Identitätskrise, vorsicht lang... Einstellungen

[Gänseblümchen]

Hallo ihrs,

wie ihr seht, bin ich neu hier, wenn auch nicht ganz neu, habe schon öfter hier gelesen ;-)

Vermutlich muss ich nur meine Gedanken sortieren, vielleicht brauche ich nur jemanden, der zuhört, wenn auch „nur“ virtuell. Ich schreibe sehr viel Tagebuch, aber je mehr ich schreibe, desto grüblerischer werde ich, das hilft irgendwie nicht weiter.

Damit Ihr mich versteht, muss ich vielleicht meine Geschichte aufschreiben...

Ich bin 22 und studiere. Fakt ist, ich habe mich mit 14 das erste Mal verknallt – in eine Frau, bzw. in ein Mädchen, sie war 19. Sie hatte einen Freund, ich sah sie einmal pro Woche beim Sport, und das was uns verband, war nicht einmal Freundschaft, sie mochte mich, aber wir unternahmen sonst nichts zusammen. Ich konnte sie trotzdem über Jahre nicht vergessen, fieberte von Woche zu Woche, obwohl ich eigentlich unsportlich bin. Phasenweise war es „besser“ und ich dachte weniger an sie; phasenweise konnte ich mich auf nichts anderes konzentrieren, wollte sie küssen, mit ihr zusammen sein, was weiß ich. Niemand wusste und weiß das, und erst, als ich studiumsbedingt wegzog, schaffte ich es, immer weniger an sie zu denken.

Im Nachhinein frage ich mich, ob es wirklich Verliebtheit war, oder nur der sehnliche Wunsch nach Freundschaft, denn Freunde hatte ich nicht viele in meiner Schulzeit, eigentlich nur eine „beste“ Freundin, und ein paar andere, zu denen der Kontakt abflachte. Die Jungs in der Schule interessierten mich nicht, ich fand sie zu kindisch... ansonsten war ich ziemlicher Stubenhocker, lernte keine anderen kennen. Einmal schwärmte ich ein Jahr lang für meinen Deutschlehrer, ein ziemlicher Milchbubi, im Nachhinein gesehen, aber damals fand ich ihn toll ;-)

Jedenfalls, mit dem Studium ging es mir plötzlich sehr viel besser; ich wurde erwachsener, fühle mich weniger als graue Maus, habe 4-5 gute Freundinnen, feierte zum ersten Mal „richtig“ meinen Geburtstag, weil ich endlich jemanden zum Einladen habe...

Vor ca. einem Jahr, vielleicht auch schon etwas länger (kann das an keinem bestimmten Ereignis festmachen), habe ich mich in eine meiner Freundinnen verliebt, wusste aber von Anfang an, dass sie einen Freund hat, denn ich kenne sie seit Anfang des Studiums, seit 3 Jahren. Nie habe ich was gesagt, wollte nichts kaputtmachen; ich versuchte einfach die Zeit mit ihr zu genießen, mit ihr zu reden, zu lachen, zu schweigen, Essen zu gehen. War schwer verliebt, fand sie (und finde sie noch) unglaublich schön, ihre Ansichten toll, ihr Lachen ansteckend, ihren Mut bewundernswert. Konnte all die Zeit trotzdem nicht richtig genießen, weil ich mehr wollte und es nicht sein durfte. Und weil ich Angst hatte und habe, dass wir uns nach dem Studium aus den Augen verlieren, so wie ich meine beste Freundin aus Schulzeiten aus den Augen verloren habe. Und ich begann trotz allem, mich plötzlich nicht mehr gegen meine Gefühle Frauen gegenüber zu wehren, sondern begann mich zum ersten Mal im Leben daran zu erfreuen, eventuell lesbisch zu sein... Versuchte natürlich trotzdem krampfhaft, den Schalter von „Liebe“ auf „Freundschaft“ zu stellen.

