nach einem eigenen Thread, will ich meinen.
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Sneaky Pie
Beitrag 04.Mar.2007 - 20:41
Beitrag #11


Gemüseputzi
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Ich selbst, als jemand, der mit Selbstverletzung persönlich zu tun hat, fühle in keinerlei Hinsicht mit der protagonistin der "Klavierspielerin" mit. Auf mich wirkten diese passagen, in denen beschrieben wird, wie sich die Hauptfigur selbst verletzt, irgendwie zu "faszinierend" - eher in den bereich hinein etwas verruchten, obszönen. Allerdings sehe ich das Thema etwas vielschichtiger. Vielen Menschen geht es dabei eben nicht um etwas Obszönes, sondern in diesen Momenten eher um etwas Lebenserhaltendes.

Mich würde interessieren, ob Elfriede Jelinek in diesen Roman autobiogrphische komponenten - vor allem eben, was Selbstverletzung angeht - hat einfließen lassen.
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