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> *trigger*Meine Schwester, Wie kann ich ihr helfen?
Zitronengras
Beitrag 08.Nov.2006 - 14:26
Beitrag #1


Geschirrspülerin
**

Gruppe: Members
Beiträge: 12
Userin seit: 08.11.2006
Userinnen-Nr.: 3.726



Ich schreibe dieses Thema nicht unter meinem „Realnick“, weil es nicht um mich selber geht. Meine Identität ist zahlreichen Userinnen bekannt, daher muss ich die meiner Schwester schützen. Eine unserer Strösen weiß aber über mein „alter ego“ bescheid.


!!! VORSICHT TRIGGERGEFAHR !!!


Meine jüngere Schwester leidet seit der Pubertät an Ess-Störungen und Selbstverletzung, inzwischen gut 15 Jahre.
Zu unserem Elternhaus ist zu sagen, dass wir eine relativ emotionslose Erziehung erfahren haben, bzw., dass Emotionen nur dann als wirklich gerechtfertigt galten, wenn es sich um Wutausbrüche, Beleidigendes etc. von seiten unseres Vaters handelte.
Wir haben körperliche Gewalt erfahren (nicht extrem – es gab keine blauen Flecken und keine schwerwiegenden physischen Verletzungen – aber regelmäßig, zu erwartend, bis ins Abitur-Alter) und seelische - Angst vor Strafe war für uns normal. Ich hatte nicht das Gefühl, meine Eltern wären stolz auf mich, oder würden große Freude empfinden, wenn sie mich nach einer Woche Abwesenheit wieder sahen.
Von 4 Geschwistern haben 3 eine Psychotherapie in Anspruch genommen, die vierte „hat das nicht nötig“, wird aber z.B. sehr verärgert, wenn sie gefragt wird, wie ihre Gefühle in bezug auf dies oder jenes wären“. Gefühle sind nicht vorgesehen, sind etwas Lächerliches, Unerwünschtes.

Das nur als kurzen Einblick über das „Vorgeschehen“.


Ich selber kenne Ess-Störungen insofern, als ich, wenn ich meine Eltern bestrafen wollte, weil sie mich schlecht behandelt hatten, jede Nahrung außer Wasser verweigerte. Das musste ich nicht unbedingt jemandem mitteilen. Es ging um den Vorgang an sich. Glücklicherweise hielt ich meinen Vorsatz nie länger als 2 Tage durch.

Als sehr aktiver Mensch und gute Futterverwerterin hatte ich so gut wie nie Probleme, schlank zu bleiben. Bei den anderen Familienmitgliedern ist das anders. Unsere Mutter vermittelte uns von klein auf, wie wichtig es sei, schlank zu sein. Sie selber hätte schon als Kind immer den Bauch eingezogen, und alle hätten sie für ihre Figur bewundert.
Auf Dauer waren ihre Bemühungen erfolglos, und ich erinnere mich an eine immer diät-haltende und kalorienzählende Mutter, die stetig an Gewicht zulegte.
Meine Schwestern schlugen einen ähnlichen Weg ein, wobei sie nie wesentlich über „pummelig“ hinauskamen.
Irgendwann fielen mir merkwürdige Dinge auf wie verschmutzte Toiletten, umfangreiche Mahlzeiten meiner Schwester, die doch Diät halten wollte, ihr regelmäßiges Verschwinden nach dem Essen auf die von der Küche am weitesten entfernte Toilette. Ich inspizierte den „vorher-nachher“ – Zustand, lauschte versteckt, ob mein Verdacht stimmte. Ich machte mir Sorgen, weil ich ahnte, dass ihr Verhalten nicht gesund sein konnte. Eines Tages konfrontierte ich sie (nicht gerade feinfühlig – dazu waren wir nicht erzogen) mit meinem Verdacht, sie würde alles nach dem Essen erbrechen, was sie abstritt.
Wieso bin ich nicht zu meinen Eltern gegangen, die Hilfe geholt hätten? Ich hatte Angst, sie würden sie dafür betrafen, wenn ich sie verriete.
Wir Geschwister hatten untereinander auch kein vertrautes Verhältnis. Wir hätten einander nie von unseren Sorgen und Problemen berichtet. Was wichtig war, behielt man für sich, damit es niemand gegen einen verwenden konnte.
Ich hoffte, es würde sich alles von selber regeln, wenn ich nur genug aufpasste. Mit der Zeit war auch nichts Verdächtiges zu bemerken, und ich konnte meine Vermutung verdrängen.