Halbwegs gelungen ist mir das erst vor ein paar Wochen... Frau Nr. 3 tauchte auf, bzw. tauchte schon vor einem halben Jahr auf, aber da hatte ich noch nicht mit ihr geredet ;-)
Über ihre sexuelle Orientierung weiß ich nichts – aber ich ahne nichts Gutes. Gibt es lesbische langhaarige, flamencotanzende Spanierinnen? Nicht, dass ich jetzt Klischees bedienen wollte, aber ich denke, dass die Wahrscheinlichkeit minimal ist.
Aber ich kann sie nicht vergessen, kann mich seit zwei Wochen auf nichts mehr konzentrieren, bringe nichts mehr zustande, so schlimm war es noch nie. Unser Verhältnis ist so „ungleich“, das macht es schwieriger; sie ist zwar auch Studentin, aber sie leitet den Flamencokurs und ich mache bloß mit.
Es gab zwei Gelegenheiten, bei denen wir alleine waren und redeten, bzw. einmal stand noch jemand dabei, und beide Male gingen uns irgendwann die Worte aus und wir schauten uns weiterhin in die Augen und lächelten uns an, als hätten wir gewettet, wer als erstes wegsieht. Das hört sich zwar toll an, wenn ich das so schreibe, aber was mich beunruhigt ist, dass ich immer nur sie „ausfrage“, sie aber nichts von mir wissen will. Fragte mich nicht mal, was ich studiere oder dergleichen, vergaß sogar innerhalb von 2 Wochen meinen Namen. Bestimmt mag sie mich, sie ist witzig, nett und lobt mich, obwohl ich nicht halb so sexy tanzen kann wie sie, streicht mir über den Arm, wenn sie mich sieht, aber ich fürchte, mehr ist da nicht.

Ich kriege sie nicht aus meinem Kopf, mein Herz hört nicht auf zu klopfen, wenn ich sie sehe - aber ich weiß nicht, ob ich verliebt bin, oder ob es nur Bewunderung ist oder sonstwas. Kann aber auch nicht mehr wie bisher einfach warten, was kommt. Ich dachte immer, nur kein Stress, ich schau einfach, ob ich einen Mann oder eine Frau abbekomme. Aber langsam, mit 22 und ungeküsst, blöde Sprüche der Verwandtschaft und neugieriges Nachhaken meiner Mutter im Nacken, einsam wie sonst was, denke ich, so kann es nicht weitergehen, ich muss die Initiative ergreifen (für mich, nicht für die anderen, trotz allem).
Man sieht mir überhaupt nicht an, dass ich auf Frauen stehen könnte, habe schulterlange Haare, trage gerne Röcke, neuerdings sogar Schuhe mit Absatz, schminke mich manchmal, schreie, wenn eine Spinne über meinem Bett sitzt...... und die Frauen, die sich bisher in mein Leben geschlichen haben, sind auch alle recht weiblich in ihrer Art. Das alles ist es, was mich selbst zweifeln lässt, ob es so ist wie es scheint, oder ob ich mir nur irgendwas einrede.

Ich kann ihr doch nicht erzählen, dass ich lesbisch bin, wenn ich es selbst nicht weiß? Kann doch überhaupt nicht von so einem Thema anfangen, wenn wir über platonisches Zeugs wie Nebenjobs, Flamencoaufführungen, Zweisprachigkeit reden? Kann sie doch nicht einfach fragen, ob wir mal was trinken gehen oder womöglich, ob sie vergeben ist?
Und ich habe nur noch 2 Wochen Zeit, dann sind Ferien und ich sehe sie 10 Wochen nicht.

Meine Güte, ist das jetzt lang geworden, sorry.... Fragt mich nicht, was ich erwarte, das ihr schreibt – ich weiß, dass ich das selbst regeln muss, und aus der Ferne hört sich wahrscheinlich alles so einfach an.... aber vielleicht seh ich auch den Wald vor lauter Bäumen nicht.
Danke übrigens, falls jemand bis hier durchgehalten hat mit Lesen ;-)

Liebe Grüße
Gänseblümchen

[edelbratschi]

[dandelion]

und das, das ist auch gut so ;)

OK. ihr unterhaltet euch über mehr als den Kurs. Das sollte doch Basis genug sein, auch mal nach einem gemeinschaftlichen Glas (oder einer gemeinschaftlichen Tasse) zu fragen.

Mal ehrlich: es gab mit Sicherheit mehr als eine lesbische Frau, der ich schon galant eine Spinne aus irgendeiner Zimmerecke geholt habe - und wenn die Viecher grade meinen, in meiner Wohnung joggen zu müssen, find ich das auch nicht sooo witzig... :ph34r:
Nur keine Bange...

Aber mal ehrlich - temperamentvolle, charismatische Frauen hab ich in meiner graue-Maus-Zeit (insbesondere zu Schulzeiten, ungeküßt bis Ende 18) auch immer bewundert... Obwohl da von beiden Seiten eigentlich kein allzu großer gemeinsamer Nenner war (weder paßt eine Prom Queen zu mir, noch passe ich zu ihr).

Aber mal ehrlich - was hast du zu verlieren? Du könntest ent-täuscht werden - aber Ungewißheit tut erst recht weh. Du könntest vor ihr "dein Gesicht verlieren"(naja, so'n bißchen vielleicht, aber auch nich wirklich) - aber ihr seht euch dann ohnehin über 2 Monate nicht, und wenn sie deine Annäherungsversuche nicht als Kompliment nimmt, ist sie eh doof.

Also nur Mut!

[Gänseblümchen]

Erst mal danke für Eure netten Antworten zu so später/ früher Stunde :)

Ich weiß durchaus, dass man niemandem das lesbisch-sein ansehen kann, das kam jetzt so klischeehaft rüber, was ich nicht wollte. Ich dachte nicht, dass diese "Schubladen" immer zutreffen, nur, dass die Wahrscheinlichkeit größer ist - es beruhigt mich sehr, dass es offenbar nicht so ist, ihr rückt mein Weltbild etwas gerader im Moment, danke.

Mal schauen, was ich mache, wenn ich sie das nächste Mal sehe. Vielleicht bin ich mutig, Ihr habt recht, verlieren kann ich eigentlich nicht viel...

[beano]

liebes gänseblümchen,
ich wage hier einen anderen ansatz:
fällt dir nicht auf, dass du dich "immer" in frauen verliebst, bei denen ein freund oder die vermeindliche heterosexualität zwischen euch steht?????
vielleicht liegt dies daran, weil du
1. deine innere sperre deiner eigenen homosexualität gegenüber noch nicht beseitigt hast, und/oder
2. weil du dich selbst nicht "liebens-wert" empfindest, und somit auch noch nicht (wirklich) zulassen kannst, geliebt zu werden.
deinem posting nach trifft m.e. beides zu!
da steckt so eine tiefe un-ent-schiedenheit in deinen worten. möchtest du eine "ganz normale" freundin oder eine freundin, die du liebst und sie dich??? denn zwischen jemanden interessant zu finden und jemanden zu begehren ist ein himmelweiter unterschied, bei dem niemand so einfach den "schalter" von liebe auf freundschaft umlegen kann. (ach, wie schön, wenn dies so leicht ginge!)

ich denke, für dich wäre es eventuell ersteinmal wichtig, gesprächspartner(innen) zu finden, damit du dir während des redens klar über deine verschiedenen bedürfnisse wirst. ganz nach dem motto: "Als ich mich reden hörte, wußte ich, was ich denke!" aber wo und wie findest du die??? vielleicht in einer "coming-out" gruppe, einem lesbenstammtisch, via internat, in einem chat-room, eine anzeige im internet oder der print-presse??? die möglichkeiten sind vielfältig, man muss nur die eigene angst überwinden. aber hier hast du ja schon den ersten schritt gewagt ...was ich sehr mutig von dir finde.
von der "hau-ruck-methode", dass du nun diese flamencotänzerin fragst, ob ihr was trinken geht, würde ich abraten. ich schätze, dass du nicht nur ein schüchterner mensch bist, sondern auch noch ein verunsicherter. da helfen solche aktionen nichts, können eher sehr weh tun!!!
taste dich einfach ganz langsam an das thema heran und achte immer darauf, dass es nach deiner geschwindigkeit geht. und dann sei eines tages mutig und hilfreich zu dir selbst: "suche" dir eine frau in einem umfeld, von dem du zumindest zu 99% annehmen kannst, das sie lesbisch ist. äußere barrieren abbauen, heißt den inneren barrieren langsam die existenz zu nehmen.
sei lieb gegrüß
beano

[schneeland]