Jahre später, als ich mein CO hatte, war das Anlass, einen vertrauteren Umgang miteinander zu bekommen (nur ich und diese Schwester). Sie erzählte mir, dass sie schon länger in Psychotherapie wäre, immer noch an Bulimie leide, und sich zudem in schwierigen Situationen mit Messern etc. Verletzungen zufüge.
Der Hass auf sich selbst (wegen Übergewichts, beruflichem Misserfolgs, privater Schwierigkeiten, Streitigkeiten mit irgendjemandem....) sei in dem Moment zu groß und könne nur durch dieses selbstzerstörerische Verhalten für den Moment gebremst werden.

Es gabe bessere und schlechtere Phasen, zeitweise musste sie (nur) in Notsituationen „nur“ erbrechen.
Jetzt ist ihr Leben in fast allen Bereichen schwierig.
Beruflich steht sie in sehr hoher Position und weiß, dass ein Teil der für ihren Verbleib zuständigen Personen voll hinter ihr steht, der andere Teil aber um jeden Preis will, dass sie ihre Position verliert. Aufgrund der Branche kommt ein Verlieren dieser Stelle einer Langzeitarbeitslosigkeit gleich – und selbst, wenn mehr für als gegen sie stimmen, muss sie jeden Tag zur Arbeit gehen mit dem Wissen, dass einige der Anwesenden sie in keiner Weise akzeptieren.
Ihr Privatleben ist eine Katastrophe, der, mit dem sie in gewissem Maße liiert ist, eigentlich nicht frei ist, aber trotzdem immer wieder die Affäre auffrischt. Meine Schwester hat nicht die Kraft, ihn zum Teufel zu schicken.
Dazu kommen Krankheitsfälle von Nahestehenden, Wohnungsprobleme und anderes.


Wenn ich mit ihr telefoniere, merke ich an ihren Worten, dass es ihr erbärmlich geht. Würde ich die Sprache nicht verstehen, würde ich es vermutlich nicht erkennen können. Sie klingt zu „normal gut gelaunt“.
Inzwischen pendelt sie zwischen nichts-Essen und Essen-Erbrechen, kombiniert mit regelmäßigem Joggen und Bauchmuskeltraining. Messer&Co sind auch wieder häufige Begleiter ihres Lebens. Meine Mutter lobt sie für den „guten Weg zu einer schönen Figur“, auf dem sie ist.
Ob meine Eltern tatsächlich ahnungslos sind oder ihr jahrzehntelanges Verdrängen bis zu ihrem Tod weiterführen wollen, weiß ich nicht. Ich habe es durch meine eigene Therapie geschafft, mein Leben ohne Tränenausbrüche in der Öffentlichkeit, ohne allnächtliche Alpträume, mit dem Gefühl, glücklich zu sein, meistern zu können. Seit einiger Zeit habe ich sogar das Gefühl, es ginge nicht darum, etwas zu „meistern“, sondern darum, einfach zu leben.

Meine Schwester hat nach mehreren Jahren Psychotherapie ohne für sie erkennbaren wesentlichen Erfolg keine Motivation, es damit weiter zu versuchen. Ebenso waren Selbsthilfegruppen für sie bisher nicht der richtige Weg.
Ich fühle mich selber hilflos. Die einzige, die sie aus ihren Lebensumständen herausholen kann, ist vermutlich sie selber. Wenn sie selber nicht will, geht es wahrscheinlich nicht. Aber wie kann ich sie dazu bringen, es zu wollen? Welche Möglichkeiten gibt es, einem Menschen in dieser Situation zu helfen? Ich kann zuhören und ihre Probleme (teilweise) verstehen. Ich kann sie ermuntern, auf ihre Ernährung (sofern sie etwas isst), ihre Vitalstoff-Zufuhr zu achten, ihren körperlichen Zustand überprüfen zu lassen. Ich kann ihr zu verstehen geben, dass ich jederzeit für ihre Sorgen da bin, dass ich sie unterstützen möchte.
Aber wie viel nützt ihr das? Was kann ich tun, wenn jemand weiß, dass sie sich selbst zerstört, sich dafür verachtet, aber dennoch – oder gerade deswegen – nicht damit aufhören kann?

Ich hoffe, ich konnte mein Anliegen einigermaßen verständlich machen. Wenn Ihr aus eigener Erfahrung oder durch Angehörige Ratschläge habt, bin ich Euch sehr dankbar (gerne auch per PM).
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