Hi Gänseblümchen,
wie Du siehst, bin ich hier auch recht neu :D
nach dem ich das jetzt alles gelesen hab, geht mir so einiges durch den Kopf. Aber ich glaub, was beano da geschrieben hat, leuchtet mir durchaus ein, weswegen mir dazu folgendes einfiel:
Ich hab mich im letzte Jahr in eine gute Freundin von mir verliebt. Ganz lange habe ichs gar niemandem gesagt, bis ich es jetzt Anfang des Jahres nach langem Prozess auch ihr gesagt habe. Ganz andere Baustelle, ich weiß, aber ich will auf was anderes raus: Ganz oft, habe ich mich gefragt: Warum? Warum ausgerechnet sie, wenn doch relativ klar war, dass das nix werden kann. Wozu also dann das ganze, warum muss ich so elendig leiden, scheinbar sinnlos? Aber mittlerweile glaube ich, es war gar nicht so sinnlos. Klar, sie werde ich nie haben können (oh, man sollte nie nie sagen, die Hoffnung, die Hoffnung, sie lässt sich ungern vertreiben :happy: ). Dennoch, wenn ich mich nicht in sie verliebt hätte, wär ich jetzt auch nicht in diesem Forum. Ok, auch den beiden Freundinnen gegenüber denen ich es erzählt habe, behaupte ich weiterhin relativ standhaft (je nach Alkoholpegel mehr bis weniger standhaft...), dass das eine Ausnahme war und ich mir jetzt den Traummann angeln werde, oder wenigstens einen für Zwischendurch. Auch wenn ich weiß, dass das dummes Gewäsch ist, denn momentan steht das für mich nicht zur Debatte. Und alleine um das zu erkennen, war es vielleicht das doch alles wert. Ich kann jetzt vor mir selbst stehen (wenn auch erstmal nur in meinem Zimmer) und sagen, ja okay, ich mag Frauen, sie ziehen mich an. Und dabei geht es mir endlich gut, ich merke wie ich innerlich wachse und aufrechter stehe. Ich schließe die Männer nicht aus, warum auch, aber ich werde mir gegenüber ehrlicher, in dem ich auch die Frauen nicht mehr ausschließe. Boah, soviel geblubber über mich. Tut mir leid. Wollte Dir damit nur sagen, dass es vielleicht momentan gar nicht so wichtig für Dich ist, was aus dieser Flamencotänzerin wird. Damit will ich Dir weder ab noch zu raten, mit ihr was trinken zu gehen. Das ist jetzt gar nicht bös gemeint. Ich hab fast ein Jahr gebraucht, um zu erkenne, dass mein verliebt sein mir, neben viel Schmerz und Enttäuschung, auch was gebracht hat. Und zwar was ganz anderes, als ich dachte. Und es klingt ähnlich bei Dir. Vielleicht deswegen dieses ganze geblubber meinerseits.
Wie auch immer, wünsch Dir alles Gute, egal was Du jetzt im speziellen und im allgemeinen machst.

[Gänseblümchen]

Klar bin ich total unsicher, drum habe ich auch "Identitätskrise" geschrieben und nicht "Hilfe, ich bin verliebt". Denn ich weiß selbst nicht, was ich will.

In der Tat habe ich niemanden zum Reden (hatte ich noch nie), denn die Freundinnen, die in Frage kämen, sind zwar tolerant eingestellt, aber sie kennen alle "die eine" Freundin, und sie würden mich ja fragen, wie ich darauf komme, lesbisch zu sein.
Meine Mutter würde wahrscheinlich in Tränen ausbrechen, einen zweiten Herzinfarkt bekommen oder dergleichen - sie betont immer, dass wir über alles reden können und träumt doch von Schwiegersohn und 2-3 Enkelchen, fragte mich neulich, ob ich mich denn noch gar nie verliebt hätte :wacko:
Vielleicht ist es auch diese Einstellung, die blöden Sprüche der Verwandten, die in mir Reaktanz hervorrufen, die mich dazu bringen, dass ich erst recht "anders" sein will, sie schocken will, nicht mehr das brave Mädchen sein will.
Ich war schon drauf und dran, es trotzdem meiner Mutter zu sagen, aber ich würde das lieber tun, wenn ich eines Tages eine Freundin hätte, mir selbst 100%ig sicher wäre. Wenn ich, so unsicher wie ich hier schreibe, darüber rede, dann denkt sie insgeheim, das ist eine Phase oder was weiß ich, und nimmt es nicht ernst.
Und ich selbst - klar habe ich auch noch ein paar Probleme damit; wenn ich behaupten würde, ich habe keine Vorurteile, würde ich lügen. Aber ich beginne es zu akzeptieren und Gefallen daran zu finden, drum bin ich hier ;-) Mit 14 habe ich gebetet, lieber Gott, lass mich nicht lesbisch sein, jetzt bete ich, lieber Gott, es ist mir völlig wurscht wie ich bin, aber hilf mir, nicht mehr so einsam zu sein.

Das mit dem "Schalter umlegen" war natürlich scherzhaft gemeint, wenn den einer findet, her damit.....
Aber es stimmt schon, ich war erst selbst überrascht, dass meine Gefühle so umgeschwenkt sind - wenn auch nicht vom einen Tag auf den anderen, so wie sich das anhörte. Aber ich finde die Flamencotänzerin auf jeden Fall mehr als nur interessant! Und es ist nicht so, dass ich nur keinen Mann abbekommen habe, sondern dass sie mich kein Stück interessieren. Es gibt durchaus hübsche Exemplare, aber irgendwie sind mir alle zu simpel gestrickt, egal wie hoch der IQ, es sind halt Männer, sie haben nicht das Geheimnisvolle, Undurchschaubare, das Frauen haben.

Ich kann doch nichts dagegen tun, dass die Frauen, die mich anziehen, hetero bzw. vermeintlich hetero sind? Würde ich mehr Lesben in meinem Umfeld haben, würde ich mich auch in die verlieben, aber man siehts ja keinem an der Nase an. Klar könnte ich in irgendwelche Cafés gehen, aber ich mag jetzt auch keine andere suchen, denn es ist doch "sie", die ich haben will, da gibt's doch keinen Ersatz....... ich kann doch meine Gefühle nicht abstellen.

Oh mensch, ich werde immer verwirrter...

Für eine Hauruck-Methode bin ich eh zu schüchtern, aber ich kann ja mal unverbindlich fragen, was sie noch vorhat - keine Angst, ich setze mir ja nicht zum Ziel, sie dann gleich zu verführen...
Naja, ich sehe sie eh erst in 10 Tagen wieder.

Wundert Euch übrigens nicht, wenn ich erst mal nicht mehr antworte, bin übers Wochenende weg und erst am Sonntag wieder hier. Freue mich trotzdem auf Eure Antworten...

[Sudi]

Hallo Gänseblümchen!

Mir gehen so viele Dinge durch den Kopf, wenn ich lese, was du schreibst und was auch die anderen schreiben. Ich denke in allem, was schon gesagt wurde, steckt zumindest ein Fünkchen Wahrheit, wenn nicht mehr.
Ich kann es schon ziemlich gut nachvollziehen, was du schreibst. Das können wahrscheinlich viele, weil jede mal zu der Erkenntnis gekommen ist, dass sie Frauen anziehend findet, sich schonmal in eine Frau verliebt hat bis dahin, dass man sich selbst als lesbisch bezeichnet.
Ich möchte nochmal eine Sache hervor heben. Ich finde es auch ganz wichtig, dass du jemanden zum reden findest. Und zwar in erster Linie über deine Liebe zu Frauen. Mit dem Forum hier hast du einen guten Schritt gemacht, wie ich finde. Dabei genügt es natürlich nicht, sich hier ein paar gute Ratschläge anzuhören. Aber du solltest anfangen dein lesbisch sein zu leben. Und wenn es erstmal nur in einem anonymen Forum ist. Hier kannst du ganz locker über alles reden und bekommst ein Feedback von echten Menschen, auch wenn du sie nicht sehen kannst. Natürlich gibt es auch noch andere Möglichkeiten Kontakte zu knüpfen, die an anderer Stelle schon genannt wurden.
Ich finde die Sache mit so einem Forum aber persönlich sehr gut, weil ich selbst gute Erfahrungen damit gemacht habe. Ich hatte auch sehr lange Zeit niemandem zum reden. Meine ganzen Verliebtheiten und auch meine erste Beziehung waren so gut wie heimlich. Einige wenige wussten bescheid, aber da dies eben Heteros waren, konnten sie mich halt nie wirklich verstehen. Auch wenn ich mir selbst schon ziemlich klar war, was ich wollte, wurde ich mir erst zu 100% sicher, als ich verstärkt Kontakt zu Gleichgesinnten hatte. Erstmal nur über dieses Forum und später dann auch persönlich.
Ich freu mich auf eine Antwort von dir und wie es bei dir weitergeht, wenn auch erst in einer paar Tagen!

LG Sudi :)

[schneeland]

Oh Gänseblümchen,
:abschied: :lol: :( hier sitz ich nun und muss lachen und weinen, denn du sprichts mir arg aus der seele (die Gebete bringen mich zum lachen, denn die kenn ich und ja, weinen muss ich, weil ich mir auch nicht vorstellen will, dass da jemand anderes diesen Platz in meinem Herzen einnehmen könnte, der gerade arg besetzt ist). So also schnell an die Arbeit, bevor das Gefühlschaos siegt. Schreib Dir vielleicht später mal'ne mail, wenns recht ist? Da Du ja eh übers WE weg bist, vielleicht aber auch erst morgen :P

[All American Gir...]

Erst mal dazu, denn darüber musste ich echt schmunzeln u. es hat mir aber auch gleichzeitig einen Stich ins Herz versetzt:

[riona]

du sprichst mir aus der Seele, viele deiner Worte könnten von mir kommen...

ich hab dir eine mail geschickt

gruß riona

[Gänseblümchen]

So, ich bin wieder hier.

@ All American Girl:
Sehr beruhigend *grins*. Tut mir aber Leid, dass ich dich an sie erinnert habe.

Habe übrigens schon überlegt, wie wir zum Thema "Glas" oder "Tasse" ;) kommen könnten. Ich kann nämlich diese Woche nicht zum Tanzen und habe letzte Woche gesagt, warum (ich habe Barthekendienst im Wohnheim und wollte nicht, dass sie denkt, ich komm nicht weil ich keinen Bock habe - sie darauf lachend: "Ich hab nix gehört"...). Jedenfalls kann ich ja noch mal davon anfangen (ohne jetzt genau planen zu wollen, was ich sage, dann kommt es ja bekanntlich eh anders...)


und an alle:
Vielen lieben Dank für Eure ganzen Antworten und Mails! Es ist echt toll, sich so verstanden zu fühlen, das hätte ich nie erwartet, und irgendwie geht es mir schon ein wenig besser ;)

Ihr habt auch einige "Baustellen" in mir aufgemacht, das mit dem "liebens-wert" finden ist ein guter Ansatz; ich habe jetzt zwar keine Komplexe was das Äußere betrifft, mag meinen Körper, versuche auch meine Einstellungen zu leben... Aber vom Inneren her bin ich durchaus auch auf andere Lebensthemen bezogen im Zwiespalt. Das Studienende rückt näher und ich habe gerade extrem diese "Was-kann-ich-denn-was-andere-nicht-können"-Phase. Weiß nicht, was mich besonders macht, hätte so gerne Bestätigung von außen, dass ich ok bin wie ich bin. Habe Angst, später keinen Job zu bekommen, oder mit 50 noch alleine zu sein.

Am Wochenende ist die Mutter von einer Kollegin meiner Mutter gestorben. Diese Kollegin ist immer in gewisser Weise meine "Solidarpartnerin", denn sie ist schon immer Single und muss sich auch die blöden Sprüche der lieben Verwandtschaft anhören... in dem Alter ist das bestimmt noch viel schlimmer... aber sie genießt ihre Freiheit, hat nie den erstbesten oder dergleichen genommen wie viele andere in ihrem Alter.
Nur, jetzt sind beide ihre Eltern tot, und sie hat eigentlich gar keinen mehr. Das stelle ich mir so was von schrecklich vor, und ich habe solche Angst, dass es mir mal genauso geht, auch wenn es völlig irrational ist, jetzt darüber nachzudenken, was in 20 oder 30 Jahren ist....

Naja, hat nicht so viel mit dem Thema zu tun, ich wollte jetzt nicht damit sagen, dass ich auf Teufel komm raus eine Freundin haben will, nur, dass mich gerade noch so einige andere Dinge beschäftigen.

Na gut, jetzt muss ich mal noch was für die Uni tun............ wollte vorhin im Zug was lesen, und bin dabei eingeschlafen, und habe Verworrenes Zeug von "ihr" geträumt........... vielleicht auch nur, weil daneben zwei Spanier gesessen und sich unterhalten haben und ihr Gequassel mein Unterbewusstsein beeinflusst hat.... jedenfalls: nicht genug, dass sie mich im wachen Zustand nicht loslässt....

Wünsche Euch allen einen guten Start in die Woche!
Liebe Grüße Gänseblümchen

[Simonetta]

[_Eva_]

Gänseblümchen,
dein Beitrag hat mich... umgeworfen. ich zittere ein bisschen, weil du so haargenau das ansprichst, was auch mich im Moment beschäftigt.( deshalb kann ich mit meiner Antwort nicht bis morgen warten, obwohl es halb2 ist und ich todmüde bin :gaehn:.) Bis in die Details deiner Erzählung hinein kann ich von denselben Erfahrungen sprechen: Die einsame Schulzeit, das Verliebsein (auch mit 14 zum 1. Mal)bzw die Sehnsucht über Jahre hinweg, in was für Frauen du verliebt warst, sogar die Spanierin stimmt.

Meine Haltung gegenüber meiner (sexuellen) Identität ähnelt deiner: abwarten, was passiert; sicherheit erhoffe auch ich mir erst, wenn ich den Mann oder die Frau gefunden habe, mit der ich zusammen sein kann. Obwohl ich mich zu Frauen hingezogener fühle.

Vor ungefähr einem Jahr habe ich hier ins Forum von meiner ersten "unleugbaren" Liebe geschrieben, mit Pathos davon geschwärmt, dass <alles anders wird>. Ich habe es ihr nicht gesagt, denke aber immer noch an sie; es ist nicht alles anders geworden, höchstens, dass ich eine ehrlichere Aufmerksamkeit gegenüber meinen Gefühlen habe. Nach diesem ersten Beitrag im Forum habe ich es bis vor kurzem nicht mehr besucht, weil ich nicht wusste, ob ich mich mit dieser (spezifisch lesbischen :) ) Umgebung identifizieren konnte, oder nicht (ich weiß es inzwischen ein bisschen besser). An dieser Stelle muss ich mal sagen, wie gut und erleichternd es ist, dass es dieses Forum gibt :D!

In der letzten Zeit habe ich gemerkt, dass ich mein Interesse an Frauen doch nicht einfach so, als etwas normales, was eben selbstverständlich zu mir gehört, verstehen kann, denn diese Selbstverständlichkeit besitze ich gar nicht. Ich traue mich nicht, so zu denken oder zu reagieren, wie es eigentlich meinem Gefühl entspräche, fange jetzt erst an zu verstehen, worin der Unterschied zwischen den Träumereien, in denen eben alles so natürlich und selbstverständlich ist, und der Wirklichkeit liegt: Ich muss handeln. Zum Verliebtsein gehört mehr als nur verliebt zu sein, man muss es auch zeigen. Und dass ich mich dabei auf ganz andere Zeichen, auf eine andere Sprache, als ich sie bis jetzt kenne einlassen muss, war mir bisher nicht klar. Meine Vorstellung von Liebe ist vielleicht nicht mehr so romantisch verklärt, sondern ein bisschen konkreter geworden.
In besondere Cafés zu gehen fand ich blöd, weil für mich beim Verlieben nicht die Sexualität, sondern die Persönlichkeit im Vordergrund steht, eben das, worauf sich liebende Gefühle beziehen. Wenn ich mich verliebe, kann ich nichts dafür und nichts dagegen tun, da ist es nebensächlich, ob sie lesbisch oder nicht ist. Wenn man aber immer wieder den Schmerz erleben muss, sich in die „Falsche“ zu verlieben, wird diese Nebensache sehr wichtig. Deshalb denke ich heute, dass ich, wenn ich was ich bin anerkennen will, mich auch danach ausrichten, gewisse Dinge forcieren muss. Und dass ein Coming-Out sich nicht selbst erklärt…
Trotz aller Hindernisse ist im Moment alles ziemlich spannend und… aufregend

Ja, dass hört sich wahrscheinlich für die meisten hier wie banaler Schnee von gestern an. Man muss halt erst entsprechende Erfahrungen machen, um zu wissen, was bestimmte Dinge eigentlich bedeuten.


Bin gespant, was aus deiner spanischen Angebeteten wird, schreib´doch mal, was passiert!
seguro que merece la pena

liebe Grüße
Eva

[Gänseblümchen]

Kurzes Update für alle, die es interessiert ;)
Gleich vorweg: es ist nichts Spektakuläres passiert, aber ich hab trotzdem gute Laune.

Jedenfalls, heute war ich ENDLICH wieder beim Tanzen. War wunderschön, so viel Spaß gemacht hat es noch nie. Nur leider gab sie ein paar seltsame Äußerungen von sich, die meine Hoffnungen wieder schwinden lassen, und allein konnte ich diesmal auch nicht mit ihr sprechen. Aber mal der Reihe nach.

Wir waren zu viert in der Umkleide, sie (ich nenn sie jetzt mal E., ist jetzt vollends egal), ich und zwei andere Mädels. E. hat immer zu kämpfen mit diesen engen Flamenco-Klamotten, sehr süß.... Sie zog ihren Rock von oben an (über den Kopf) und ließ ihn auf halber Höhe hängen, so mit dem Gummizug über dem Busen, und eine meinte ironisch: Lasses so, sieht schick aus. Und die andere: Ach, kurz mal schwanger geworden, hä? Wir lachten alle vier, und E. meinte dann: Na damit sollte man nicht spaßen.
Zwei Sätze später meinte die erste wieder: Wie ist das eigentlich in Spanien, wollen da die Männer auch nie tanzen, die Frauen wollen aber? Und E.: Nee, die machen dann schon mit, zwei Frauen tanzen eigentlich nie zusammen. Und sie schaute dabei ungefähr so: :wacko: Wie soll ich das jetzt bitteschön deuten, findet sie es bescheuert, wenn zwei Frauen zusammen tanzen, oder was?

Naja, danach war es trotzdem lustig, wir waren dann erst vier, später sechs Mädels, tanzten was das Zeug hielt, und sie tanzte nach einiger Bettelei unsererseits was vor *schmacht*, so schnell, dass sie hinterher so außer Atem war, dass ihr die Luft wegblieb...

Leider hing da so ein Zettel, dass nächste Woche die Halle besetzt ist (sprich, heute war also das letzte Mal). Zum Glück hatte jemand die glorreiche Idee, wir könnten nächste Woche stattdessen was trinken gehen. E. fand die Idee gut, und so ward's abgemacht.
Und: ich hab jetzt ihre E-Mail-Adresse.
Am Ende fuhr sie heute leider nicht mit dem Bus, weshalb ich nicht alleine mit ihr reden konnte.

Fazit: Besser ein Treffen zu viert als gar keins. Und wenn wir dann plaudern, naja, dann sehen wir weiter. Ich kann ihr ja schreiben in den Ferien, mal schauen.

Liebe Grüße an alle, die mit mir fiebern.

[Sudi]

Mh, freut mich, dass es dir momentan etwas besser geht!
Genieße die schönen Stunden mit ihr und die Glücksgefühle, die danach noch bestehen!

[Gänseblümchen]

@ Sudi:
Ja, ich genieße, aber das trägt nicht gerade dazu bei, weniger über sie nachzudenken/ an sie zu denken. Aber die Grundstimmung ist besser, abgesehen von E., weil ich mir im Moment sicherer bin, wonach ich suche.

edit: zweiter Teil hat sich erledigt

Der Beitrag wurde von Gänseblümchen bearbeitet: 12.Feb.2006 - 18:23

[marzycielka]

Egal, ob sich mit E. nun was ergibt oder nicht, denke ich, dass es gut wäre, sich auch außerhalb dieses Forums mal mit anderen frauenliebenden Frauen auszutauschen.

Und zwar nicht, um eine andere Frau zu finden, sondern um einfach mit diesem Gefühl "Ich stehe (auch) auf Frauen" besser umgehen zu können.

Vielleicht gibt es an Deiner Uni ja ein FrauenLesbenreferat, die haben oft auch ein Regal mit Büchern und Tipps, wo frau in Deiner Stadt auf Gleichgesinnte treffen kann. Vielleicht gibt es in Deiner Stadt ja auch eine ComingOut Gruppe oder (wenn Du unter 25 Jahre alt sein solltest) eine Junglesbengruppe.

[Sudi]

Ich denke auch, dass du deine gute Phase im Moment dazu nutzen solltest, weiter zu kommen. Du spürst jetzt ein bisschen mehr, wo du hingehörst und was du willst. Nutze jede Möglichkeit dies für dich noch mehr heraus zu finden.

Ich finde die Vorschläge die meine Vorrednerin gemacht hat, generall nicht schlecht, doch wäre es für mich auch nie eine wirkliche Lösung gewesen. Du schreibst ja, dass du auch eher schüchtern im Umgang mit Menschen bist. Von daher halte ich es für ziemlich schwierig einfach in eine Lesbengruppe zu gehen und dann mal zu sehen. Sicher wäre es ein guter Weg. Meinst du, dass du dazu schon bereit wärst?

[Gänseblümchen]

Hallo Ihrs,
ja, ich glaube auch, dass das durchaus sinnvoll wäre. Habe schon Infos gesucht und gefunden, ich wüsste wann so ein "Lesben- und Schwulen-Café" stattfindet, nur, dort hinzugehen kostet mich echt noch ein wenig Überwindung, ist alles nicht so einfach.
Aber langfristig ist es ins Auge gefasst, lasst mir Zeit...
Und außerdem habe ich sehr netten Emailkontakt mit 2 Leuten aus dem Forum ;) - das ist schon mal schön.
Überhaupt seid ihr hier alle so nett, ich freue mich immer drauf, hier zu lesen, es gibt so viel zu entdecken :)